Zischup-Interview
"Jetzt sind erstmal viele Rückzahlungen fällig"
Jochen Fischer ist Besitzer der Gastwirtschaft "Lumperhof" bei Ravensburg. Wie den allermeisten Restaurantbesitzern haben auch ihm die Corona-Maßnahmen schwer zu schaffen gemacht. .
Felix Walbert, Klasse 9c, Hebelgymnasium (Lörrach)
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Fischer*: Ich habe es nicht für möglich gehalten. Niemals wäre ich auf die Idee gekommen, dass irgendwann einmal irgendwelche Branchen schließen müssten aufgrund irgendwelcher Infektionsgeschehen. Als es dann doch so kam, hat man es erst einmal trotz des Schocks mit Fassung tragen müssen. Da gehen dir natürlich tausend Fragen durch den Kopf: Wie lange soll das jetzt gehen? Wie soll ich das irgendwie bewerkstelligen? Wie kann ich das überbrücken? Zunächst wurde ja angesagt, dass die Schließung nur 14 Tage andauern soll. Das konnte man dann erst einmal so hinnehmen. Und dann hat das Ganze seinen Lauf genommen.
Zischup: Was war deine Reaktion, als der Staat angekündigt hat, Restaurants auch finanziell zu unterstützen?
Fischer: Zunächst war man natürlich dankbar. Man hat es sich ja eigentlich auch schon erhofft, beziehungsweise vor dem Lockdown wurde ja auch angesagt, dass Lokale bei einer Schließung mit staatlichen Geldern unterstützt werden. Es müsse ja so sein und selbstverständlich werde man dafür aufkommen. Man kann ja niemandem einfach die Arbeitsgrundlage entziehen.
Zischup: Wie sahen die staatlichen Hilfen konkret aus und hatten diese das Potenzial, dir zu helfen?
Fischer: Die Kurzarbeit bewirkte, dass meine Angestellten weiterhin bezahlt wurden. Ich als Arbeitgeber hatte den Vorteil, dass ich niemanden entlassen musste. Somit waren bei der Wiedereröffnung alle am Start und ich musste keine neue Mitarbeiter suchen. Mir als Arbeitgeber ist allerdings im Nachhinein nur eine geringe Entschädigung zugekommen. Hilfen, die mir damals vorausgeschossen wurden, muss ich, wie viele andere, wieder zurückzahlen. Das wurde am Anfang nicht so kommuniziert, wie ich finde.
Zischup: Denkst du, dass die Corona-Maßnahmen sich langfristig auf dein Lokal auswirken?
Fischer: Das kommt natürlich auf den Einzelfall an. In meinem Fall holt mich das jetzt finanziell wieder ein, weil nun ganz viele Rückzahlungen fällig sind. Zahlungen wie Steuer, Gewerbesteuer, Strom oder Corona-Hilfen, die vorher aufgeschoben oder niedrig gehalten worden sind. Gott sei dank bin ich in der glücklichen Lage, dass unser Geschäft wieder ganz gut angelaufen ist. Wichtige Investitionen sind jedoch erstmal nicht möglich. Es gilt, das Stück für Stück wieder aufzuholen. Das geht bestimmt nicht jedem so. Bei vielen hat die Pandemie zur Geschäftsaufgabe geführt, weil die Kosten vielleicht noch höher aufgelaufen sind.
Zischup: Du hast in der Corona-Zeit auch einen Abholservice betrieben. Hat sich dieses Konzept für dich gelohnt?
Fischer: Der Ertrag war natürlich nicht viel, man baut ja von heute auf morgen keinen ganzen Lieferservice auf, der sich jetzt irgendwie als Geschäftsidee entwickeln könnte, das braucht natürlich auch Zeit. Erst nach zwei bis drei Wochen ist das Ganze ins Laufen gekommen. Bis dahin habe ich erst einmal gar nichts verdient. Dann kommen natürlich auch enorme Kosten hinzu. Heizkosten, Energiekosten, die hat man ja alle trotzdem. Ich muss natürlich meine Kühlhäuser weiterhin kühlen, meine Geschäftsversicherungen, Altersvorsorge und so weiter und sofort. Von daher war das eine Schadensbegrenzung, aber mit Sicherheit kein Verdienst. Doch das Wichtigste am Abholservice war die Kundenbindung und mit unseren Gästen im Austausch zu bleiben.
Zischup: Wie siehst du die Zukunft der Gastronomie im Allgemeinen?
Fischer: Das ist natürlich eine komplexere Frage, weil man das jetzt nicht unbedingt nur auf die Corona-Krise zurückführen kann. Gastronomie hat natürlich auch ganz viele andere Probleme, das fängt an beim Personalmangel. Klar, den gibt es in anderen Branchen auch, aber ich denke, in der Gastronomie oder im Handwerk ist die Lage nochmal besonders schlimm. Da fehlt es manchmal auch an Wertschätzung in der Bevölkerung. Die Arbeitszeiten in der Gastronomie spielen natürlich auch eine große Rolle. Ein Job, bei dem man sonn- und feiertags und bis spät abends arbeitet, ist nicht sonderlich attraktiv. Wegen den höheren Produktions-, Material- und Personalkosten musste man natürlich auch die Preise erhöhen, während sich die Menschen aufgrund der Inflation immer weniger leisten können. Weshalb es passieren könnte, dass das Essengehen in Zukunft zu einem Luxusgut wird. Da sollten wir als Gesellschaft und Politik gegensteuern, damit Wirtshäuser und gute Restaurants erhalten bleiben.
*Jochen Fischer ist der Onkel des Autors.
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