Ein Jahr im "Dorf der Hoffnung"
Johanna Galli arbeitet in Israel mit Behinderten
Die meisten, die das Abitur in der Tasche haben, wollen erst einmal feiern, um sich von den stressigen Prüfungen zu erholen. Johanna Galli aus Oberrotweil arbeitet ein Jahr lang in Israel zusammen mit Behinderten.
Do, 29. Sep 2011, 17:20 Uhr
Vogtsburg
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Vor einigen Wochen begann für sie die große Reise. Morgens um 6.05 Uhr startete ihr Flugzeug von Basel aus und schon viereinhalb Stunden später landete sie in Tel Aviv, dem einzigen internationalen Flughafen in Israel. Von dort aus ging ihre Reise weiter mit Zug und Bus über Kiryat Tivon nach Kfar Tikva, was auf Deutsch "Dorf der Hoffnung" bedeutet.
Ein Jahr lang will die Oberrotweilerin in dem Dorf, das 1963 vom deutschen Arzt Dr. Siegfried Hirschs gegründet wurde, mit Behinderten arbeiten. Im "Dorf der Hoffnung" leben und arbeiten insgesamt 150 geistig und psychisch sowie einige körperlich Behinderte zusammen. Weitere rund 50 kommen von außerhalb hinzu. Mit Hilfe von 12 Freiwilligen, die sie bei ihren täglichen Aufgaben betreuen, wird ihnen ermöglicht, ein weitgehend normales Leben zu führen.
Gemeinsam mit den anderen Volontären lebt Johanna Galli, die im Juli am Breisacher Martin-Schongauer-Gymnasium ihr Abitur abgelegt hat, in einer der zwei Wohngemeinschaften, in denen die jungen Helfer untergebracht sind. Ihre Aufgabe ist es, die Behinderten beispielsweise morgens in verschiedene Werkstätten, wo sie mit Holz oder Keramik arbeiten, zu begleiten. Außerdem bieten eine Hundepension und eine Tierfarm weitere Möglichkeiten für die Behinderten sich einzubringen. Mittags und abends begleitet Galli sie bei ihrer Therapie oder Freizeitgestaltung, zum Beispiel beim Bowlen oder Reiten, begleiten. "Der soziale Aspekt war mir sehr wichtig", betont sie und begründet damit ihre Entscheidung für den Freiwilligendienst. Außerdem biete das Jahr die Gelegenheit, etwas durch das Land zu reisen und die fremde Kultur kennenzulernen.
Bereits Ende März war sie eine Woche in Israel, um sich ihre neue Aufgabe anzuschauen. "Ich wollte schon immer ein Jahr ins Ausland", sagt sie. Umso größer war die Freude darüber, dass es auf Anhieb mit einem Platz in Israel geklappt hat, als sie sich bei der Erzdiözese Freiburg darum beworben hatte. "Israel ist sehr spannend", unterstreicht sie. Besonders die ganzen Kulturen, die sich dort vermischen, würden sie faszinieren. Deshalb habe sie Israel auch viel mehr gereizt als ein südamerikanisches Land. Außerdem ist die 19-Jährige von der Begeisterung einiger ihrer Familienmitglieder angesteckt worden, die bereits in Israel waren.
Vorbereitet auf die Aufgabe wurde sie unter anderem gemeinsam mit weiteren Freiwilligen in Köln. Dort fand ein 9-tägiges Ausreiseseminar statt, bei dem die jungen Erwachsenen beispielsweise Wichtiges über Themen wie Sicherheit oder interkulturelle Kommunikation erfuhren. Zudem informierte sie ein Tropenarzt über verschiedene Krankheiten. In Freiburg lernte sie zusätzlich einen Tag lang Wissenswertes über Land und Kultur Israels. Auch ein paar Worte Hebräisch hat die junge Oberrotweilerin für ihren Auslandsaufenthalt gelernt, ihre Sprachkenntnisse wird sie in Israel noch erweitern. "Wir bekommen vor Ort einmal in der Woche Sprachkurs", erläutert Galli.
Finanziert wird ihr Auslandsaufenthalt von der Erzdiözese Freiburg und dem "Dorf der Hoffnung". Zusätzlich muss sich Johanna Galli einen Spenderkreis aufbauen, der das Dorf unterstützt. Sie selbst arbeitet jedoch ehrenamtlich mit den Behinderten und bekommt nur eine kleine Aufwandsentschädigung. Für Kost und Logis braucht sie jedoch kein Geld.
"Ich freue mich am meisten auf die Arbeit mit den Behinderten und auf das Land und die Kultur Israels. Das ist etwas ganz Neues für mich", betont sie. Trotzdem hat sie neben viel Abenteuerlust und dem Anspruch, Menschen zu helfen, auch einige Ängste im Gepäck. Es könne beispielsweise in Israel zu Unruhen kommen, man wisse ja nie, wie sich die Lage in dem Land entwickle, macht Galli deutlich. "Ein ganzes Jahr ist eben doch sehr lange", betont sie etwas wehmütig. Da könne sie auch schon einmal das Heimweh packen. Aber Gespräche mit den anderen Freiwilligen, denen es wahrscheinlich nicht anders gehe, würden ihr bestimmt helfen damit umzugehen, hofft sie. Außerdem wolle sie sich per Internet regelmäßig mit ihren Freunden und ihrer Familie austauschen.
Im August 2012 kommt Johanna Galli zurück an den Kaiserstuhl. Nicht nur ihre Heimat, auch sie selbst, wird sich bis dahin weiterentwickelt haben. Mit vielen schönen und vielleicht auch traurigen Erfahrungen, die sie und ihr weiteres Leben prägen werden, wird sie dann in ihre berufliche Zukunft starten. Für die Zeit nach ihrem Freiwilligendienst hat sie auch schon eine Ausbildungsstelle. "Wenn ich wieder komme, fange ich eine Ausbildung als Konditorin im Freiburger Colombi Hotel an", freut sie sich schon.
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