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Zisch-Schreibwettbewerb Herbst 2010

Ich bin der Star von morgen

Von Svea-Susann Schewe, 16 Jahre, Schiller-Gymnasium Potsdam  

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Die Reporterin setzte sich dem Mädchen gegenüber. "Also, erzähl mal", forderte sie sie auf. Das Mädchen blickte sie freudig an. "Alles?" "Aber ja", antwortete die Reporterin. Kurz darauf fügte sie noch hinzu: "Nimm vorher den Kaugummi raus, ja?" Das Mädchen grinste frech und klebte den Kaugummi auf den Tisch, den sie vorher noch im Mund gehabt hatte. Die Reporterin schüttelte den Kopf. Kinder. Kaum zu glauben, dass sie auch mal so klein gewesen war.

"Ich bin ein Star." Das Kind nickte wie zur Bestätigung seiner Worte. "Ja, ich weiß es. Ich bin der Star von morgen, hat Mutti gesagt." Völlig überzeugt von sich selbst blickte es die Reporterin über die Tischplatte hinweg an.Die Reporterin hatte einen unauffälligen Ort für ihr Interview mit dem Mädchen, das bald in einem der heiß erwarteten Filme dieses Jahres zu sehen sein würde, gewählt. Ein kleines Café am nördlichen Ende der Großstadt. Es war gemütlich, vielleicht ein bisschen heruntergekommen und unspektakulär. Aber die Reporterin mochte es. Hier traf sie sich oft mit Menschen, die sie interviewte. Und dieses Mädchen schien überzeugt davon zu sein, ein großer Star mit diesem Film zu werden. Die Reporterin bezweifelte das stark.

Kinderstars… Nur die wenigsten von denen schafften es, sich dauerhaft als ernsthafte Schauspieler zu etablieren. Doch auch sie ließ sich gerne eines Besseren belehren. "Also, du spielst in dem Film "Verzaubert" eine der Hauptrollen. Wie waren die Dreharbeiten mit den doch viel älteren Kollegen?", fragte sie zuerst. Das Kind wippte auf seinem Stuhl auf und ab. Offenbar versuchte es sich zu erinnern, was man ihr beigebracht hatte, wie man sich in Interviews zu verhalten hatte.

Schließlich öffnete das Mädchen den Mund und antwortete: "Es war sehr schön. Die Erwachsenen haben sich gut um mich gekümmert. Es hat großen Spaß gemacht." Die Reporterin verkniff sich ein wissendes Grinsen. Das wirkte so einstudiert wie ein Gedicht, das man zu Weihnachten oder auf Zensur in der Schule vorsagte.

Bevor die Reporterin mit ihren Fragen fortfahren konnte, wurde sie von der Bedienung unterbrochen. "Was möchten Sie?", fragte diese mit genervtem Unterton. "Eine Schwarzwälder Kirschtorte für mich", bestellte die Reporterin. "Und für die Kleine – einen Pinocchio-Eisbecher."

Die Bedienung ging wieder. Blöde Kuh, dachte die Reporterin. Das mochte sie weniger an diesem Café. "Okay. Weißt du, worum es in dem Film eigentlich geht?" Darauf hatte das Mädchen scheinbar keine Antwort parat. Mit dieser Frage hatten ihre Eltern nicht gerechnet… Mal sehen, was sie antworten würde.

Nach einer halben Minute ein paar vager "Ähm"-Töne, brachte sie einen vollständigen Satz heraus. "Um mich." Keine blöde Antwort. Die Reporterin musste sogar leise lachen. "Was machst du, jetzt, wo die Dreharbeiten abgeschlossen sind?" "Ich will weiter für die Schule lernen." Nein, nicht schon wieder so ein einstudierter Satz. Das war so klischeehaft. "Und vielleicht auch noch andere Rollen spielen." Der Reporterin war es nach diesen Sätzen genug. So viel Unehrlichkeit und Ich-Bezogenheit! "Danke, Kleine. Das Interview ist beendet. Wir essen noch und dann gehst du nach Hause und ich auf Arbeit, ja?" "War ich gut?"

Und die Reporterin war froh, als sie die Torte serviert bekam. Das Material war eher schwach. Daraus würde sie keine ordentliche, ehrlich wirkende Story bekommen. Und schwachsinnige Storys gab es in den Teenie-Heften genug.

Ressort: Schreibwettbewerb

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