Glosse
Ein Autogramm, noch dazu von einem Staatsoberhaupt - mehr geht fast nicht
Trost für Lindner & Co.: Die FDP hat in Schloss Bellevue letzthin etwas Rares ergattert – und eine alte Kulturtechnik bewahrt.
Di, 12. Nov 2024, 9:30 Uhr
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Nur kurz nachdem die Tinte von Frank-Walter Steinmeiers Unterschrift auf den Urkunden getrocknet ist, die Hände nicht besonders herzlich geschüttelt wurden und sich die Republik, ohne innezuhalten, weiter im Zank vereint zeigt, erreicht uns die nächste Nachricht vom Ende einer Ära – die, mit Verlaub, aber länger gedauert hat als jenes farbenfrohe politische Mit- und Gegeneinander der Berliner Ampel: das Ende des Autogramms. Tröstlich ist für die Herren Lindner und Buschmann (machten mal in Finanzen respektive Justiz) und die ebenfalls von Noch-Kanzler Scholz kaltgestellte Bettina Stark-Watzinger (machte mal in Bildung und Forschung) daher immerhin eines: Die drei von der FDP haben nach der Zeremonie im Schloss Bellevue etwas, was eben heutzutage immer rarer wird: besagtes Autogramm, noch dazu von einem Staatsoberhaupt. Mehr geht fast nicht.
Neben dem rationalen, an gemeinsamen Lösungen orientierten politischen Diskurs scheint eine andere jahrhundertelang erprobte Kulturtechnik, und dies ist die Nachricht der Deutschen Presseagentur, akut in Gefahr zu sein. Die Agentur zitiert einen gewissen Christian Bach, Vorsitzender des Clubs der Autogrammsammler, der seine Leidenschaft vom Zeitgeist bedroht sieht: "Das Autogramm stirbt aus. Klar tut das weh. Aber ich kann den Trend nicht aufhalten."
"Ein Selfie mit Steinmeier, das wollte in Bellevue, dem Ort der schönen Aussicht, an jenem Tag dann doch keiner."
Dabei galt die handgeschriebene Unterschrift mal was. Mit ihr wurden und werden Liebesbriefe, Rechtsgeschäfte, Dokumente und sogar Koalitions- und Friedensverträge signiert und damit gültig. Seit Märchenkönig Ludwig II., der damit begonnen haben soll, haben Stars und Sternchen unterschriebene Fotos unters dankbare Fan-Volk gebracht. Vorbei. In unseren Zeiten, da viele nicht mal mehr den eigenen Namen schreiben können, heißt es: "Schatzi, schenk mir ein Foto."
Ein Selfie mit Steinmeier, das wollte in Bellevue, dem Ort der schönen Aussicht, an jenem Tag dann doch keiner. Und das ist eigentlich die gute Nachricht dabei.
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