Kanzler Scholz: Die Deutsche Einheit ist unvollendet
Zum Tag der Deutschen Einheit hat Regierungschef Olaf Scholz das Zusammenwachsen von Ost und West als nicht abgeschlossen bezeichnet. Er wünscht sich mehr Sensibilität für Ostdeutsche.
Schließlich gebe es kein vergleichbares Land der Welt, das in den vergangenen Jahrzehnten vor einer ähnlichen Herausforderung gestanden habe: "Vor der Herausforderung nämlich, zwei über vier Jahrzehnte hinweg geteilte, völlig verschieden organisierte Teilgesellschaften zusammenzubringen – wirtschaftlich, politisch, kulturell und mental." Gleichwohl ermahnte er die Bürger, nie die auch negativen Folgen der Wiedervereinigung für die Menschen im Osten zu vergessen. "Für Millionen (...) bedeutete der Umbruch damals Befreiung und Neuanfang. Aber für Millionen war der Umbruch in den Jahren nach der Einheit vor allem eines: ein Zusammenbruch." Für viele sei das Leben zusammengebrochen, es gab "eine Entwertung ihres Wissens, ihrer Erfahrungen, ihrer Lebensleistung".
Nicht nur in Ostdeutschland "erleben wir Landtagswahlen, bei denen sich manchmal bis zu einem Drittel der Wählerinnen und Wähler gerade für eine autoritäre und nationalradikale Politik entscheidet" und für Populisten, die die freiheitliche Demokratie bekämpften, sagte Scholz. Das schade dem gesamten Land. "Es wird noch viel harte Arbeit nötig sein, um diese Entwicklung zurückzudrehen."
Gleichzeitig sagte er, die große Mehrheit stehe fest auf dem Boden der freiheitlichen Ordnung. "Das sind die Vernünftigen und die Anständigen. Das sind die, die nicht nur motzen, sondern anpacken für unser Land." Diese Mitte sei viel größer als die Radikalen an den Rändern.
Scholz sprach sich dafür aus, dass mehr Ostdeutsche in den Chefetagen des Landes sitzen. Der Anteil "lässt sich, guter Wille vorausgesetzt, überall systematisch steigern". Wie die Bundesverwaltung sollten auch andere Institutionen, Organisationen oder Branchen "hier ihre Verantwortung wahrnehmen – schon aus wohlverstandenem Eigeninteresse".
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) würdigte die Leistung jener, die mit "ihrer friedlichen Revolution die Diktatur und die innerdeutsche Grenze zu Fall" brachten. "Seit 34 Jahren in einem vereinten Land in Frieden, Freiheit und Demokratie" zu leben: "Das ist alles andere als selbstverständlich." Gleichwohl müsse der Osten stärker wahrnehmbar sein – in Debatten und Führungspositionen.
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