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Gesundheit

Ein Aktionsbündnis fordert mehr Unterstützung für Frauen in den Wechseljahren

Viele Frauen haben in den Wechseljahren Beschwerden. Doch noch immer ist das Klimakterium ein Tabu - und viele Ärzte kennen sich nicht gut aus. Das muss sich ändern, fordert das Aktionsbündnis "Wir sind neun Millionen".  

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Viele Frauen haben in den Wechseljahre... immer noch tabubehaftet (Symbolbild).  | Foto: Lightfield Studios (Adobe Stock)
Viele Frauen haben in den Wechseljahren Beschwerden - und das Thema ist immer noch tabubehaftet (Symbolbild). Foto: Lightfield Studios (Adobe Stock)

Mit einem Hashtag fing es an: #wirsind9millionen, so hatte es Miriam Stein bei Instagram gepostet. Gemeint sind die derzeit rund neun Millionen Frauen in Deutschland, die zwischen 40 und 55 Jahre alt und damit in der Phase der Wechseljahre sind. Stein hatte selbst schon mit Ende 30 Wechseljahresbeschwerden entwickelt und ein Buch darüber geschrieben. Im vergangenen Jahr hatte sie dann andere Frauen über das Internet aufgerufen, ihre Erfahrungen zu teilen.

Eine Woche zuvor war eine Gruppe von Frauen um Stein im Bundestag zu Gast gewesen. Die Abgeordneten Dorothee Bär (CSU) und Julia Klöckner (CDU) hatten sie zu einem "parlamentarischen Abend" zum Thema Wechseljahre eingeladen. Dort habe man "eine erste Annäherung zwischen Frauen in den Wechseljahren und der Politik angeschoben", so berichtete es Stein in einem Video bei Instagram.

Inzwischen ist aus all diesen Vorstößen ein Aktionsbündnis mit eigener Internetseite entstanden, das sich als "loser Verbund von Ärztinnen, Wechseljahrsberaterinnen, Apothekerinnen, Journalistinnen, Unternehmerinnen, Aktivistinnen und Influencerinnen" versteht. "Wir sind vierundzwanzig von neun Millionen, die gerade die Wechseljahre erleben", heißt es auf der Seite. Und weiter: "Wir haben es uns zum Ziel gesetzt, die Wechseljahre gesellschaftlich zu enttabuisieren, für den Arbeitsplatz zu thematisieren und auf die gesundheitspolitische Agenda zu setzen."

Menopause als Karrierekiller?

Die Unternehmerin, Aktivistin und Buchautorin Anke Sinnigen ist Teil von "Wir sind neun Millionen", sie war auch bei den inzwischen schon zwei Besuchen im Bundestag dabei. Es sei sehr motivierend gewesen und habe die Initiative so gestärkt, dass dort weit mehr als 100 Frauen zusammenkamen, sagt sie. "Es ging uns darum, Politikerinnen erst einmal darüber aufzuklären, worum es hier überhaupt geht", so Sinnigen. Dass die Wechseljahresbeschwerden gesellschaftlich ignoriert würden, sei auch ein volkswirtschaftlicher Faktor. Weil es dadurch zu Fehlzeiten kommt, die sich vermeiden ließen. Laut einer Studie kann es zudem der Karriere von Frauen schaden, wenn sie in dieser Phase keine Unterstützung im Job erfahren. Das ist bislang nur selten der Fall und einer der Punkte, den "Wir sind neun Millionen" kritisiert.

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Ärztinnen und Ärzte müssen mehr über die Menopause wissen, fordern die Aktivistinnen (Symbolbild). Foto: Mariakray (Adobe Stock)

Ein weiteres Problem sehen Sinnigen und die anderen Aktivistinnen darin, dass das Thema im Medizinstudium nicht ausreichend behandelt wird und Frauen daher ärztlich kaum angemessen beraten werden. "Es gibt keine standardmäßige Beratung und es findet bei Weitem nicht genug Ausbildung statt, dafür, dass es die Hälfte der Bevölkerung betrifft. Wir wollen, dass die Wechseljahre ein fester Bestandteil im Medizinstudium werden", sagt Sinnigen. Wichtig sei, dass nicht nur Gynäkologen und Gynäkologinnen Bescheid wüssten, sondern auch andere medizinische Fachrichtungen. Viele Frauen suchten wegen Gelenkschmerzen in den Wechseljahren zuerst eine orthopädische Praxis auf. Zudem gebe es in der Phase der Wechseljahre die höchsten Verschreibungsraten an Antidepressiva. Was laut Sinnigen an nicht richtig diagnostizierten und behandelten Hormonschwankungen liegen könnte.

