"Guantánamo zu schließen ist komplizierter als erwartet"
US-Botschafter Philip D. Murphy diskutiert mit gut vorbereiteten Schülern des Rotteck-Gymnasiums über amerikanische und internationale Politik.
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Da hatte Murphy schon knapp eine Stunde Diskussion mit Schülerinnen und Schülern des Rotteck-Gymnasiums hinter sich: Zu Beginn seines Freiburg-Besuchs am Dienstag traf er sich mit den fünfzehn und sechzehn Jahre alten Jugendlichen im Winterer-Foyer des Freiburger Theaters; sieben von ihnen saßen mit dem Botschafter auf der Bühne: Sie hatten Fragen vorbereitet – viele Fragen: Über seine Jugend und seine Familie, über Deutschland und die amerikanische Politik.
Murphy war als Ehrengast des Deutsch-Amerikanischen Carl-Schurz-Hauses nach Freiburg gekommen. Es bedeute für ihn eine Ehre, im Theater mit den Schülern zu diskutieren, erklärt er zu Beginn in der Mischung aus Lässigkeit und Ernsthaftigkeit, die das gesamte Gespräch prägt. Mit einem dröhnenden "Guten Morgen!" – auf Deutsch – hatte er zuvor alle Schüler im Raum begrüßt, nach amerikanischer und deutscher Hymne übernehmen die Schüler und stellen den Gast kurz vor: Philip D. Murphy ist 54 Jahre alt, verheiratet und hat vier Kinder. Er studierte Wirtschaftswissenschaften in Harvard und arbeitete viele Jahre bei der Investmentbank Goldman Sachs, unter anderem als Leiter des Frankfurter Büros und Asien-Chef. Im Herbst 2009, ein knappes Jahr nach der Wahl von Barack Obama zum Präsidenten, wurde Murphy Botschafter der USA in Deutschland.
Im eleganten Dreireiher sitzt der Diplomat zwischen den Schülern auf dem Podium. Er dreht sich auf seinem Stuhl zu dem jeweilige Fragesteller, wendet sich ihm ganz zu. Nach jeder Runde bedankt er sich für die Fragen und sorgt dafür, dass die Interviewer auch ordentlichen Beifall bekommen. Die bestens vorbereiteten Schülerinnen und Schüler schonen ihn nicht – nach einer persönlichen Fragerunde geht’s mitten in die politische Praxis – in fließendem Englisch.
Noch vor seiner ersten Antwort hat Murphy aber selbst ein Anliegen: "Irgendwann müssen wir über den SC Freiburg sprechen – Ihr müsst mir erklären, was da los ist." Eine schwierige Frage, aber darauf sind auch die Schüler spezialisiert: "Warum sind die Republikaner gegen Obamas Gesundheitspolitik?", will einer vom Botschafter wissen. "Das müssen Sie sie selbst fragen", sagt Murphy lachend, dann spricht er über die Suche der Partei nach ihrer Identität zwischen liberalerem Flügel und der extrem konservativen "Tea Party"-Bewegung. Er sei aber optimistisch, dass die Bevölkerung die Vorteile der Gesundheitsversicherung erkennen und auch schätzen werde.
Optimistisch ist auch sein Blick auf Afghanistan: "Sehr ermutigend" sei etwa die stark gestiegene Zahl der Schüler in dem Land, darunter viele Mädchen. Der Truppenabzug müsse gut koordiniert werden – unter den Verbündeten und mit den Afghanen. Und Guantánamo? "Wir wollen es schließen, und wir arbeiten hart daran", sagt Murphy. Warum es das Lager denn immer noch gebe, fragt der Schüler nach. "Die Schließung ist rechtlich und praktisch sehr viel komplizierter, als wir alle erwartet haben."
Dann muss Murphy weiter, sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen. Er verabschiedet sich von den Schülern mit Handschlag: "Excellent job!"
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