Ein Paradies mit Moskitos und Mangobäumen
SERIE "WAS TUN IM AUSLAND" (TEIL 4): Die Freiburgerin Eva Backes hat ein Jahr lang im Norden Australiens junge Aborigines betreut und unterrichtet.
JuZ-Mitarbeiterin Eva Backes
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"Post aus England!" Der Briefträger überreicht mir einen großen braunen Umschlag. Schon seit Wochen warte ich auf eine Nachricht, jetzt ist sie da: "Congratulations", also "Glückwunsch" steht in dem Brief in großen, fetten Lettern. Überglücklich sehe ich: Ich hab’s geschafft. Die gemeinnützige, britische Organisation "GAP Activity Projects" schickt mich für ein knappes Jahr nach Australien. Im tropischen Norden Australiens soll ich an einer Schule in Darwin jugendliche Aborigines betreuen und unterrichten.
Madonna, die Leiterin des Internats zeigt uns unser kleines Apartment. Kristin und ich wohnen direkt neben den Zimmern der Mädchen. Am nächsten Morgen erkunden wir erstmal die Umgebung. Palmen, Bougainvilleas, Mangobäume: das Schulgelände liegt mitten im Botanischen Garten. Eine Brücke verbindet das Internat der Mädchen mit dem der Jungen, von hier aus sieht man das Meer. Aber die Schönheit hat auch Schattenseiten: In Darwin lauert überall Gefahr. An Land leben die giftigsten Schlangen und Spinnen, im Wasser Haie, Krokodile und die tödlichen "Box Jelly Fish" (Quallen).
100 000 Einwohner hat Darwin, die Stadt am Tor zum Outback, zum weiten Hinterland. "Just different" sagen die Australier über diesen ungewöhnlichen Ort. Den haben wir bald erkundet, den Hafen und die ersten glutroten Sonnenuntergänge gesehen. Das Jet Lag ist überstanden – und ich freue mich auf die Kinder. Die kommen zwei Tage später von ihren Ferien zurück ans Internat. Ihr Zuhause ist der australische Busch. Mit ihren Familien und Verwandten leben sie dort in so genannten "Communities". Häufig bestimmen Alkohol, Drogen und mangelnde Hygiene das Leben in diesen Gemeinschaften. Die Ureinwohner, die Aborigines, wurden von westlichen Zuwanderern über weite Strecken unterdrückt – im "günstigsten" Fall wurde ihnen der "zivilisatorische Fortschritt" der westlichen Welt aufgedrückt – und ließ sie mit großen Problemen zurück. Man muss sich nur vorstellen, dass die Generation der Urgroßeltern vielfach noch in bestem Einklang mit der Natur gelebt, ihre Kleidung selber hergestellt, sich von Kängurufleisch und Beeren ernährt hat.
Die Schule in Darwin ist für manche Jugendlichen eine große Chance: Hier können sie einen Schulabschluss machen – und sie sind medizinisch versorgt. Und: Aborigines und weiße Australier werden hier teilweise gemeinsam unterrichtet.
Am ersten Tag helfe ich auf der Krankenstation: Der allgemeine Gesundheitscheck ist eine gute Möglichkeit, alle Kinder kennen zu lernen. Viele der Schüler sind neugierig, fragen ob ich schon mal Schnee gesehen habe und wie groß meine Familie ist. Andere sind eher schüchtern, trauen sich nicht mal mich anzuschauen. Die Krankenschwester erklärt mir, dass Aborigines lange brauchen, bis sie zu fremden Menschen Vertrauen fassen. Einem anderen Menschen in die Augen zu schauen ist für sie etwas sehr Persönliches. Nach einigen Wochen haben haben sich fast alle Kids an mich gewöhnt. Die Jüngsten sind mir am schnellsten ans Herz gewachsen. "Miss, you are my friend" rufen sie, "du bist meine Freundin", legen ihre Arme um mich und spielen mit meinen Haaren. Im Klassenzimmer bin ich erstaunt wie viel Wissen die jungen Aborigines mitbringen. Schriftlich rechnen, etwas lesen und schreiben können die meisten. Andere Dinge aus unserem westlichen Kulturkreis – wie einen Kalender – lesen, fallen ihnen jedoch schwer. Ihre unbedingten Stärken: Sport, Musik und Kunst. "Aboriginal art" ist in Australien – zum Beispiel – sehr begehrt.
Der erste Regen. Die Mangozeit. Weihnachten unter Palmen. Die Monate vergehen wie im Flug und ich genieße das Leben in Darwin. Tür an Tür leben wir mit den Kids. Morgens werden sie von uns geweckt, abends bringen wir sie ins Bett. Viele wertvolle Erfahrungen liegen dazwischen. Das Schönste ist, wenn sie mir von ihrem Leben im Busch erzählen.
Der Abschied rückt immer näher. "I wish you come back”, schreibt ein Mädchen in einem Abschiedsbrief. Allzu gerne würde ich zurückkommen, sehen was aus den Girls geworden ist. Und ich hoffe sehr, dass die Zukunft der Aborigines besser aussehen wird als die Gegenwart.
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