In den Jahren rund um die letzte Monatsblutung, der Menopause also, treten bei etwa zwei Dritteln aller Frauen Symptome auf. Typische hormonell bedingte Beschwerden sind Hitzewallungen mit Schweißausbrüchen sowie Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Gewichtszunahme und Scheidentrockenheit. Es kann auch zu Gelenkschmerzen und Blutdruckschwankungen kommen. Bei anderen Beschwerden wie depressiver Verstimmung oder Konzentrationsschwierigkeiten ist nicht eindeutig geklärt, ob und zu welchem Anteil sie hormonell bedingt sind. Sie könnten auch die Folge der Schlafstörungen sein.

Zudem fallen die Wechseljahre mit einer Lebensphase mit oft schwierigen Ereignissen zusammen, in der die Kinder das Haus verlassen oder vielleicht die eigenen Eltern sterben oder Ehepaare sich trennen.

Es braucht Früherkennung - und mehr Informationen für Frauen

Neben Unterstützung für Frauen in den Wechseljahren am Arbeitsplatz und einer besseren Ausbildung über die Wechseljahre im Medizinstudium hat die Initiative noch weitere Forderungen aufgestellt. Sie setzt sich dafür ein, dass die Früherkennung und Vorsorge im Bereich der Frauengesundheit in den Präventionskatalog des Gesundheitsministeriums aufgenommen wird: mit dem Schwerpunkt auf die Wechseljahre. Außerdem fordert die Initiative mehr Forschung in diesem Bereich und eine bessere Aufklärung von Frauen. So schlagen die Aktivistinnen vor, Frauen ab 35 in Rundschreiben über die möglichen Symptome durch den veränderten Hormonspiegel zu informieren und auf verschiedene Behandlungsansätze wie Ernährung, Sport, kognitive Verhaltenstherapie oder eine Hormontherapie hinzuweisen. Allen Frauen ab 35 sollte außerdem ein kostenfreies Beratungsgespräch durch eine geschulte, medizinische Person angeboten werden.

"Wir wollen, dass die Wechseljahre ein fester Bestandteil im Medizinstudium werden."Anke Sinnigen,Aktivistin und Unternehmerin

Andere Länder, darauf verweist Sinnigen, seien beim Umgang mit den Wechseljahren bereits weiter. Etwa Großbritannien, wo die Forschung zu Wechseljahressymptomen und deren Behandlung staatlich gefördert werde. Zudem haben dort viele große Unternehmen die Selbstverpflichtung unterzeichnet, aktiv Mitarbeiterinnen mit Wechseljahresbeschwerden zu helfen.

Ende September stellte die CDU/CSU im Bundestag den Antrag, eine "nationale Menopausenstrategie nach internationalem Vorbild" zu beschließen. Diese soll viele Maßnahmen enthalten, die auch die Aktivistinnen fordern. "Jetzt hoffen wir natürlich, dass der Antrag auch Erfolg haben wird", sagt Anke Sinnigen. Sie und die anderen Aktivistinnen haben ihre Followerinnen aufgerufen, ein vorformuliertes Schreiben an deren jeweilige Abgeordnete zu schicken, damit diese den Antrag unterstützen. Darin heißt es, die Gesellschaft profitiere von "gesunden, erfahrenen Frauen" im Beruf. Man könne es sich nicht leisten, diese zu verlieren. Und sei es auch nur in Teilen.

Die vier Phasen der Wechseljahre
  • Prämenopause: Bei vielen Frauen können sich um das 40. Lebensjahr herum Symptome der Prämenopause bemerkbar machen, wenn es bei ihnen zu ersten hormonellen Veränderungen kommt. Es treten meist noch Monatsblutungen auf, diese können aber unregelmäßiger werden. Auch kann es vermehrt zu Wassereinlagerungen mit Gewichtszunahme oder Stimmungsschwankungen kommen.
  • Perimenopause: Als Perimenopause werden die Jahre rund um die letzte Regelblutung bezeichnet. In dieser Phase treten häufiger Beschwerden auf und diese sind stärker ausgeprägt. Die Eierstöcke produzieren immer weniger Östrogen, bis sie die Produktion komplett einstellen. Typische hormonell bedingte Beschwerden in dieser Phase sind Hitzewallungen mit Schweißausbrüchen, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen, Gewichtszunahme und Scheidentrockenheit. Es kann auch zu Gelenkschmerzen und Blutdruckschwankungen sowie Konzentrationsstörungen kommen.
  • Menopause: Als Menopause wird das Auftreten der letzten Monatsblutung bezeichnet. Dieses kann erst im Nachhinein definiert werden. Sind ein Jahr lang keine Periodenblutungen mehr aufgetreten, geht man davon aus, dass die Menopause bereits eingetreten ist.
  • Postmenopause: Die Zeit nach dem Auftreten der letzten Monatsblutung wird auch als Postmenopause bezeichnet. Typische Wechseljahresbeschwerden klingen üblicherweise wieder ab. Allerdings kommt es hormonell bedingt zu einer Abnahme der Knochendichte, das Risiko für Osteoporose steigt.

Ressort: Gesundheit & Ernährung

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