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Narrentradition

Fasnet ist in Freiburg Familiensache

Fasnet ist mehr als Zunftabende und Umzüge. Fasnet ist Tradition. Dafür stehen zwei Freiburger Familien: Familie Peter, die in der Zunft der Blauen Narren mitfeiert und Familie Vollmer, die die Hölle-Leue im Rieselfeld mitbegründet hat.  

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Jochen, Denise, Lisa, Julia und Marion (von links): Familie Peter im Häs der Blauen Narren. Foto: Ingo Schneider
Familie Peter und Die Blauen Narren

Normalerweise tritt Familie Peter zur Fasnetzeit gerne im Fünferpack auf: Vater Jochen, Mutter Marion und die Drillinge Denise, Lisa und Julia. Die Damen steigen in ihre lange Unterwäsche – Vater Jochen kommt bei jedem Wetter mit einem kurzärmligen T-Shirt aus –, drüber kommt das Häs der Blauen Narren, der Schellengurt bimmelt und die Drillinge stecken sich dann noch je ein Filzherzle an. Das hat ihnen, als sie noch klein und nicht zu unterscheiden waren, Obernarr Markus J. Weber geschenkt: Denise hat ein grünes, Lisa ein lila- und Julia ein pinkfarbenes. "Wir als Familie sind so viele, wir könnten alleine schnurren gehen", lacht Jochen Peter. Doch dieses Jahr ist es ein bisschen anders: Die drei 18-Jährigen machen gerade ihr Abitur – da heißt es Lernen, auch während der Fasnet. Blaue Narren wollen die Drillinge jedoch bleiben, egal wie. "Mal sehen, wie sich das alles entwickelt", sagt Denise.

Familie Peter ist ein schönes Beispiel dafür, wie Fasnettraditionen in der Familie weitergegeben und lebendig gehalten werden; schon Jochen Peters Großvater mütterlicherseits mischte bei den Bächleputzer mit. Nur Mutter Marion kam erst als Erwachsene dazu: "Ich bin angeheiratet." Die Schwestern jedoch waren von Anfang an dabei: Mit einem Jahr hatten sie ihr erstes Häs, mit zwei fuhren sie im überbreiten Buggy bei der Straßenfasnet mit, dick eingemummelt in blaue Vlies-Übersäcke. Bei den Umzügen der Zunft rannten sie später im Pulk der Narresome hinter dem Emblem der Blauen Narren mit, und mit 13 kam die alterstypische Krise. "Da will man nicht mehr ohne Maske laufen", sagt Lisa, "ist ja peinlich", stimmt ihr Schwester Denise zu. Als sie dann 16 wurden, war es soweit: Sie bekamen im Fritz-Hüttinger-Haus den Narrenschlag mit einem Fuchsschwanz und zogen ihre eigens für sie gefertigten Masken auf – nun waren sie "unter Holz".

Daheim, im Reihenhäuschen der Peters in der Haslacher Gartenstadt, blickt einen die Fasnet schon im Flur an. Jochen Peter hat dort die Larven seiner Eltern aufgehängt, und wenn er sie vorsichtig herunterholt und neben die eigenen Larven legt, sieht man, wie ähnlich sich die Masken aus Lindenholz sind und wie individuell sie doch aussehen. "Wenn man sie aufhat, fühlt man sich nicht so beobachtet", sagt Denise.

Wobei: "Fasnet, das ist auch harte Arbeit", sagt Mutter Marion. Als Narr steht man auch während des Jahres etwa an einem Stand beim Seefest oder beim Rathaushock. Zur Fasnetzeit reist man zu Umzügen außerhalb, nach Oberkirch, Nizza oder Speyer – überall waren die Peters dabei. Und Marion Peter hat lange geholfen, vor dem Rosenmontagumzug auswärtige Zünfte in der Stadthalle zu bewirten. Wenn die Peters dann mit ihren drei kleinen Mädels hereinkamen, "sind wir immer aufgefallen wie bunte Hunde", sagt Jochen Peter. Man merkt: Die ganze Familie lebt in und mit der Fasnettradition. Auch wenn die Mädchen Nachwuchs in ihrem Alter vermissen, denn die Blauen Narren haben wie viele andere Zünfte Nachwuchsprobleme. "Aber mit unseren Alten kann man auch Spaß haben", findet Lisa. Stimmt, sagen ihre Schwestern: "Wir haben immer Spaß."

