Gegen das Vergessen
Zischup-Reporterin Dana Rieger war unterwegs in Sulzburg, um dort nach Spuren jüdischer Geschichte zu suchen.
Dana Rieger, Klasse 9e, Markgräfler-Gymnasium (Müllheim)
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Spätesten seit dem Anschlag auf die Synagoge in Halle am 9. Oktober 2019, als jüdische Gläubige ihren höchsten Feiertag Jom Kippur feierten, rücken antisemitische Tendenzen wieder vermehrt in das Bewusstsein der deutschen Bevölkerung. Es scheint daher umso wichtiger, sich mit der jüdischen Geschichte in Deutschland auseinanderzusetzen, damit sie nicht in Vergessenheit gerät – und um Vorurteile oder Unkenntnis gegenüber der jüdischen Kultur zu beseitigen.
Wer sich auf jüdische Spurensuche in Sulzburg begibt, kann in eine lange Geschichte eintauchen. 1822 wurde die Synagoge in der damaligen Judengasse, der heutigen Gustav-Weil-Straße, gebaut und im Jahr 1864 erreichte die jüdische Einwohnerzahl mit 30 Prozent der Gesamtbevölkerung ihren Höhepunkt. Es entstanden jüdische Geschäfte, eine jüdische Schule, eine jüdische Wirtschaft und Wohnhäuser entlang der Hauptstraße und Gustav-Weil-Straße, in denen die jüdischen Familien wohnten.
Noch heute zeugen die Hauseingänge mit ihren jüdischen Symbolen von ihren ehemaligen Bewohnern. Die christlichen und jüdischen Bewohner waren Sulzburger, die miteinander lebten, obwohl die Juden oft Anfeindungen und Unterdrückung ausgesetzt waren. Man ging zusammen zur Schule, beging gemeinsam Feiertage und kaufte bei jüdischen Händlern. Die ersten Juden hatten sich bereits im Mittelalter in Sulzburg angesiedelt, und so entstand Mitte des 16. Jahrhunderts der jüdische Friedhof abseits im Sulzburger Wald.
Heute ist der jüdische Friedhof für Besucher offen, und ein Gedenkstein aus dem Jahre 1970 erinnert an das Schicksal der Juden unter dem Nationalsozialismus. Der Davidstern mit der Inschrift "Breite über uns die Hütte deines Friedens" ziert das Eingangstor. Dahinter befinden sich in steiler Hanglage mit einem hohen Treppenaufgang unter altem Baumbestand verwitterte Grabsteine mit hebräischen Inschriften und Symbolen. Die ehemalige Synagoge konnte restauriert werden, da sie dicht zwischen Wohnhäusern steht und so in der Reichspogromnacht am 9. November 1938 nicht in Brand gesteckt wurde. Das Innere der Synagoge wurde aber geschändet.
Heute dient die Synagoge als Museum und Konzerthaus. Es finden Ausstellungen und Lesungen statt. Die Synagoge steht Besuchern jeden ersten Sonntag im Monat offen. Stadtführungen auf jüdischen Spuren finden einmal monatlich von Frühjahr bis Herbst statt. Die neuesten Spuren sind die angebrachten 13 Stolpersteine mit Namen der deportierten Juden. "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", mit diesem Zitat aus dem Talmud ließ der Künstler Gunter Demnig die ersten Stolpersteine vor den Häusern der ehemaligen jüdischen Bewohner verlegen. Darin eingraviert sind die Namen und Daten der Personen und ihr Todesdatum in Auschwitz.
Die letzten Steine wurden 2018 verlegt, sie erinnern an die Familie Bloch. Gleich sieben Steine befinden sich vor ihrem ehemaligen Haus in der Hauptstraße. Am 22. Oktober 1940 wurden die letzten in Sulzburg lebenden 27 Juden ins Konzentrationslager Gurs nach Südfrankreich deportiert und später im Vernichtungslager Auschwitz ermordet. Eine über 500-jährige Geschichte wurde brutal beendet, das jüdische Leben in Sulzburg ausgelöscht. Doch die Spuren erzählen vom einst vielfältigen jüdischen Leben, seiner Kultur und Religion, die es zu wahren gilt.
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