"Fitness-Apps wirken als externe Motivation"

FUDDER-INTERVIEW mit der Wirtschaftspsychologin Sarah Diefenbach über die Wirkungsmechanismen und Risiken von Sport-Apps.  

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Sarah Diefenbach   | Foto: Privat
Sarah Diefenbach Foto: Privat

Was bringen Fitness-Apps? Sarah Diefenbach, Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, erforscht den Zusammenhang von Technologie und Glück und hat 2015 eine Studie über Freeletics veröffentlicht. Johanna Hasse hat mit ihr gesprochen.

Fudder: Warum sind Fitness-Apps so beliebt?
Diefenbach: Fitness-Apps lassen Sport zumindest kurzfristig attraktiver erscheinen. Während es meist einige Zeit braucht, bis die wachsenden Muskeln real sichtbar werden, kann mich die App schon nach der ersten Trainingseinheit mit Punkten und Komplimenten belohnen. Was zudem attraktiv wirken kann, ist die Tatsache, dass man durch das Sportprogramm geführt wird. So kann man die Verantwortung ein Stück weit abgeben. Auch die niedrige Einstiegshürde trägt zur Beliebtheit bei: App installieren, loslegen. Das erleben Nutzer als eine Entlastung. Gleichzeitig kann es auch zu absurden Situationen kommen – zum Beispiel, wenn mir mein Kumpel erklärt, er könne heute nicht mit mir joggen gehen, weil die App das erst für morgen vorsieht.
Fudder: Wie wirkt sich die Vernetzung mit einer digitalen Community Gleichgesinnter auf die Motivation aus?
Diefenbach: Die soziale Vernetzung bringt einen sozialen Druck mit sich, der dafür sorgen kann, die sportlichen Aktivitäten aufrecht zu halten und zu intensivieren. Dadurch findet aber auch ein Vergleich mit den Peers statt, was direkt zu Konkurrenzverhalten und Sich-gegenseitig-übertrumpfen führen kann. Hier wird der Spaß am Sport dann durch Gewinnen beim Sozialvergleich ersetzt.
Fudder: Sehen Sie auch Gefahren?
Diefenbach: Fitness-Apps wirken als externe Motivation – nicht der Sport an sich steht im Fokus, sondern die Fortschritte in der App. Das kann problematisch werden, weil der Spaß am Sport selbst – sofern vorhanden – dabei auf der Strecke bleibt und nur noch die externe Belohnung durch die App angestrebt wird. Man verlernt den direkten Spaß am Sport, wertvoll ist nur noch die digitale Belohnung. Spätestens, wenn ein Leistungsplateau erreicht wird, kommt die Ernüchterung. Die große Herausforderung dieser Apps ist es daher, den Spaß am Sport selbst zu fördern, damit auch unabhängig von ihnen oder bei Leistungsplateaus die Fitnessaktivitäten aufrechterhalten werden. Ansonsten ist es so, dass die App ein Anschub sein kann, im Prinzip aber nur die Leute langfristig am Sport dran bleiben, die es wahrscheinlich auch ohne die App geschafft hätten.

Sarah Diefenbach (34) erforscht das Konsumentenerleben und die Gestaltung interaktiver Produkte unter psychologischen Gesichtspunkten. 2016 veröffentlichte sie gemeinsam mit Daniel Ullrich das Buch "Digitale Depression - Wie neue Medien unser Glücksempfinden verändern".

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