Familie Vollmer und die Hölle-Leue

Familie Vollmer macht nicht bei einer alteingesessenen Zunft mit. Familie Vollmer hat eine neue Zunft mitgegründet: die Rieselfelder Hölle-Leue. "Ich war erst nicht so begeistert", sagt Mutter Julitta. "Fasnet ja, Verein nein." Aber ihr Mann Heribert, ein waschechtes Freiburger Bobbele aus der Innenstadt, feierte schon als Kind Fasnet, und irgendwann kam der Gedanke an eine eigene Zunft auf. Damals, 1994, gab es im jungen Stadtteil Rieselfeld noch keine Fasnettradition – richtig oder gar nicht, beschlossen die Vollmers und ihre Freunde. Und so entstand die freie Zunft Hölle-Leue, angelehnt an eine Sage aus dem Höllental. Ihre zwei Jungs – Martin, heute ein 20-jähriger Student, und Stefan, der 17-jährige Koch-Azubi – waren von Anfang an dabei, "der Jüngere als Gründungsmitglied in meinem Bauch", lacht Julitta Vollmer.

Die Hölle-Leue orientierten sich in ihrer Anfangszeit gleich an den Bräuchen der "alten" Zünfte mit Zunftabenden, Narrenbaumstellen, Schülerbefreiung. Am Anfang haben sie in der Clara-Grunwald-Schule Brezeln an rund 200 Kinder verteilt, inzwischen ist ein Mega-Umzug durch den Stadtteil draus geworden. Auch das Narrensuppenessen im Lehrerzimmer war erst eine überschaubare Veranstaltung, jetzt ist es eine Riesenversammlung.

Julitta Vollmer war bis vergangenes Jahr Häswart. Das war richtig Arbeit. "1995 war klar: Wenn wir dieses Jahr ein Häs wollen, müssen wir an die Nähmaschinen."Zwei Tage brauchte Julitta Vollmer damals, ein komplettes Häs zu nähen ("die Schneiderin hatte die Spättle erst in einer Reihe genäht, aber das muss doch ein Ziegelmuster werden!"), inzwischen schafft sie es – reine Übungssache – in acht bis zehn Stunden. Mit den Masken der Hölle-Leue gab es Anfangsschwierigkeiten ("das sah erst aus wie ein Gamsbock"), dann rieten die Hölle-Leue ihrem Kenzinger Maskenschnitzer, er solle doch mal seine Katze anschauen. Das Resultat hat ihnen dann bestens gefallen.

Fasnet, das haben sie schnell gemerkt, ist nicht nur Gaudi, sondern auch viel Arbeit im Kleinen. Wo kriegt man einen Narrenbaum her? Im Wald hinter dem Rieselfeld, wo jemand mit einem Sägeführerschein Hand anlegen muss. Wie kommt der Baum vor das Glashaus? "Da muss mein Mann noch gucken, ob Eis in der Hülse ist." Wer kommt mit zur Fasnet ins Altenheim? Haben alle Kinder im Glashaus Platz bei der Kinderfasnet? Wer geht mit zum Umzug nach Rust? Eingesehen haben sie im Laufe der Jahre, dass Abendveranstaltungen im Rieselfeld keine Selbstläufer sind, die Veranstaltungen tagsüber liefen immer viel besser – "da haben wir’s mit den Abendterminen gelassen", sagt Julitta Vollmer.

Inzwischen sind die Hölle-Leute ein selbstverständlicher Teil der Freiburger Fasnet geworden. Was vor knapp 20 Jahren als Idee begann, ist inzwischen Tradition. 25 Erwachsene und zwölf Kinder aus allen Ecken der Stadt machen mit, die Vollmers sind voll dabei. Und dieses Jahr hatte ihr 17-jähriger Sohn besonderes Glück: Er hat in seinem Ausbildungsbetrieb gefragt – und ein paar Tage frei bekommen für die närrische Zeit.

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Ressort: Freiburg

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