Klassik

Der Organist Johannes Unger spielte im Freiburger Münster

Seit 2009 wirkt der Organist Johannes Unger an der Lübecker Marienkirche, wo einst Dieterich Buxtehude tätig war. Von dem Barockmeister erklangen jetzt Werke im Freiburger Münster.  

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Johannes Unger an der Kemper-Orgel der Lübecker Marienkirche  | Foto: Olaf Malzahn
Johannes Unger an der Kemper-Orgel der Lübecker Marienkirche Foto: Olaf Malzahn
Er ist der zehnte Amtsnachfolger Dieterich Buxtehudes, jenes Hauptvertreters der barocken norddeutschen Orgelkunst. Zum Organisten der Lübecker Marienkirche war um die Jahreswende 1705/06 vom thüringischen Arnstadt per pedes sogar der junge Bach gepilgert, um ihn, wie es im Nekrolog so nett heißt, "zu behorchen", sprich: um bei ihm zu lernen. An dieser Kirche wirkt seit zehn Jahren der 1976 in Sachsen geborene Johannes Unger. Wie es sich gehört, eröffnete er mit Musik des berühmten Lübecker Vorgängers sein Konzert im Freiburger Münster. Und zwar dort, wo Buxtehudes Musik am besten klingt: oben im Langschiff, am mechanischen Spielschrank der von der dänischen Werkstatt Marcussen 1965 gebauten Schwalbennestorgel.

Bereits beim einleitenden, sechsteiligen D-Dur-Präludium wurde offenkundig: Unger pflegt einen ausdrucksvollen und dabei doch auffallend gelösten, lockeren, ja entspannten Umgang mit dem für Buxtehude charakteristischen sogenannten Stylus phantasticus. Er schlägt bei diesem Stil der großen Freiheit nicht über die Stränge, springt als Interpret nicht aus der Hose, sondern reflektiert eher die Klarheit, Struktur und festliche Anmut dieser Tonkunst, der er Farbe gewährt: Schön und überraschend etwa die Idee, bei der Fuge das herrliche Dulzian-Register des Rückpositivs zu bemühen. Durchweg erhebend obendrein die Auslegung der Choralbearbeitungen: die Liedmelodie bei "Erhalt uns Herr bei deinem Wort" in einem kornettigen Gewand über Prinzipalgrundierung. Oder "Ein feste Burg ist unser Gott" fast als bewegte Choralfantasie en miniature. Auch Flöten und der bebende Tremulant kamen zum Einsatz.

Kostproben aus Gustav Holsts "Planeten"

Als Entree am Hauptspieltisch hatte Unger Bachs kleine g-Moll-Fuge BWV 578 gewählt: Man hörte das Stück, dessen Thema einer norddeutschen Thementradition zugetan ist, in einer so transparenten wie stringenten Wiedergabe. Klug und lobenswert die Entscheidung, César Francks "Trois pièces" mal im Zusammenhang zu exponieren – jene drei Stücke, die der Komponist anno 1878 zur Einweihung der Cavaillé-Coll-Orgel des Pariser Trocadéro-Palasts geschaffen und dort höchstpersönlich uraufgeführt hatte.
Sehr gekonnt und plastisch förderte Unger in der Franck’schen Musik mit ihrem unverkennbaren Personalstil und ihrer Reizharmonik die immanente Noblesse und Originalität zutage. Auch dort, wo der Klang dann nachgerade sinfonische Dimensionen erreicht – so beim strahlenden H-Dur-Schluss der "Pièce héroïque". Überall nahmen die Farben für sich ein: zum Beispiel auch die Voix humaine bei der (gleichwohl in Moll endenden) A-Dur-Fantaisie. Und das "Cantabile"-Intermezzo wurde mit Trompete & Co. zur veritablen lyrischen Mitte.

Dass sich der Lübecker Gast vorab gründlich mit dem Potenzial der münstereigenen Orgelanlage vertraut gemacht hatte, spürte man vor allem bei den beiden – von Arthur Wills für Orgel arrangierten – Kostproben aus Gustav Holsts populärem Orchesterwerk "The Planets". Da präsentierte sich Jupiter in der Tat als Bringer der Fröhlichkeit: bei einer Musik, die auch Effekt, Pomp, Pathos (Tuba magna der Michaelsorgel!) und toccatische Lebendigkeit kennt. Venus gab sich bis in die Flötenhöhen als Friedensbotin. Mit Klängen, die zum Kammermusikalischen und bisweilen zum Impressionistischen tendieren. Johannes Ungers Freiburger Münsterorgelkonzert bleibt in sehr guter Erinnerung. Nicht zuletzt sein Buxtehude.

Weitere Infos unter muensterorgelkonzerte.de
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