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Soziales Jahr

Gibt es bald einen neuen Zivildienst für alle Schulabgänger?

Ein verpflichtendes Sozialjahr für alle Schulabgänger - und das möglichst EU-weit: Diese Idee hat der Chef der Bodelschwinghschen Stiftungen in Bethel ins Spiel gebracht.  

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Eine helfende Hand sein, ein Jahr lang...11; das ist die Idee von Ulrich Pohl.   | Foto: Sandor Kacso (Fotolia.com)/BZ (2)
Eine helfende Hand sein, ein Jahr lang – das ist die Idee von Ulrich Pohl. Foto: Sandor Kacso (Fotolia.com)/BZ (2)
Würde das verpflichtende soziale Jahr Wirklichkeit, könnten deutsche Jugendliche Flüchtlingen in Griechenland helfen – mit vernünftiger Bezahlung. Spanische Schulabgänger würden in bundesdeutschen Krankenhäusern arbeiten, irische Teenager in Frankreich Bäume zur Wiederaufforstung pflanzen. Das allgemeine soziale Jahr betrachtet Pastor Ulrich Pohl als grenzüberschreitendes Projekt für Verständigung und Zusammenhalt in Europa.

Pohl ist Vorstandsvorsitzender der Von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel in Bielefeld. Dieses Sozial- und Betreuungsunternehmen, das in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen begeht, ist mit rund 18 000 Beschäftigten das größte Sozialunternehmen Europas, die Einrichtung in Bielefeld ist ein Pionier der Arbeit mit psychisch Kranken und Behinderten. Nun machte Pohl einen weitreichenden Vorschlag: Jeder Schulabgänger in der Bundesrepublik soll ein verpflichtendes soziales Jahr absolvieren. Etwa eine Million junger Leute, Männer wie Frauen, würden dann zwölf Monate in sozialen, kulturellen oder ökologischen Einrichtungen tätig sein. Nach Pohls Vorstellungen wäre Deutschland Vorreiter, idealerweise sollten den Dienst aber alle EU-Staaten einführen.

Umfrage zeigt Zustimmung in der Bevölkerung

Anlass ist für Pohl der schwindende soziale Zusammenhalt in Europa, der sich in wachsendem Nationalismus und erstarkenden EU-feindlichen Parteien ausdrücke. Würden Millionen junger Menschen für ein Jahr in anderen Ländern arbeiten, könnten Solidarität und gemeinsamer Bürgersinn wachsen. Außerdem unterstützten gemeinnützige Tätigkeiten die soziale Intelligenz, so Pohl.

Eine Umfrage unter 1000 Bundesbürgern, die Bethel in Auftrag gab, scheint dem Ansinnen recht zu geben. 75 Prozent befürworten das allgemeine soziale Jahr. Die Hauptargumente sind die Förderung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und die Vermittlung von Werten. Die große Mehrheit findet auch die europäische Anbindung gut. Junge Männer, die den mittlerweile abgeschafften Zivildienst geleistet haben, begrüßen die Idee der Umfrage zufolge sogar zu 90 Prozent.

In der Vergangenheit versandeten mehrere ähnliche Initiativen, unter anderem eine des Soziologen Ulrich Beck und des grünen Politikers Daniel Cohn-Bendit aus dem Jahr 2012. "Engagement muss freiwillig sein, um seine positive Wirkung in einer demokratischen Gesellschaft zu entfalten", sagt zum Beispiel die grüne Sozialpolitikerin Kordula Schulz-Asche, "verpflichtende Dienste, sei es nach der Schule oder für die Generation 65 plus, lehnen wir Grünen ab."

Bis 2011 mussten in der Bundesrepublik alle jungen Männer entweder Wehr- oder Zivildienst leisten. Nach der Abschaffung dieser verpflichtenden Tätigkeit gibt es heute den Bundesfreiwilligendienst, der 2016 rund 40 000 Helfer rekrutierte. Auf europäischer Ebene wird versucht, etwas Ähnliches aufzuziehen.

Ein positiver Effekt eines flächendeckenden Sozialdienstes bestünde darin, dass im sozialen Bereich zusätzliche Arbeitsleistung zur Verfügung stehen würde, um etwa kranke und pflegebedürftige Menschen zu versorgen. Wegen des erwarteten Fachkräftemangels erscheint es fraglich, ob diese Tätigkeiten sonst überhaupt erbracht werden könnten. Weil die Schulabgänger aber mit bis zu 1000 Euro pro Monat zu bezahlen seien, so Pohl, koste das soziale Jahr gut zehn Milliarden Euro jährlich. Sozialunternehmen wie Bethel könnten dazu einen Beitrag leisten, solche Summen aber nicht stemmen.

Ressort: Deutschland

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