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Griechenland

"Flüchtlinge werden Schleppern in die Arme getrieben"

Was sagt ein Caritas-Helfer über die Situation an der griechisch-mazedonischen Grenze? Jan Schulz-Weiling ist vor Ort und berichtet im Telefoninterview über die Lage der Menschen.  

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Flüchtlingskinder in Griechenland Foto: dpa

FREIBURG/IDOMENI. An der griechisch-mazedonischen Grenze sitzen immer mehr Flüchtlinge fest, seit die Balkan-Staaten und Österreich beschlossen haben, die Landesgrenzen zu schließen. Annemarie Rösch telephonierte mit dem Freiburger Caritas-Helfer Jan Schulz-Weiling, der vor Ort ist, über die Lage der Menschen.

BZ: Herr Schulz-Weiling, wie beurteilen Sie die Situation der Flüchtlinge an der Grenze?

Schulz-Weiling: Die Lage ist dramatisch. Wir gehen davon aus, dass 11 000 Menschen an der Grenze festsitzen. Allein seit Dienstag sind 3000 Flüchtlinge angekommen. Wir vor Ort können aber nur etwa 1600 versorgen. Sehr, sehr viele Familien mit Kindern sind hier. Sie müssen bei etwa fünf bis zehn Grad nachts in ganz einfachen Zelten übernachten. Überall brennen nachts hier Feuer, damit sich die Menschen aufwärmen können. Allerdings gibt es nicht genug Brennholz. Deshalb verfeuern die Flüchtlinge auch Plastik. Erschwerend kommt hinzu, dass es in der Nacht auf Freitag stark geregnet hat und jetzt alles verschlammt ist.

BZ: Woher kommen die Menschen?

Schulz-Weiling: Die allermeisten, die hier an der Grenze warten, kommen aus Syrien oder Iraker. Vorhin habe ich mit einer syrischen Familie mit fünf Kindern gesprochen, die vor einem Monat aufgebrochen ist und von der Türkei aus mit dem Schlauchboot nach Griechenland übergesetzt hat. Sie sitzt jetzt seit zehn Tagen hier fest und ist sehr verzweifelt.

BZ: Wie sieht die Versorgung der Menschen momentan aus?

Schulz-Weiling: Schlecht. Die Menschen müssen oft stundenlang fürs Essen anstehen. Warme Nahrungsmittel gibt es kaum, vielleicht ab und zu eine Suppe. Manchmal reißen uns die Menschen die Nahrungsmittel aus der Hand, weil sie so hungrig sind. Die Lage spitzt sich dramatisch zu und der Strom an Flüchtlingen reißt nicht ab. Hier an der Grenze gibt es auch kaum Möglichkeiten für die Flüchtlinge, sich anders zu versorgen, wenn sie noch Geld dabei haben. Der Ort Idomeni ist eine kleine Ansammlung von etwa 30 Häusern, da kann man nicht einkaufen. In etwa sieben Kilometer Entfernung gibt es eine Tankstelle. Dort gehen manche der Flüchtlinge zu Fuß hin, um ein paar Sachen einzukaufen.

BZ: Wie steht es um die medizinische Versorgung?

Schulz-Weiling: Es gibt hier vor Ort schon Ärzte. Es sind aber viel zu wenige. Wir sehen viele Menschen, die sich erkältet haben. Wir brauchen da auch dringend mehr Hilfe.

BZ: Wer hilft vor Ort?

Schulz-Weiling: Vor allen Dingen sind professionelle Hilfsorganisationen wie die Caritas vor Ort. Doch es gibt auch viele private Helfer, etwa aus Griechenland. Auch deutsche Stimmen hört man. Der Schwerpunkt liegt in der Notversorgung.

BZ: Es gibt ja Lager für die Flüchtlinge, allerdings nicht direkt an der mazdonischen Grenze. Warum gehen die Menschen nicht dort hin?

Schulz-Weiling: Die Menschen sind entschlossen weiterzureisen. Deshalb möchten sie möglichst nahe an der Grenze bleiben, in der Hoffnung, dass sie doch noch geöffnet wird. Manche haben sich zu Fuß von Thessaloniki an die Grenze aufgemacht. Dazwischen liegen 100 Kilometer. Ich habe sogar Flüchtlinge in Rollstühlen gesehen.

BZ: Wie wird es weitergehen?

Schulze-Weiling: Wenn die Grenze weiterhin verschlossen bleibt und nur ganz wenige durchgelassen werden, treibt das leider die Menschen wieder Schleppern in die Arme. Je verzweifelter die Menschen hier sind, desto leichter werden sie zur Beute dieser Schlepper. Diese werden anderen Routen in den Norden ausprobieren, etwa über Bulgarien und Rumänien oder über Albanien.

Jan Schulz-Weiling (27) ist im Auftrag der Caritas Österreich zurzeit im griechischen Idomeni an der Grenze zu Mazedonien stationiert. Der Auftrag lautet, sich ein Bild über die Lage der Flüchtlinge zu verschaffen.

Ressort: Ausland

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