Kann man von einem Podcast leben?

Der Freiburger Manuel Fritsch verdient mit einem Podcast über Gaming Geld – bisher unterstützen ihn 600 zahlende Abonnenten .  

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Manuel Fritsch würde den Podcaster-Job am Mikrofon am liebsten in Vollzeit machen. Foto: Thomas Kunz/Max Fiedler (Illustration)

Das tun, was man liebt – und damit noch Geld verdienen. Es ist der Traum vieler junger Menschen, die sich im Internet selbstständig machen. Doch die große Goldgräberstimmung im Netz ist vorbei: Um etwas zu verdienen, muss man seine Nische finden. Sonst geht man in der Masse unter. Manuel Fritsch aus Freiburg hofft, diese Nische gefunden zu haben. Er betreibt den Podcast "Insert Moin" über Videospiele – und will bald nur davon leben. Fudder hat er erklärt, wie er Geld verdient – und unabhängig bleiben will. Denn Schleichwerbung ist in der Szene ein Dauerthema.

Gespielt hat Manuel Fritsch schon immer. "Ich hätte fast mein Abi versaut, weil ich Super Mario gedaddelt habe", sagt der heute 39-Jährige. Am liebsten spielt er Adventures und Rollenspiele, aber auch andere Genres. "Ich mag einfach gute Spiele." Irgendwann kam dann die Idee, über Spiele zu reden. Die Schule lag da längst hinter ihm – er hatte bereits seine eigene Internet-Agentur, baute Webseiten für Firmen und war Vater.

Jeden Morgen hatte Fritsch eine Stunde Zeit, nachdem er die Kinder im Kindergarten ablieferte. Die nutzte er, um mit Freunden über Spiele zu reden, die sie am Abend zuvor gespielt hatten. Die Gespräche zeichneten sie auf und veröffentlichten sie täglich. Die Geburtsstunde vom Podcast "Insert Moin". Ein Folge dauert 30 bis 60 Minuten.

Es gibt auch Podcasts, die Spielfilmlänge haben. Damit stellt das Format sich gegen alle Trends des schnelllebigen Internets. Podcasts entwickelten sich um die Jahrtausendwende. Statt Audiobeiträge wie beim klassischen Radio zu einer bestimmten Uhrzeit zu senden, ist ein Podcast von den Hörern jederzeit abrufbar. Über das Internet können die Beiträge automatisch abonniert und auf Mp3-Player oder Handys runtergeladen werden. Mit dem Aufstieg dieser Geräte wurde auch der Podcast populär. Das Format verschwand aber relativ schnell wieder in einer Nische. Andere Internet-Formate wie Vlogs auf Youtube bekamen dagegen massenhaft Zulauf.

Inzwischen gibt es wieder einen kleinen Hype um den Podcast. 13 Prozent der Online-Nutzer hörten laut ARD/ZDF-Onlinestudie 2016 zumindest selten Podcasts; 2012 waren es nur 4 Prozent.

Warum kommt das Format zurück? "Der Podcast ist sehr persönlich", sagt Manuel Fritsch. "Im Gespräch kommt deutlich mehr rüber als zum Beispiel bei einem geschriebenen Text." Das Persönliche funktioniere zwar auch auf Youtube – doch die erfolgreichen Formate dort sind von Schnelligkeit und Lautstärke geprägt. "Ich will eine erwachsenere Zielgruppe ansprechen, die sich auf Youtube nicht wohlfühlt." Und diese Gruppe gibt es: Etwa 25 000 Hörer hat "Insert Moin".

Am liebsten würde Manuel Fritsch seinen Podcast hauptberuflich betreiben. Seine eigene Agentur hat er verkauft: "Es war kein leichter Schritt, vor allem als Vater mit Verpflichtungen", sagt Fritsch. "Doch ich habe gemerkt, dass mir beides zu viel wird." Jetzt schreibt er freiberuflich für Spielemagazine – und arbeitet am Podcast. Er betreibt ihn gemeinsam mit zwei Freunden. Jeden Tag kommt eine Folge, 1822 sind es bisher. Meistens sprechen sie über ein bestimmtes Videospiel, manchmal auch über Brettspiele, Bücher oder Spielekultur. Wie verdient er damit Geld?

