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"Ein Boykott bringt nicht viel"

ZISCHUP-INTERVIEW mit Beraterin Karolin Stuke über die Vorteile und die Optik von fair gehandelter Kleidung.  

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Fair sind Kleider dann, wenn es auch die Bedingungen für die Arbeiterinnen in der Produktionskette sind. Foto: Piyal Adhikary (dpa)

Wir alle wissen, dass es besser ist, faire Kleidung zu kaufen. Trotzdem haben wir Billig-Shirts in unseren Kleiderschränken. Doch was genau macht ein faires T-Shirt aus? Und ist es wirklich so fair wie es immer dargestellt wird? Zischup-Schülerin Anna Heinrich aus der Klasse 9a des Grimmelshausen- Gymnasiums in Offenburg hat dazu Karolin Stuke befragt. Stuke arbeitet als CSR-Beraterin und Projektmanagerin bei der Karlsruher Agentur Arthen Kommunikation. CSR steht für "corporate social responsibility" und heißt übersetzt "soziale Verantwortung eines Unternehmens". Ab und zu hilft Stuke im Offenburger Weltladen Regentropfen aus.

Zischup: Was bedeutet es für den Käufer, ein faires Produkt zu kaufen?
Stuke: Um diese Frage zu beantworten, ist es wichtig, zunächst den Begriff "Fairer Handel" zu definieren. Wir im Weltladen orientieren uns hierbei an der Definition von der sogenannten World Fair Trade Organization, kurz WFTO, und der Fairtrade Labelling Organization International, der FLO. Fairer Handel ist danach eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt.
Zischup: Was heißt das ganz konkret?
Stuke: Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte für benachteiligte Produzentinnen und Produzenten sowie Arbeiterinnen und Arbeiter – insbesondere in den Ländern des Südens – leistet der Faire Handel einen Beitrag zu nachhaltiger Entwicklung. Faire Handelsorganisationen engagieren sich – gemeinsam mit Verbraucherinnen und Verbrauchern – für die Unterstützung der Produzentinnen und Produzenten, die Bewusstseinsbildung und die Kampagnenarbeit zur Veränderung der Regeln und der Praxis des konventionellen Welthandels. Ein faires Produkt ist also nach diesen Kriterien produziert.
Zischup: Was kostet ein faires T-Shirt in der Herstellung?
Stuke: Das kann man pauschal nicht beantworten, da ein T-Shirt aus ganz unterschiedlichen Materialien besteht und unterschiedlich designt hergestellt werden kann. Dies beeinflusst natürlich den Preis. Wenn man sich die Marken von fairer Kleidung anschaut, so kann man bereits ab etwa zehn Euro ein faires T-Shirt kaufen – das ist gar nicht so teuer. Meistens liegen die Preise zwischen 20 und 40 Euro.
Zischup: Was hingegen kostet ein Billig-Shirt in der Herstellung?
Stuke: Konventionell hergestellte T-Shirts können deutlich billiger sein, aber auch wesentlich teurer. Der Preis zeigt also nicht, ob ein T-Shirt fair hergestellt wurde oder nicht.
Zischup: Gibt es Länder, in denen die Konditionen für die Beschäftigten besonders schlimm sind?
Stuke: Besonders in Ländern des globalen Südens, wie zum Beispiel in Bangladesch oder Indien.
Zischup: Woran erkennt man, ob ein Kleidungsstück fair hergestellt wurde?
Stuke: Es gibt Siegel oder Zertifizierungen, die faire Kleidungsstücke kennzeichnen. Falls du kein Siegel an einem Kleidungsstück siehst, frag am besten im Einkaufsladen nach, ob es fair beziehungsweise nach welchen Kriterien es hergestellt wurde.
Zischup: Verkaufen Sie hier nur faire Kleidungsstücke?
Stuke: Ja. Wenn du im Weltladen einkaufst, kannst du sichergehen, dass alle Kleidungsstücke fair hergestellt wurden.
Zischup: Bringt es was, bestimmte Handelsketten einfach zu boykottieren.
Stuke: Ein Boykott bringt nicht viel. Es kann sogar negative Auswirkungen haben, weil dadurch die Produzenten und Produzentinnen in den Herstellungsländern ihre Arbeit verlieren können.
Zischup: Was dann?
Stuke: Wesentlich besser ist es, wenn man die konventionellen Handelsketten darauf aufmerksam macht und sie dazu auffordert, ihre Handelspraktiken fair und nachhaltig zu gestalten. Nachfragen ist dabei ein guter Ansatz. Online und im Laden kann man die Handelsketten fragen, ob sie etwa die Näherinnen und Näher fair bezahlen. Zudem ist es ratsam, immer zu hinterfragen, ob man ein Kleidungsstück wirklich kaufen muss. Wenn man etwas benötigt, dann sollte man versuchen, faire Kleidung zu kaufen. Mittlerweile gibt es jede Menge tolle, modische Kleidung, die fair hergestellt ist. Kleidungsstücke mit Freunden zu tauschen oder Second-Hand-Sachen einzukaufen, ist sogar noch nachhaltiger.

Karolin Stuke (29) ist bei Arthen Kommunikation für Nachhaltigkeitsprojekte des Drogerie-Marktes dm zuständig.

Ressort: Schreibwettbewerb Zischup

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Sa, 01. Februar 2020: PDF-Version herunterladen

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