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"Es ist ein einzigartiger Lebensraum"

ZISCH-INTERVIEW mit dem Biologen und Moor-Experten Peter Lutz über das Niedermoor Wasenweiler/Gottenheim und darüber, warum es schützenswert ist.  

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Das Ried bei Wasenweiler und Gottenheim kann laut NABU Kohlendioxid speichern. Foto: Peter Lutz (SWV)

Das Niedermoor zwischen Gottenheim und Wasenweiler ist ein Naturschatz, den es zu bewahren gilt. Zisch-Reporter Jacob Huber aus der Klasse 4 der Hermann-Brommer-Schule in Merdingen im Interview mit dem Biologen, Naturschützer und Moor-Experten Peter Lutz über das einzigartige, letzte zusammenhängende Niedermoor am Oberrhein.

Zisch: Welchen Beruf haben Sie?

Lutz: Ich bin Biologe und war auf dem Weg Bio- und Chemie-Lehrer zu werden. Nun arbeite ich beim Schwarzwaldverein für den Naturschutz.

Zisch: Welche Aufgabe haben Sie beim Schwarzwaldverein genau?

Lutz: Ich setzte mich für den Naturschutz ein. Ich kümmere mich um Naturschutzprojekte, wie beispielsweise den Amphibienschutz. Damit Kröten sicher über die Straße kommen, sorge ich für die Pflege von Wiesen . So mähe ich zum Beispiel im Sommer Wiesen oder schreibe etwas über das Niedermoor. Zudem verfasse ich Stellungnahmen zu aktuellen Bauvorhaben und Planungen, welche den Natur- und Umweltschutz betreffen.

Zisch: Wie lange sind Sie schon Moor-Experte?

Lutz: Seit 1987 beschäftige ich mich mit dem Niedermoor zwischen Gottenheim und Wasenweiler. Das sind 35 Jahre.

Zisch: Wie kam es dazu, dass Sie sich für das Moor interessieren?

Lutz: Ich bekam 1987 den Auftrag, das Niedermoor zu erfassen. Das Niedermoor ist ein Biotop, oder besser gesagt, ein Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere, der sehr wertvoll ist. Ich habe darüber eine Arbeit geschrieben, eine Karte gezeichnet und somit dokumentiert, wie kostbar das Ried ist.

Zisch: Erklären Sie bitte den Leserinnen und Lesern, was ein Niedermoor ist?

Lutz: Ein Niedermoor ist eine Gegend, in der es viel Wasser gibt. Es sind Feuchtgebiete. Das Kennzeichen ist dabei andauernder Wasserüberschuss. Der Regen versickert nicht oder nur ganz langsam. Die Pflanzen, die dort wachsen, zersetzen sich teilweise, werden also nicht vollständig abgebaut, das bedeutet, die Pflanzenreste liegen im Wasser. Da kein Sauerstoff an diese Reste kommt, bleiben sie erhalten und werden in Torf umgewandelt. Da der Torf im Gottenheimer Ried eben im Wasser liegt, nennt man es Niedermoor. Unter dem Niedermoor verliefen vor tausenden von Jahren auch Seitenarme des Rheins. Der Rhein quetsche sich hier zwischen dem Tuniberg und dem Kaiserstuhl durch. Wer die Augen im Ried aufmacht, kann heute noch die Spuren von damals erkennen.

Zisch: Gehen Sie regelmäßig ins Ried?

Lutz: Zwei bis dreimal im Jahr bin ich dort. In den letzten Jahren aber häufiger, da das Naturgebiet durch Bauvorhaben bedroht wird.

Zisch: Hat sich das Moor in den letzten 35 Jahren verändert oder ist es gleichgeblieben?

Lutz: Es gab nur kleine Veränderungen. Es kamen beispielsweise mal Äcker hinzu, aber seit 20 Jahren sind die Wiesenflächen dort stabil.

Zisch: Was ist das Besondere am Gottenheimer Ried?

Lutz: Es ist das letzte zusammenhängende Niedermoor in der Oberrheinebene. Es ist ein einzigartiger Lebensraum und ein tiefgründiger Bodenschatz mit vielen inneren Werten.

Zisch: Nennen Sie mir drei Gründe, warum das Niedermoor schützenswert ist.

Lutz: Der erste Grund: Das Moor hält Wasser zurück. Es ist ein toller Wasserspeicher. Es kann große Mengen an Wasser aufnehmen und langsam wieder abgeben, wenn es trockener ist. Folglich bleibt das Klima im Sommer hier erträglicher. Vor allem die Bötzinger Bürgerinnen und Bürger sind dank des Moores so reich mit Grundwasser beschenkt. Der zweite Grund ist der einzigartige Lebensraum für seltene und hochspezialisierte Pflanzen- und Tierarten. Nehmen wir diese Lebensräume, verlieren wir diese Tier- und Pflanzenwelt. Dritter Grund sind die Spuren im Moor. Jede Schicht gibt Aufschlüsse über die Geschichte der Erde und deckt Geheimnisse auf, was beispielsweise vor 1000 Jahren war. Das kann man mit einem Bohrkern herausfinden.



Zisch: Die Bundesstraße 31-West ist eine Gefahr für das Niedermoor. Was machen Sie dagegen?

Lutz: Wir erstellen viele Gutachten, schreiben Briefe an die Politikerinnen und Politiker und an Behörden und versuchen, viele Menschen zu informieren. Die Fahrrad-Demo 2021 war auch ein Beitrag oder die Pressearbeit. Die Zusammenarbeit mit der Politik ist wichtig.

Zisch: Es wird immer wieder gefordert, die Moore für den Klimaschutz zu renaturieren. Das bedeutet, Moore wieder zu wässern, um die inneren Werte zu erhalten. Was halten Sie von der Idee einer Renaturierung?

Lutz: Viel. Wässern wäre wirklich gut für das Moor. Der Effekt wäre, dass das Moor nicht veratmet wird. Biotope und Lebensräume können nur bewahrt werden, wenn sie sich nicht selbst zersetzen. Liegen Moore längere Zeit trocken, verstärkt das den Abbau des Torfes, der sich in Luft auflöst. Wenn sich der Torf zersetzt, kommt CO2 aus dem Moor – das ist keine schöne Sache.



Zisch: Was ist für Sie aktiver Moorschutz?

Lutz: Aktiver Moorschutz ist für mich, dass der Mensch so wenig wie möglich im Moor tut. Wir leben hier in einer Kulturlandschaft. Das bedeutet, der Mensch gestaltet und pflegt die Natur. Für das Moor wäre aber das Gegenteil das Beste: Nichtstun. Nicht entwässern, nicht als Ackerfläche nutzen, nicht mähen. Einfach alles der Natur überlassen.

Zisch: Wie können wir noch mehr Freunde für das Moor gewinnen? Haben Sie da ein Beispiel?

Lutz: Menschen gewinnen wir, indem wir für das Moor werben und sie darauf neugierig machen. Wir müssen die Menschen begeistern und ihnen die Schönheit aufzeigen, die im Moor liegt. Die nächste Gelegenheit ist beispielsweise am 8. Mai 2022, um 13 Uhr, Treffpunkt Bahnhof Gottenheim. In einer vierstündigen Führung zeige ich allen Interessierten die Schönheit dieses Niedermoors, das direkt vor der Haustür von Gottenheim liegt.

Ressort: Zisch-Texte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 01. April 2022: PDF-Version herunterladen

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