ZISCHUP-INTERVIEW
"Einmal wurde auf mich geschossen"
Oskar Intlekofer,79 Jahre, aus Wittlekofen war Zeitzeuge des Zweiten Weltkrieg. Er erlebte den Zweiten Weltkrieg im Alter von 10 Jahren. Damals lebte er in Münchingen, dort ist er in einer Bauernfamilie aufgewachsen.
Julia Intlekofer, Klasse 8c & Realschule Bonndorf
Fr, 1. Jul 2016, 0:00 Uhr
Schülertexte
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Oskar Intlekofer, 79 Jahre, aus Wittlekofen ist Zeitzeuge des Zweiten Weltkriegs. Damals war er noch ein junger Bursche und lebte in Münchingen, wo er in einer Bauernfamilie aufgewachsen ist. Julia Intlekofer aus der Klasse 8c der Realschule Bonndorf hat sich mit ihm über seine Erinnerungen unterhalten.
Intlekofer: Bei uns hat man am Anfang vom Krieg noch nicht viel gemerkt. Anfangs war es eine gedrückte Stimmung. Meine Eltern waren erbittert über die Nationalsozialisten und über das Hitler-Regime.
Zischup: Welche Meinung haben Sie zu Hitler?
Intlekofer: Er hat großes Unglück über das deutsche Volk und andere Völker gebracht, mit vielen Toten. Man denke nur an den Völkermord der jüdischen Bevölkerung und die vielen anderen Minderheiten wie die Roma.
Zischup: Was haben Sie gedacht, als Sie die Männer sahen, die in den Krieg ziehen mussten?
Intlekofer: Hoffentlich kommen alle wieder gesund nach Hause.
Zischup: Was denken Sie, wieso Hitler so etwas Schreckliches getan hat?
Intlekofer: Weil er die ganze Welt erobern wollte und ein Judenhasser war. Hitler wollte die Weltherrschaft.
genug zu essen gehabt."
Intlekofer: Das waren vor allem die Überfälle auf Russland, Frankreich und Polen sowie England. Die Deutschen haben Bomben über England abgeworfen. Danach sind die anderen gekommen.
Zischup: Wie war die Lebensmittelsituation?
Intlekofer: Wir auf dem Land haben genug zu essen gehabt und als Landwirte mussten wir keinen Hunger leiden. Aber die anderen hatten Lebensmittelkarten und mussten hungern. Sämtliche Lebensmittel waren rationiert. In den Städten sah die Situation anders aus als auf dem Land. Die Leute von der Stadt sind gekommen, um bei uns zu hamstern. Hamstern heißt so viel wie kaufen. Von Neustadt und Bonndorf sind sie zu uns aufs Land nach Münchingen gekommen, wollten Eier einkaufen und sich andere Lebensmittel organisieren. Vielen haben wir etwas abgegeben. Verhungert ist niemand. In den Großstädten hatten sie keine Möglichkeit dazu, weil sie zu weit weg waren. Vor allem lief alles auf ein Tauschgeschäft hinaus. Wir haben Lebensmittel gegen Wolle, Schuhe, Hemden und Hosen getauscht. Besonders schwer war es, Schuhe zu bekommen.
Zischup: Wie lief der Krieg hier in Bonndorf ab?
Intlekofer: Am Ende des Kriegs wurde Bonndorf bombardiert. Es sind drei bis vier Häuser getroffen worden und abgebrannt. Hauptsächlich wurde die Altstadt von Freiburg bombardiert. Die war ein Trümmerfeld. Wir hatten Verwandte, diese sind nach Münchingen gekommen und haben bei uns gewohnt. Das Haus unserer Verwandten aus Freiburg wurde auch bombardiert.
Zischup: Wie berichteten die Medien darüber?
Intlekofer: Das Radiohören von Sendern aus dem Ausland war strengstens verboten. Man durfte nur das Radio vom deutschen Regierungssender hören. Wenn man trotzdem andere Sender gehört hat, war man ein Schwarzhörer. Darauf gab es eine Strafe, sobald man erwischt worden ist. Je nachdem wurde man eingesperrt. Im Geheimen haben manche andere Sender gehört. Zum Beispiel einen aus der Schweiz, dieser hat Tatsachen gesagt. Aber niemand durfte es weitererzählen.
schießen ja sowieso nicht."
Intlekofer: Es ging langsam aufwärts. Vor allem mit der Währungsreform nach dem Krieg. Damals hat jeder 60 Mark bekommen, weil das alte Geld nichts mehr wert war. Mit dem neuen Geld hörten die Geschäfte auf dem Schwarzmarkt auf. Dafür ist der Tauschhandel entstanden, weil ja das alte Geld keinen Wert mehr hatte.
Zischup: Wie war Ihre Kindheit damals?
Intlekofer: Die Kindheit damals war sehr einfach. Man hatte nur zu essen, was man selber anbaute. Schokolade, Südfrüchte und Sonstiges kannten wir nicht. Erst mit 14 bekam ich die erste Orange zu Gesicht.
Zischup: Was war Ihr schlimmstes Erlebnis während des Krieges?
Intlekofer: Einmal wurde auf mich geschossen. Wir Kinder hatten schulfrei, weil ja Krieg war. Über unseren Köpfen sind laufend Flieger vorbeigeflogen, den ganzen Tag über. Wir sind auf den Berg hochgelaufen und haben den Fliegern zugeschaut. Wir dachten, die Flieger schießen ja sowieso nicht. Auf einmal sind zwei Flieger tiefer geflogen und haben dann auf uns geschossen. Sogar unser Lehrer war dabei. Später am Abend haben wir Patronenhülsen auf dem Boden gesucht. Im Schnee haben wir viele davon gefunden. Aber wir hatten alle Glück gehabt, dass uns die Kugeln nicht getroffen haben. Ein Freund lag auf einer Stelle, von der er dann weggerannt ist. Nachher haben wir gesehen, dass auf diesem Platz ein Loch im Boden war. Wäre er dort geblieben, wäre er getötet worden.
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