Nach Unglück
Einsturzgefährdete Dresdner Carolabrücke soll gesichert werden
dpa
Mi, 11. September 2024, 19:13 Uhr
Panorama
Nach dem teilweisen Einsturz der Carolabrücke in Dresden sitzt der Schock tief. Die Polizei schließt Fremdverschulden aus. Sorge bereitet indes das für die nächsten Tage prognostizierte Hochwasser.
In Dresden ist in der Nacht zu Mittwoch die Carolabrücke teilweise eingestürzt. Menschen sind dabei laut Polizei nicht zu Schaden gekommen. Teile der Brücke liegen in der Elbe. Laut Stadtverwaltung besteht weiterhin akute Einsturzgefahr. Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) betonte am Mittwoch, dass die Sicherheitsarbeiten jetzt höchste Priorität hätten.
Mit Blick auf ein für die nächsten Tage erwartetes mögliches Hochwasser an der Elbe seien Trümmerteile zu sichern, damit sie keine Gefahren für Menschen oder andere Bauwerke bringen. Laut Stadtverwaltung werden derzeit kleinste Bewegungen im Bauwerk mithilfe von Sensoren gemessen. Welche weiteren konkreten Maßnahmen als Nächstes getroffen werden, könne aber noch nicht gesagt werden.
Die Polizei geht bei dem Teileinsturz bislang von einem Unglück aus. "Es gibt null Anhaltspunkte für irgendein strafbares Verhalten. Es gibt kein Ermittlungsverfahren", sagte ein Polizeisprecher. Es gehe nun darum, die genaue Ursache zu klären. Sollte sich dabei herausstellen, dass Fehler gemacht worden seien, dann würde auch ein Strafverfahren eingeleitet. "Aber diese Anhaltspunkte fehlen im Moment."
Derweil liegen etwa hundert Meter der Betonbrücke im Herzen der Stadt in der Elbe. Der Schiffsverkehr ist blockiert, der Straßenverkehr weiträumig umgeleitet. In der Nacht zu Mittwoch war die Verbindung zwischen Altstadt und Neustadt partiell eingestürzt. Nur wenige Minuten zuvor war noch eine Straßenbahn über die Brücke gefahren.
Hilbert sagte: "Wir sind alle zutiefst geschockt." Zugleich sei man "dankbar, dass keine Menschen gestorben sind". Jetzt gelte es vor allem, weitere Schäden von der Stadt abzuwenden. Danach gehe es an Aufarbeitung und Ursachenforschung.
Die Dresdner Carolabrücke, als Bundesstraße die Nord-Süd-Verbindung der Stadt, war in den vergangenen Jahren saniert worden. Ein dritter Bauabschnitt sollte 2025 folgen. Der betroffene Teil der Brücke stürzte jetzt jedoch ein. Zuletzt war das Bauwerk im Jahr 1996 komplett saniert worden.
Nach Angaben der Feuerwehr ereignete sich das Unglück kurz nach drei Uhr morgens. Es habe sich an einem Brückenkopf ein Spalt von etwa einem Meter Länge gebildet. Die vorerst letzte Straßenbahn der Linie 7 war laut den Dresdner Verkehrsbetrieben 2.50 Uhr über die Brücke gefahren. 18 Minuten später stürzte das Bauwerk teilweise ein.
Die 340 Meter lange Brücke verbindet in Höhe des Regierungsviertels die Neustädter Elbseite mit der Innenstadt. Bei dem nächtlichen Unglück sind laut Feuerwehr Brückenteile des Straßenbahn-, Fußgänger- und Radwegbereichs in die Elbe gestürzt.
Brückenbauspezialist: Ein Desaster, das niemand vorhergesagt hat
Der Brückenbauexperte Steffen Marx bezeichnete den Einsturz als Desaster. "Es ist insbesondere auch deswegen ein Desaster, weil es niemand vorhergesagt hat", sagte Marx, der Professor am Institut für Massivbau an der TU Dresden ist, vor Ort. "Das Bauwerk muss man heute unter komplett einsturzgefährdet verbuchen."
Als eine der ersten großen Spannbetonbrücken in der DDR habe die Carolabrücke alle Defizite, die ein solches Bauwerk aus der Frühzeit der Spannbetonbrücken habe. "Ein besonders tragisches Defizit ist, dass die Brücke keine Redundanzen hat, das heißt: Wenn irgendwas ist, folgt der Einsturz", erläuterte Marx.
Fernwärmeversorgung betroffen
Der Einsturz wirkte sich auch auf die Fernwärmeversorgung in Dresden aus. Zwei Leitungen barsten, das ausströmende Wasser setzte Teile des Terrassenufers komplett unter Wasser. Erst nach und nach können Stadtteile wieder ans Netz genommen werden.
Und die Einsatzkräfte blicken mit Sorge auf die Wettervorhersagen: Es könnte ein Elbehochwasser kommen. Das ist wegen der Trümmer im Fluss ein Problem. Laut Deutschem Wetterdienst werden unter anderem in Zentral-Tschechien und im Isargebirge extrem ergiebige Regenfälle erwartet. Das werde sich auf die Elbe und andere Flüsse auswirken - das Wasser soll steigen.
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