Account/Login

Regierungskonsultationen

Hilfe für Opfer des Nazi-Terrors in Polen statt Reparationen

  • Doris Heimann und Michael Fischer (dpa)

  • Di, 02. Juli 2024, 18:12 Uhr
    Politik Ausland

     

Reparationsforderungen für Kriegsschäden in Billionen-Höhe haben das deutsch-polnische Verhältnis zerrüttet. Jetzt versucht die Ampel mit der neuen Regierung in Warschau einen Neuanfang.

Olaf Scholz (l) und Donald Tusk treffen sich zu den ersten deutsch-polnischen Regierungskonsultationen seit 2018. Foto: Michael Kappeler/dpa
1/3

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Warschau (dpa) - Die noch lebenden Opfer der deutschen Besatzung Polens während des Zweiten Weltkriegs sollen von der Bundesregierung in Kürze Hilfe erhalten. Das ist Teil eines Aktionsplans, mit dem die deutsch-polnischen Beziehungen nach dem Wechsel von einer rechtskonservativen zu einer Mitte-Links-Regierung in Warschau auf eine neue Grundlage gestellt werden sollen. Der 40-seitige Plan wurde bei den ersten Regierungskonsultationen beider Länder seit sechs Jahren in Warschau beschlossen. Eine konkrete Entschädigungssumme enthält er aber nicht.

"Deutschland weiß um die Schwere seiner Schuld, um seine Verantwortung für die Millionen Opfer der deutschen Besatzung, und um den Auftrag, der daraus erwächst", sagte Scholz bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk. Tusk sagte, die von der Bundesregierung versprochene Hilfe könne einer neuen Öffnung in den deutsch-polnischen Beziehungen dienen. "Denn gute Gesten sind in der Politik auch sehr wichtig."

PiS-Regierung belastete das Verhältnis mit antideutschen Tönen

In den vergangenen Jahren hatte die nationalkonservative PiS-Regierung, die Polen von 2015 bis 2023 führte, das Verhältnis zu Berlin mit antideutschen Tönen und Reparationsforderungen in Höhe von 1,3 Billionen Euro zerrüttet. Seit November 2018 gab es daher auch keine Regierungskonsultationen mehr. Im Dezember wurde die PiS-Regierung von Tusks Mitte-Links-Bündnis abgelöst. Seitdem hat sich das Klima verbessert.

Ein weiteres Projekt im Dienste der Aussöhnung ist der Bau des Deutsch-Polnischen Hauses in Berlin. Das Haus soll an die komplizierte Geschichte beider Länder und die brutale deutsche Besatzung während des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) erinnern sowie einen Ort des Gedenkens für die polnischen Opfer schaffen. Beide Seiten legen Wert auf eine schnellstmögliche Fertigstellung dieses Baus, wie es in dem Papier heißt. 

Scholz: "Die Sicherheit Polens ist auch Deutschlands Sicherheit"

Die zweite Komponente der deutschen Unterstützung für Polen betrifft den Schutz der Nato-Ostflanke. Polen zählt zu den Nato-Staaten, die an Russland und an Belarus grenzen. "Für mich ist wichtig, dass Deutschland bereit ist zu einer sehr viel größeren Verantwortung für die Sicherheit des Kontinents, dafür, dass es bei uns in Europa keinen Krieg geben wird", sagte Tusk. Scholz beteuerte: "Die Sicherheit Polens ist auch Deutschlands Sicherheit". Die Zusammenarbeit im Bereich Sicherheit und Verteidigung solle gezielt ausgebaut werden. 

Der Aktionsplan räumt dem Thema Verteidigung viel Raum ein. "Wir werden die Interoperabilität und Standardisierung unserer Verteidigungskapazitäten verstärken, Produktionskapazitäten erhöhen und Investitionen unserer Verteidigungsindustrie fördern", heißt es darin etwa.

Initiativen bei Panzern und Munition

Konkret ist davon die Rede, im Bereich Panzer und Munition gemeinsame Initiativen zu entwickeln. Dabei geht es auch um eine erhöhte Verfügbarkeit von Ersatzteilen für Leopard-Kampfpanzer, die beide Länder an die Ukraine geliefert haben.

Außerdem wollen Polen und Deutschland ihre "Bemühungen zur Schaffung einer stärkeren und leistungsfähigeren europäischen Säule in der Nato", die wesentlich zum Abschreckungspotenzial des Bündnisses beitrage, aufeinander abstimmen, heißt es weiter. Polen erwägt zudem, sich an der von Deutschland koordinierten Initiative "European Sky Shield" für eine europäische Luftverteidigung zu beteiligen. 

 

 


 

© dpa‍-infocom, dpa:240702‍-930‍-161480/3

Ressort: Politik Ausland

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel