"Es kam zum ersten Mal auch Druck"

BZ-INTERVIEW mit Paul Kalkbrenner über sein neues Album "7", Markus Lanz und seinen Traum von der Karriere in den USA.  

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Paul Kalkbrenner schielt auf Erfolge in den Vereinigten Staaten von Amerika.  | Foto: Thomas Lohr
Paul Kalkbrenner schielt auf Erfolge in den Vereinigten Staaten von Amerika. Foto: Thomas Lohr

Paul Kalkbrenner ist sagenhaft weit oben angekommen. Der Berliner fing vor bald 20 Jahren damit an, harten Techno zu produzieren und zu spielen. Nun hat der 38-Jährige bei Sony, einer der größten Plattenfirmen der Welt, einen Vertrag über fünf Alben unterschrieben, sein Ehrgeiz ist es, sich auch in Übersee und Ländern wie "Estland und der Slowakei" zu etablieren. Dass sein neues, logisch, siebtes Album "7" daher souliger, softer, nahbarer und kommerzieller geworden ist, bestätigt er im Gespräch mit Steffen Rüth gern.

BZ: "7" ist für Ihre Verhältnisse ein sehr pop-umarmendes Album. Es gibt mit "Mothertrucker" nur noch eines Ihrer Technobretter, die Songs sind flauschig und näher am Soul als am Techno.
Kalkbrenner: Ich bin mit den Jahren sowieso immer melodischer geworden, deshalb dürfte das für die meisten, die mich kennen, jetzt kein Schock sein. Ich bin mit Techno groß geworden, als Mensch und als Künstler, aber ich wollte irgendwann raus aus dieser Coolnessfalle.
BZ: Was meinen Sie damit?
Kalkbrenner: Ich muss es nicht mehr allen recht machen. Ich sage, es ist Techno für alle zwischen acht und 88. Ich weiß nicht mehr, wie man den Stil klassifiziert. Ich weiß nur, dass sich niemand ausgeschlossen fühlen soll. Die eingefleischten Raver sind bei meiner Musik eh in der Unterzahl. Ich will auch stilistisch nichts mehr zurückhalten. Ich liebe zum Beispiel klassische Musik, aber früher musste Techno hart und aggressiv sein, deshalb war für Klassik kein Platz. Jetzt spiele ich gern mit diesen Einflüssen.
BZ: Sie verwenden auf dem Album Samples, etwa von Jefferson Airplane und der Band D-Train. Sind Ihnen rein instrumentale Platten langweilig geworden?
Kalkbrenner: Instrumentalalben habe ich ja schon genug gemacht. Es geht auch um den Erfolg, machen wir uns nichts vor. Wenn du in den USA was erreichen willst, musst du im Radio gespielt werden. Und im Radio wirst du nur gespielt, wenn jemand singt. Also mussten Vocals her. Das Schöne an dem neuen Sony-Deal ist auch, dass sie mir gesagt haben: "Hier, guck doch mal bei uns im Archiv." Man unterliegt eben einigen Zwängen. Es kam zum ersten Mal auch Druck. Man gab mir zu verstehen, dass ich mich besonders ins Zeug legen müsse.
BZ: Und das haben Sie gemacht?
Kalkbrenner: Total. Ich habe ewig an diesem Album gearbeitet, bestimmt anderthalb Jahre. Kein Vergleich zu sonst, wenn ich ganze Alben in zwei, drei Monaten aufgenommen und teilweise aus Resten und Fetzen zusammengenäht habe.
BZ: Warum haben Sie keine Gastsänger ins Studio eingeladen, so wie das die Kollegen machen?
Kalkbrenner: Ertrage ich nicht. Ich bin ein Alleinkämpfer, um Studio bin ich kompromissunfähig. Diese ganzen Kollaborationen saugen mir nur Energie weg, die ich viel lieber in meine eigene Musik stecke. Selbst Remixe sind für mich schon Kraftverschwendung.
BZ: Sie sagen, Sie sind kein DJ. Sondern?
Kalkbrenner: Ja, das ist ganz wichtig: Ich bin Musiker. Auf der Bühne spiele ich live, ich habe Drum Machine, Sampler, Mixer, alles dabei. Ich arrangiere die Songs direkt auf der Bühne, deshalb klingt es jeden Abend ein bisschen anders. Ich finde es gerechtfertigt, wenn Leute, die elektronische Musik machen, heute in einer Reihe stehen mit Rockmusikern. Ich habe auch wahnsinnig viel zu tun live. Die meisten DJs stehen ja nur da, machen an ihren Kopfhörern rum und langweilen sich.
BZ: Und kriegen dafür Millionengagen.
Kalkbrenner: Eine fette Kohle verdienst du, das ist Wahnsinn. Und kein Ende in Sicht. Elektronische Musik hat sich rund um die Welt auf den Siegeszug gemacht.
BZ: Sind Sie auch im Privatjet unterwegs?
Kalkbrenner: In Europa manchmal schon. Solche Rutschen wie Helsinki-Asturien-Brest-Kroatien gehen nur im Jet. Wir müssen ja auch die Crew und die Videowand und das alles transportieren.
BZ: Ist Geld für Sie ein Ansporn?
Kalkbrenner: Absolut. Ich denke: "Hau lieber in die Tasten, damit es bis zum Ende reicht." Mit 38 zünde ich nochmal eine Stufe, aber 50 ist vielleicht dann auch eine Schallgrenze.
BZ: Sie haben spannende Dinge zu erzählen. Warum sieht man Sie eigentlich nie im Fernsehen?
Kalkbrenner: Weil ich da nicht hingehe. Ich könnte jede Woche bei "Markus Lanz" sitzen, aber ich möchte das nicht, das macht den Mythos kaputt.
BZ: Wenn Sie es in Amerika zu was bringen wollen, müssen Sie dort aber Klinken putzen.
Kalkbrenner: Das ist wieder was anderes. Vielleicht würde ich in die Talkshow von Jimmy Kimmel gehen. Ich würde auch gern den Madison Square Garden in New York ausverkaufen. Und zur Grammy-Verleihung würde ich gehen, das ist der Pokal, auf den ich hinarbeite.

Paul Kalkbrenner: 7 (Sony)

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