Umstrittene Berufung
Ferda Atamans Nominierung als Antidiskriminierungsbeauftragte sorgt für Kritik
Vier Jahre war die Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes vakant. Dass Ferda Ataman den Posten nun übernehmen soll, sorgt für hitzige Debatten. Die Publizistin ist für viele ein rotes Tuch.
afp & BZ-Redaktion
Mi, 6. Jul 2022, 8:19 Uhr
Deutschland
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Die 1979 in Stuttgart geborene und in Nürnberg aufgewachsene Ataman ist Journalistin, Autorin und Diversitätsexpertin. Sie studierte Politikwissenschaften mit dem Schwerpunkt "Moderner vorderer Orient", schon an der Universität konzentrierte sie sich auf die Themen Migration und Integration. Ihr erster Job nach dem Studium: Sie arbeitete für den CDU-Politiker Armin Laschet, der 2005 Integrationsminister in Nordrhein-Westfalen wurde – und eine Redenschreiberin mit türkischem Hintergrund suchte. 2007 machte Ataman eine Ausbildung an der Berliner Journalistenschule und arbeitete danach in verschiedenen Zeitungsredaktionen. Von 2010 bis 2012 leitete sie das Referat Öffentlichkeitsarbeit und Kommunikation der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.
2009 gründete sie das Netzwerk Neue deutsche Medienmacher*innen mit, das sich für mehr Vielfalt in den Medien einsetzt. Von 2013 bis 2016 leitete die 43-Jährige, deren Eltern aus der Türkei nach Deutschland kamen, den Mediendienst Integration, eine wissenschaftliche Plattform für Journalisten zu den Themen Migration, Integration und Asyl. Dem vom damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) eingeführten Heimatministerium bescheinigte Ataman, das sei "vor allem Symbolpolitik für potenziell rechte Wähler". Der CSU-Politiker war so erbost, dass er im Juni 2018 nicht zum Integrationsgipfel im Kanzleramt kam.
Nun soll Ferda Ataman Leiterin der beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend angesiedelten Antidiskriminierungsstelle werden. Als die Personalie bekannt wurde, gab es empörte Reaktionen. Der Parlamentsgeschäftsführer der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller, sprach von einer "krassen Fehlbesetzung". Ataman sei eine "linke Aktivistin" und bisher vor allem mit "verbalen Ausfällen gegenüber Menschen ohne Migrationshintergrund" aufgefallen. Die FDP-Politikerin Linda Teuteberg kündigte an, sie könne der Personalie im Bundestag nicht zustimmen. Sie kritisierte unter anderem, dass Ataman eine Reihe von Tweets gelöscht haben soll, die sie möglicherweise in Bedrängnis gebracht hätten.
Der südbadische FDP-Bundestagsabgeordnete Christoph Hoffmann teilt die Vorbehalte seiner Fraktionskollegin: "Ferda Ataman ist aus meiner Sicht nicht die richtige Personalie." Bei einer solch sensiblen Position wünsche er sich eine "weniger streitbare Person", damit die wichtige Arbeit einer Antidiskriminierungsbeauftragten breite Akzeptanz finde und "nicht radikalen Kräften vor allem von Rechts Auftrieb" verleihe. "Ihre Historie an Diskriminierungen und fehlende Akzeptanz einiger Migrationsgruppen wird Frau Ataman im Amt einholen", so Hoffmann. Gebraucht werde eine "erfahrene, integre und zuverlässige Persönlichkeit".
Auch unter Migranten ist Ataman umstritten. Ihr gehe es nur um "muslimisch geprägte MigrantInnen", kritisierte die Initiative MigrantInnen für Säkularität und Selbstbestimmung. Andere Organisationen wie der Rat für Migration begrüßten die Personalie aber.
Dass die Leitung der Antidiskriminierungsstelle, die bis 2018 Christine Lüders innehatte, jahrelang vakant war, hing damit zusammen, dass bisher das Familienministerium den Posten besetzen konnte – wogegen es Konkurrentenklagen gegeben hatte. Erstmals hat nun der Bundestag das letzte Wort.
Mit Ataman ginge die Leitungsstelle an eine Frau ganz nach den Vorstellungen von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne). Ataman sei "genau die Richtige" für die Stelle, sagte sie kürzlich.
Ataman selbst sagte einmal, sie wolle "Integrationspolitik für alle Menschen – unabhängig für ihre Herkunft". Gebraucht werde "ein neues Verständnis von Zugehörigkeit, das nichts mit Vorfahren, Religion und Aussehen zu tun hat", sagte sie und fügte hinzu: "Eigentlich ganz einfach."
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