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Eselsohren für das neue Jahr

Buddhisten, Moslems, Sikhs und Juden feiern ihre eigenen Neujahrsfeste - anders und an ganz anderen Tagen als wir.  

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Neujahr ist nicht überall am 1. Januar und es wird nicht überall gleich gefeiert. Drei JuZ-AutorInnen haben sich von Menschen aus anderen Kulturen und Religionen erzählen lassen, wie und wann sie Party machen.

Yuga Offermanns, tibetische Buddhistin : "Wir Tibeter feiern unsere Feste nach dem Mondkalender. Danach beginnt an eurem 6. März 2003 unser Jahr 2130, mit dem Element Feuer und dem Tierzeichen Schaf. Der Neujahrstag heißt bei uns "Losar". Ein paar Tage vor Neujahr wird das Haus gründlich geputzt und die ganze Familie badet sich - das machen wir, damit der Schmutz des alten Jahres nicht ins Neue mitgenommen wird. Außerdem backt die ganze Familie ein frittiertes Neujahrsgebäck ("Kapse") in verschiedenen Formen. Die wichtigste Form ist das "Phungu Ahmjo", das Eselsohr. Aus zwölf Eselsohren bauen wir eine Pyramide und füllen sie mit Süßigkeiten und Geld, als Opfer für unseren Gott. Zwei Tage vor Losar gibt es einen reinen Gebetstag. Viele Tibeter besuchen Klöster, um dort zu beten und den Mönchen Lebensmittel oder Geld zu bringen. Am nächsten Tag - quasi unserem Silvester - wird weiter gebetet, am Abend wird es dann lustiger.

Die ganze Famlie isst eine Nudelsuppe ("Ghutuk"), von der jeder etwas übrig lassen muss. Der Vater knetet aus Teig ein Männchen, das auf einen großen Teller gestellt wird. Die Suppenreste werden dort draufgeschüttet. Außerdem bekommt jeder ein Stückchen Teig, das er an seinen Körper drückt - symbolisch, um das Schlechte wegzunehmen. Dieser Teig wird dann ebenfalls auf den Teller mit den Suppenresten geworfen. Der Vater und die Kinder bringen diesen Teller dann weit weg vom Haus, um auch das Böse wegzubringen. Danach geht man normal ins Bett - wir müssen an Losar früh raus. Am Neujahrsmorgen bringen die Mütter Butter und einen weißen Schal zum Fluss, um dem Wasser für das Leben zu danken. Dann gehen alle in den Garten und hängen eine neue Gebetsfahne auf. Dazu wirft jeder eine Hand voll Gerstenmehl in die Luft und man ruft "Lhagalo", das heißt "Gott soll gewinnen". Wenn dann alle so im Mehlnebel stehen und weiße Köpfe haben, gibt es immer ein großes Gelächter. Nach diesem Morgenritual, während dem auch für S. H. den Dalai Lama gebetet wird, verbringen wir den Tag zu Hause und beschenken uns. Die nächsten beiden Tage wird dann mit Freunden und Verwandten gefeiert. Da wird getanzt, gespielt, gesungen und alle sehen schön und glänzend aus. Zu Neujahr bekommt nämlich jeder eine neue Tracht, die "Chupas". Die meisten Jugendlichen tauschen die Chupas nach dem Losarfest wieder gegen Markenklamotten - da bleibt halt die Tradition zugunsten der "Fashion" auf der Strecke!"

aufgezeichnet von Dominic Fritz

Tscharansid Singh Matta, Sikh aus Delhi: "Meine Familie und ich haben das Neujahrsfest schon am 4. November des vergangenen Jahres gefeiert. Es ist das größte indische Fest und heißt "Divali", was Lichterkette bedeutet. Zu Ehren des Gottes Vishnu sind an diesem Tag in Indien alle Straßen mit Lichterketten geschmückt. Unsere Familie fuhr am 4. November - ganz schick mit neuen Kleidern versehen - in der Morgendämmerung nach Stuttgart. Dort steht eine Gurduwara, ein hinduistischer Tempel. Die Inder aus der Region treffen sich dort, beten um Frieden und Gesundheit und singen religiöse Texte. Im Hinduismus gibt es sehr verschiedene religiöse und philosophische Denkweisen, so feiert jede Familie ein bisschen anders ihr Neujahr. Wir sind nach der Feier im Tempel wieder nach Freiburg gefahren. Ein üppiges Mahl aus vielen Süßigkeiten und Milchtee wurde zubereitet. Freunde und die ganze Familie nahm an einem großen Tisch Platz, um gemeinsam das neue Jahr zu erwarten. Kinder bekommen bei uns an Neujahr viele Geschenke, vergleichbar mit dem Schenken an Weihnachten im Christentum. In Indien gibt es am 5. November um 0.00 Uhr ein gigantisches Feuerwerk, das ist uns an dem Tag in Deutschland verboten. Dafür feiern wir aber am 31. Dezember ausgiebig Silvester mit viel Champagner und einem gigantischen Feuerwerk - ganz nach europäischer Art.