Über Werbung lässt sich der Podcast nicht finanzieren: "Das Format ist zu neu – da muss man Werbekunden erst einmal erklären, was ein Podcast überhaupt ist." Interesse, Werbung zu schalten, hätten sie dann kaum. Anders als in den Vereinigten Staaten, wo der Podcast-Markt zu großen Teilen durch Werbeeinspieler finanziert ist. Mit Werbung hat Manuel Fritsch aber noch ein anderes Problem: Er möchte kein Geld von Sony, Microsoft und anderen Spieleherstellern annehmen. "Das ist ein klarer Interessenkonflikt zu unserer journalistischen Arbeit."

Andere Internet-Kreative nehmen es mit diesem Interessenkonflikt nicht so genau. Hier ein Lippenstift in die Kamera halten, dort das neue Handy loben: So funktioniert Werbung in den sozialen Medien. Oft ohne ausreichende Kennzeichnung. Die Landesmedienanstalten wurden darauf aufmerksam und haben einen detaillierten Leitfaden für das Internet zur Trennung von Inhalt und Werbung veröffentlicht. Aktiv gegen Schleichwerbung auf Youtube und Co. gingen die Anstalten bisher nur in wenigen Fällen vor.

Eine andere Möglichkeit, mit Internet-Formaten Geld zu verdienen, ist das Crowdfunding. Das Geld kommt also direkt von den Nutzern. Auch "Insert Moin" finanziert sich so. Auf der Crowdfunding Plattform Patreon hat der Podcast fast 600 Unterstützer, die zusammen 2 769 US-Dollar im Monat einbringen. "Das reicht noch nicht ganz, um alleine davon zu leben", sagt Manuel Fritsch. Sein nächstes Crowdfunding-Ziel liegt bei 5 000 US-Dollar. Dann könnte er sich größtenteils auf den Podcast konzentrieren.

In einer Folge stecken etwa vier bis fünf Stunden Arbeit. Die Zeit, um die besprochenen Spiele auch auszuprobieren, ist da nicht eingerechnet. "Die würden wir aber sowieso spielen", sagt Fritsch lachend. Ein weiterer Zeitfresser ist die Suche nach Gästen und Themen. Außerdem sehr wichtig: Pflege und Aufbau der Community.

"Nur ein gewisser Prozentsatz der Leute ist bereit, für Inhalte zu bezahlen", sagt Manuel Fritsch. Je größer die Hörerschaft ist, desto mehr Geld fließt also. Dennoch möchte er nicht zu offensiv um neue Hörer werben: "Unsere Community ist sehr organisch gewachsen und familiär, das möchte ich nicht zerstören." In der Community wie im ganzen Podcast stecke viel Arbeit. Das schnelle Geld gibt es im Internet also meistens nicht. Hinter den einfach wirkenden Formaten steckt oft jahrelanges Engagement und Herzblut – egal ob auf Youtube oder bei Podcasts.

Insert Moin im Netz gibt’s auf insertmoin.de. Wer den Podcast unterstützen will, kann das über patreon.com/insertmoin tun

Patreon

Patreon ist eine Finanzierungsplattform die per Crowdfunding funktioniert. Das Geld für ein Projekt kommt nicht von großen Investoren, sondern von vielen kleineren Unterstützern. Während Plattformen wie Kickstarter oder Startnext auf ein Projekt bezogen sind, ist die Plattform Patreon für dauerhafte Unterstützung ausgelegt. Die Nutzer zahlen einen monatlichen Betrag, den sie selbst festlegen. Die Plattform ist vor allem zur Finanzierung von Youtube-Kanälen und Podcast beliebt.

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