Jugendliche in den Fängen islamistischer Anwerber
DRAMA: Regisseurin Marie-Castille Mention-Schaar erzählt zwei fiktive, aber gründlich recherchierte Radikalisierungsbiografien.
Anke Sterneborg
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Bazar spielt sich im Film selbst, als Signal der feinen Grenze zwischen Dokumentation und Fiktion, auf dem Mention-Schaars Film bewegt: Er kreuzt zwei fiktive Fallgeschichten, die sie aus vielen realen Radikalisierungsbiografien destilliert hat: Sonia, die sich in harter Arbeit aus dem IS löst, nachdem sie kurz vor der Ausführung eines Anschlags zu Hause festgenommen worden war. Und Mélanie, die sich beim Chatten in einen jungen Muslim verliebt, der sie mit seinen Liebesbekundungen und Heilsversprechen schleichend indoktriniert. Gespielt werden die beiden von Naomi Amarger und Noémie Merlant, die schon zu den "Kindern der Madame Anne" gehörten, dem letzten Film der Französin.
Drehbeginn für "Der Himmel wird warten" war zufällig wenige Stunden nach den Pariser Terroranschlägen vom 13. November 2015, wodurch das Projekt eine fast unerträgliche Brisanz bekam. Umso ergreifender ist es, wie ernsthaft und einfühlsam dieser Film die komplexen Zusammenhänge beleuchtet, die fragilen Gefühlswelten der Teenager auf der Suche nach Idealen und Utopien, die panischen Ängste der Eltern (Sandrine Bonnaire, Zinedine Soualem, Clotilde Coureau, Yvan Attal) um ihre Kinder, aber auch die raffinierte Arbeitsweise der IS-Rekrutierung und die Mechanismen der sozialen Netzwerke, die sich die Islamisten zu Nutze machen. Dabei entwickelt die Wärme und ruhige Bedachtsamkeit der Mediatorin Dounia Bazar eine universelle Kraft, die der populistischen Panikmache ein Plädoyer für einen unaufgeregten, differenzierten Umgang mit Islam und Islamisten entgegensetzt.
Wie schwer es ist, sich einen Weg durch das Gestrüpp der Gefühle und Strategien zu bahnen, vermittelt die Regisseurin nicht zuletzt auch durch die komplizierte Verflechtung der Erzählstränge und Zeitebenen.
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