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Flaschengärten sind ein kleines Ökosystem für zuhause
Auch für Menschen ohne grüne Daumen: Minigärten in Weck- oder Bonbongläsern sind pflegeleicht. Was steckt hinter dem Trend? Auf den Spuren des kleinen Dschungels.
Anja Sokolow (dpa)
Di, 9. Jan 2024, 20:30 Uhr
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Auch der Biologe Ulf Soltau hat Dutzende Flaschengärten in seiner Wohnung. Vielen ist er bekannt durch seine "Gärten des Grauens" auf Social-Media-Plattformen: Dort sammelt er Bilder von Schottergärten und plädiert für den Naturgarten. Flaschengärten habe er in den 90er-Jahren für sich entdeckt, sagt Soltau.
Die exotischen Pflanzen wachsen in geschlossenen Gläsern, müssen nur etwa ein bis zweimal im Jahr gegossen und sehr sparsam gedüngt werden. "Sie sollen langsam wachsen und möglichst klein bleiben", sagt Soltau. "Es sind kleine Ökosysteme auf Sparflamme."
Er nennt die Minigärten auch "Hermetosphäre", um deutlich zu machen, dass es sich um geschlossene Systeme handelt. "In den 1990er Jahren galt das Thema als verstaubt und war aus der Mode", so der Biologe. "In der Corona-Pandemie gab es noch einmal einen Schub. Heute kann man sie in fast jedem Baumarkt kaufen."
Aurelie Morgen stellt solche Flaschengärten her. Sie ist Inhaberin von "Petite Jungle" (Kleiner Dschungel), einer Berliner Manufaktur für die Flaschengärten. In Kursen zeigt sie, wie Interessierte aus Pflanzen, Steinen und Substrat kleine Ökosysteme erschaffen können. Diese bilden in einem geschlossenen Behälter einen sich selbst erhaltenden Wasserkreislauf.
"Durch die Wärme schwitzen die Pflanzen und geben Wasser ab, das an der kühleren Glaswand kondensiert und tröpfchenweise wieder in den Boden fließt", erklärt Morgen. Unter den Teilnehmern seien nicht nur solche, die nach pflegeleichtem Grün suchen. Auch Menschen, die schon viele Pflanzen haben und neue Techniken erlernen wollen, kommen zu den Kursen. "Manche haben tropische Pflanzen zuhause, aber Schwierigkeiten, diese bei Laune zu halten."
Morgen selbst gab vor Jahren ihre Arbeit als Landschaftsarchitektin auf, um wieder mehr mit den Händen zu arbeiten, wie sie sagt. Die kleinen Gärten seien gut dazu geeignet, erzählt Morgen, während sie mit Löffel, Pinzette und Trichter an einem neuen Terrarium arbeitet. Mit einem Stampfer, selbstgebaut aus einem Korken und einem Schaschlikspieß, drückt sie die Erde fest. Anschließend platziert sie Pflanzlöcher, um diese dann zu bestücken.
Transportable Gewächshäuser aus Holz und Glas, die der englische Arzt Nathaniel Ward vor fast 200 Jahren populär gemacht hat, gelten als Vorläufer der Flaschengärten. Auf einem Dachboden des Botanischen Gartens Berlin wurden im Frühjahr 2010 Wardsche Kästen gefunden, die seit Jahrzehnten ungenutzt waren.
"So unscheinbar ihr Erscheinungsbild auf den ersten Blick auch ist – die Erfindung der Wardschen Kästen kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden", schreiben Kathrin Grotz, damalige Referatsleiterin für Ausstellungen, und Walter Lack, Direktor am Botanischen Garten und Botanischen Museum Berlin-Dahlem, über den Fund.
"Die neue Transportmethode revolutionierte nicht nur das Geschäft der kommerziellen Pflanzensammler und -jäger, die im Auftrag reicher Liebhaber oder großer Gärtnereien unterwegs waren", berichten die Experten. Sie habe auch den globalen Austausch wichtiger Nutzpflanzen im Interesse und Auftrag der europäischen Kolonialmächte beschleunigt.
Die Stelle in Berlin versorgte einst botanische Versuchsstationen in den Tropen mit Jungpflanzen und Samen, damit dort der Anbau kolonialwirtschaftlich bedeutender Pflanzen aus der ganzen Welt erprobt werden konnte. Für den Transport der Pflanzen wurden die Kästen benutzt.
Aurelie Morgen ist immer wieder im Botanischen Garten unterwegs: Dort lässt sie sich inspirieren. Sie schaue zum Beispiel, welche Pflanzen kleinblättrig bleiben. Diese seien besonders gut für die Minigärten geeignet, erklärt sie.
Auch andere Flaschengartenfans bieten bundesweit Kurse, fertige Gärten oder Zubehör an, wie etwa Christian Hellbusch aus Hamburg. Er selbst sei auf die Flaschengärten gekommen, weil er gern tropische Pflanzen wollte, die er aber auch mal einige Monate stehen lassen kann, sagt er. Gerade jetzt in der kälteren Jahreszeit nähmen sich Menschen wieder eher die Zeit für dieses Hobby.
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