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Tiergehege

Es gab keinen Nachwuchs: Das letzte Mundenhof-Erdmännchen zieht aus

Es ist eine an Hoch- und Tiefpunkten reiche Geschichte: Den Erdmännchen auf dem Mundenhof gelang es nicht, sich fortzupflanzen – auch weil eine Dame einfach verschwand. Jetzt gibt’s einen neuen Plan.  

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Das eigene Spiegelbild ist kein Ersatz für Gesellschaft: Das letzte Mundenhof-Erdmännchen wird bei Artgenossen in einem anderen Tierpark untergebracht Foto: Patrick Seeger/Stadt Freiburg
Von der Öffentlichkeit wegen der Corona-Einschränkungen weitgehend unbemerkt hat sich im November auf dem Mundenhof eine schicksalhafte Fügung in der Erdmännchen-Saga abgespielt. Es ist eine Saga um Futterneid, Fingerspitzen, Weibchenraub und ein Männchen namens Stuttgart. Und sie beginnt im Jahre 1999, im Herzstück des Freiburger Tiergeheges.

Erdmännchen – der Name gilt für Vertreter beiderlei Geschlechts – sind mit ihren 700 bis 900 Gramm die kleinsten Mangusten. Die meisten Safari-Touristen kehren aus dem südlichen Afrika als große Erdmännchen-Fans zurück, weil die Tiere durch ihr Sozialverhalten, ihre Wachsamkeit und Fotogenität viele Sympathiepunkte sammeln.
Der Mundenhof ist weiterhin geschlossen. Die Stadt bittet darum, sich an die Schließung zu halten. Es finden Kontrollen statt.

Die hohen Sympathiewerte haben Erdmännchen in Europas Tierparks schnell zu Publikumslieblingen gemacht. So beherbergt auch der Mundenhof seit 1999 eigene Erdmännchen. Anfangs waren es vier Tiere, und sie eroberten im Nu nicht nur Kinderherzen. Bald wurden daraus zehn Tiere; der letzte Nachwuchs datiert aus dem Jahr 2015. Dann kam die Gruppe in die Jahre und begann zu schrumpfen.

Die Verstärkung durch Neuzugänge aus anderen Tierparks stieß auf Schwierigkeiten, weil Erdmännchen zwar innerhalb ihrer Gemeinschaft in hohem Maße sozial sind. Neuen Einflüssen und besonders neuen Erdmännchen stehen sie aber mindestens im gleichen Maße abwehrend gegenüber.

Die gebärfähige Dame verstarb 2016

Auch auf dem Mundenhof folgte die Erdmännchen-Saga dem bekannten Drehbuch. Sobald das Alphaweibchen nicht mehr gebärfähig war, stagnierte die Gruppengröße. Nachdem die Dame 2016 im hohen Alter verstarb, begann der von heftigen Beißereien begleitete Nachfolgestreit. Obwohl sich ein neues Erdmännchenweibchen die Chefinnenrolle sicherte, war unter diesen Gegebenheiten nicht an Nachwuchs zu denken. Die Gruppe schrumpfte. Also machten sich die Tierpflegerinnen und Tierpfleger daran, sie behutsam zu verjüngen und Tiere aus anderen Zoos zu integrieren.

Doch dieses Unterfangen ist schwierig. Es erfordert Fingerspitzengefühl und Tierkenntnis. Neue Tiere werden von der Gesellschaft, dem "Clan", zunächst als Eindringlinge gesehen und attackiert. In zehn Fällen konnten die Integrations-Beauftragten des Mundenhofs diese schwierige Phase meistern. Allerdings zog sich die Integration der "Neuen" über Jahre hin. Währenddessen starben weitere Mitglieder der ursprünglichen Gruppe, bis in diesem Sommer noch zwei Tiere übrig waren. Zwei Tiere, eines erdweiblich, eines erdmännlich, dazu ein warmer Sommer fast mit Kalahari-Temperaturen – eigentlich klang die Konstellation nicht schlecht für die Gründung einer neuen Gruppe. So war auf dem Mundenhof die Hoffnung auf Nachwuchs groß.

Das letzte Weibchen verschwand einfach

Doch alles Warten war vergebens, denn am 11. November verschwand das Weibchen. Wie, weiß niemand. Ob es aus dem Gehege entwendet wurde oder einem tierischen Räuber zum Opfer fiel, ist nicht bekannt. Fest steht nur, dass es sich nicht in das Gangsystem zurückgezogen hatte, um Nachwuchs zur Welt zu bringen. In solchen Fällen ist es nämlich üblich, dass der männliche Partner das Weibchen mit Futter versorgt, indem er ihr Leckereien in die Wurfhöhle trägt.

Stattdessen fraß das verbliebene Männchen für Zwei und sonnte seine Wampe anschließend unter der Wärmelampe; von unterstützender Brutpflege keine Spur. Getreu dem Lehrsatz "Ein Erdmännchen ist kein Erdmännchen" beschloss die Mundenhof-Leitung nun eine Zäsur. Um dem Wesen der geselligen Tiere gerecht zu werden, wurde entschieden, das Männchen mit dem prosaischen Vornamen "Stuttgart" abzugeben. Für Stuttgart wurde eine gute Unterkunft in einem Tierpark gefunden.

Das Männchen verlässt den Mundenhof übernächste Woche. Danach wird das Erdmännchengehege umgestaltet und aufgewertet. Mitte Dezember beginnen Baggerarbeiten, Reparaturen und Ausbesserungen des Innenstalls. Auch das Außengehege erhält ein neues Gesicht, mit Aussichtspunkten und beheizten Flächen für die wärmeliebenden Tiere. Wie die Stadt mitteilt, kann die Höhe der Umbaukosten noch nicht geschätzt werden, da noch nicht feststeht, wie das Gehege später aussehen soll. Der Förderverein Mundenhof hat bereits seine finanzielle Unterstützung zugesichert. Auch Privatleute können den Umbau des Geheges mit einer Spende unterstützen. Allen Erdmännchen-Liebhabern bietet der Mundenhof zudem die Möglichkeit, eine Erdmännchen-Patenschaft abzuschließen.

Ressort: Freiburg

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 28. November 2020: PDF-Version herunterladen

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