Neu im König
"Ein königlicher Tausch" : Menschenhandel bei Hofe
Eben haben Königinnen die Leinwand erobert ("The Favourite", "Maria Stuart"), jetzt folgen die Infanten: "Ein königlicher Tausch" erzählt vom historischen Prinzessinnen-Tausch von 1721.
Do, 28. Feb 2019, 20:00 Uhr
Kino
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Um seinem durch Kriege ausgebluteten Land Ruhe zu verschaffen und die Beziehung zu Spanien auf neue Beine zu stellen, schmiedete Philipp im Jahr 1721 Heiratspläne: Ludwig XV. sollte die kleine Maria Anna Victoria von Spanien kriegen und im Gegenzug ihr 14-jähriger Bruder Don Luis die älteste Tochter des Herzogs, die zwölfjährige Louise Elisabeth von Orléans. Spaniens König Philipp V. ist einverstanden, die Kinderhochzeit wird auf den Weg gebracht.
Die Übergabe der Mädchen, nachts auf der Ile des Faisans im Grenzgebiet zwischen Frankreich und Spanien, wird als Geiselaustausch mit Festgewändern und höfischen Zeremoniell inszeniert – eine groteske Szene. Louise Elisabeth, von Anamaria Vartolomei als vorpubertäre Rebellin verkörpert, tut in verzweifelter Rotzigkeit alles, um sich nicht einzufügen am spanischen Hof. Dem Gatten verweigert sie sich und geht lieber mit einer Zofe ins Bett (was damals übrigens nicht unbedingt Ausdruck sexueller Orientierung war, eher der Versuch, sinnliche Freuden ohne die Gefahr einer Schwangerschaft erleben zu können). Don Luis – Kacey Mottet Klein gibt ihn als linkisch liebenswerten Loser –, den seine schöne Frau schon erregt hat, als sie noch gar nicht da war, muss die Zurückweisung hinnehmen. Das Leben springt ohnehin nicht freundlich um mit ihm, dem kränkelnden, vielleicht inzestgeschädigten Sohn eines paranoiden Papas (Lambert Wilson zeigt Philipp V. als rasenden Exzentriker).
Kindheit
Igor Van Dessel zuzuschauen, wie er sich mit skeptischem Blick den König aus den weichen Kindergesichtszügen meißelt und ihn dann trotzig wieder abschüttelt, ist spannend und berührend. Geradezu hinreißend aber ist das Spiel der kleinen Juliane Lepoureau. Wie ihre Figur das Hofzeremoniell würdevoll befolgt und gleichzeitig seinen tristen Pomp mit Natürlichkeit und Witz umspielt, das würde man für eine Erfindung des Drehbuchs halten, hätten nicht schon die Zeitgenossen dieser Anna Maria Victoria eine verblüffende Wachheit, Klugheit und Liebenswürdigkeit bescheinigt. Die Kleine ist die Lichtgestalt am von Intrigen und Machtgebaren zerfressenen Hof. Und wenn sie der alten Liselotte von der Pfalz (Andréa Ferréol), die neben ihrer Gouvernante ihre einzige Vertraute ist, ein Geheimnis verrät, dann zerreißt es nicht nur der "princesse paladine" das Herz: Sie sage ja nur, es läge da ihr Sohn im Bett – in Wirklichkeit sei es eine Wachspuppe.
Nein, das Kind wird den Prinzen und seine Liebe, auf die sie hofft, nie kriegen: Ein Todesfall lässt den Doppeldeal platzen, die Prinzessinnen werden in die Kutschen gesetzt und zurückgefahren, über ihr weiteres Schicksal informiert der Abspann. Und wir haben einen prächtig ausgestatteten (Kostüme: Fabio Perrone), gefilmten (Gilles Porte) und orchestrierten (Marc Tomasi) Historienfilm gesehen. Der aber recht konventionell erzählt ist und leider für seine spannende Doppelgeschichte keine schlüssige Dramaturgie findet – stattdessen switcht er zwischen den Schauplätzen nur hin und her.
Die jungen Schauspieler aber machen den Film dennoch zum Ereignis. Sie zeigen die Folgen royalen Menschenhandels aus der Perspektive der Opfer: die gestohlene Kindheit.