aufgezeichnet von Eva M. Müller

Naser Khalil, Moslem aus Syrien: In Damaskus, wo ich geboren bin, feiern die Menschen Silvester am 31. Dezember. Früher hat dort nur eine christliche Minderheit gefeiert, aber in den letzten Jahren ist Silvester auch für die Muslime sehr wichtig geworden: Man feiert zu Hause und auf den Straßen, die Familien kommen zusammen, die besten Filme laufen im Fernsehen und es finden Konzerte statt. Um Mitternacht gibt es ein großes Feuerwerk und Autokorsos durch die Straßen von Damaskus. Mittlerweile kaufen sich die Leute auch schon neue Kleider für Silvester - früher hat man das nur für das Opferfest, oder das Fest zum Ende der Fastenzeit gemacht, für die beiden wichtigsten islamischen Feiertage.

Wir betrachten Silvester nicht als religiös, es ist ein Fest für alle, das Moslems und Christen gemeinsam begehen. Viele Moslems aus den religiöseren Golfstaaten kommen extra zum Jahreswechsel nach Syrien, weil es in ihren Heimatländern keine Feiern gibt. Die Moslems haben zwar eigentlich einen eigenen Mondkalender, und damit auch einen eigenen Jahreswechsel. Aber dafür ist kein Fest vorgesehen, nur ein Feiertag. Und der Mondkalender ist für mich - wie für die meisten Muslime - im Alltag ohnehin bedeutungslos.

Ich selbst verbringe Silvester nicht bei meiner Familie in Damaskus, sondern auch dieses Jahr wieder bei meinen Freunden in Deutschland. Auch wenn ich schon seit über drei Jahren hier lebe, ist es mir immer noch wichtig, mehr über die hiesigen Sitten zu erfahren. Letztes Jahr waren wir auf dem Schlossberg, um das Feuerwerk von oben anzuschauen. Allerdings - im Vergleich zu Damaskus ist Freiburgs Silvester ja schon ein bisschen bescheiden . . .

aufgezeichnet von Christoph Sprich

Idit Schlanger, Jüdin aus Tel Aviv: Wir nennen den Jahresbeginn "Rosch Haschana". Das wird im September gefeiert. Unsere Jahreszählung beginnt bei der aus der Bibel errechneten Schöpfung der Menschheit - deshalb haben wir jetzt das Jahr 5763. Zu Rosh Hashana wünschen wir uns "Shana tova metuka", das heißt, ein gutes und süßes Jahr. Und deshalb sind auch die symbolischen Speisen, die am Vortag zubereitet werden, süß. Wenn wir aus der Synagoge gibt es auf dem festlich gedeckten Tisch in Honig getunkte Apfelscheiben, süßen Möhren und Datteln - und das Brot wird mit Honig und nicht wie üblich mit Salz gegessen. Wir beten und danken Gott für seine Schöpfung und den Erhalt der Welt und bitten um Vergebung unserer Sünden. In streng gläubigen Familien wird ein Fischkopf gegessen. Ein Symbol dafür, dass wir zum Kopf und nicht zum Schwanz werden sollen. Zusammen mit dem Honig sollen die Speisen darauf hinweisen, dass sich alle ein süßes Jahr wünschen. Ein Feuerwerk, Wein oder Sekt gibt es bei uns an Rosch Haschana nicht. Silvester nach dem gregorianischen Kalender feiere ich mit meinen Freunden, meist auf einer großen Party in Tel Aviv. Schließlich schreiben wir in unsere Schulhefte auch das Datum nach dem gregorianischen Kalender.

aufgezeichnet von Eva M. Müller

Ressort: Zisch

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