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Studie

Die Wirtschaftskraft der Fußball-Bundesliga wächst

Der deutsche Fußball boomt: Laut einer Studie ist die Wertschöpfung von erster und zweiter Liga seit 2008 um 55 Prozent gewachsen; zehnmal so schnell wie die deutsche Gesamtwirtschaft.  

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Auch DFB-Kapitän Bastian Schweinsteiger (Mitte) mischt jetzt im Milliardenspiel auf der Insel mit. Foto: afp
Die global operierende Beratungsagentur McKinsey ist bestimmt nicht für einen sozialromantischen Ansatz bekannt. Insofern hat Christian Seifert herzhaft geschmunzelt, als die Macher einer neuen Studie über die wirtschaftliche Bedeutung des deutschen Profifußballs die Wachstumschancen unter dem Aspekt eines "Fußball-Romantikers" ermittelt hatten, bei dem weder die Sportschau komplett abgeschafft, der Spieltag total zersplittert oder die Eintrittspreise exorbitant erhöht werden.

Somit könnte die Bundesliga bis 2020 aus der Substanz heraus um weitere 35 Prozent wachsen. "Die Bundesliga hat im Dreiklang aus Sport-Wirtschaft-Gesellschaft eine spezielle Position. Die DFL und die Klubs können stolz sein, was geleistet worden ist", meinte Seifert, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Deutschen Fußball-Liga (DFL), der genüsslich den am Dienstag vorgestellten Ergebnissen lauschte.

Demnach ist die Wertschöpfung von erster und zweiter Liga seit 2008 um 55 Prozent auf stolze 7,9 Milliarden Euro gewachsen; zehnmal so schnell wie die deutsche Gesamtwirtschaft. Thomas Netzer als Autor der unabhängigen Studie stellte heraus, dass jeder 350. in Deutschland erwirtschaftete Euro im Zusammenhang mit dem "Wachstumsmotor" Profifußball stehe, der mittlerweile mehr zum Bruttoinlandsprodukt beitrage als der zivile Luftverkehr oder die Textil- und Modebranche.

110 000 Arbeitsplätze, 55 Prozent Wachstum

110 000 Vollzeitarbeitsplätze würden geschaffen – vom Security-Angestellten bis zum Gastronom der Vereinsgaststätte. "Fußball besteht aus mehr als nur den Millionären in kurzen Hosen", merkte Seifert süffisant an. Wesentlicher Profiteur der boomenden Branche ist der Staat, der nach Abzug aller Kosten – auch für Polizeieinsätze – immer noch 2,3 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben übrig behalte. Ein ordentlicher Batzen.

Gleichwohl hat die DFL ja vernommen, dass in vielen Vereinen vor dem Startschuss in die neue Bundesliga-Saison nicht über prächtige Perspektiven, sondern fremde Bedrohungen debattiert wird. Muss sich der deutsche Fußball eingedenk des englischen Großangriffs fürchten? "Die Klubs werden entscheiden müssen, ob wir für noch mehr Wachstum andere Maßnahmen brauchen. Wachstum kann aber nicht sein, alle drei Jahre nur über einen neuen Fernsehvertrag zu reden", betonte Seifert, dem die Diskussion ob der wahnwitzigen Fernseherlöse aus der Premier League zu eindimensional geführt wird. "TV-Verträge sagen per se noch nichts über die Stärke einer Liga aus. In England geht es um die Zahlungsfähigkeit zweier konkurrierender Unternehmen."

Tatsächlich hat das Wettbieten zwischen dem florierenden Pay-TV-Sender Sky mit seinen zehn Millionen Abonnenten und dem ehemaligen Staatsunternehmen British Telecom die Preise in surreale Dimensionen getrieben. Dadurch kassiert die Premier League aus ihrem neuen Dreijahresvertrag ab 2016/2017 pro Saison umgerechnet allein 2,3 Milliarden Euro aus der Inlandsvermarktung. Hinzu kommen mindesten 800 Millionen Euro aus der Auslandsverwertung. Zum Vergleich: Die DFL wäre schon froh, wenn sie bei der im nächsten Jahr anstehenden Rechtevergabe für die Saison ab 2017/2018 die Schallmauer von einer Milliarde Euro jährlich durchbricht.

Das wird schwierig genug. Die besten Wachstumsperspektiven verheißt das Ausland, wo Merchandising oder TV-Vermarktung auch nach Ansicht von McKinsey gewiss nicht ausgereizt sind. Seifert: "Da liegt jede Menge Potenzial. Dies gilt es zu heben." Doch zuvor werde England den Markt in Deutschland verändern – davon ist Heribert Bruchhagen überzeugt. Der Vorstandschef von Eintracht Frankfurt, kritischer Begleiter der zunehmenden finanziellen Schieflage, sagt: "In zwei drei Jahren wird sich das englische TV-Geld verteilt haben. Die Flut hebt alle Boote." Ergo werden Ablösen, Vertragsangebote, Gehaltsetats nach oben schnellen, "diese Jahr hat das auf uns noch keine gravierenden Auswirkungen".

Vor allem Bayern-Boss Karl-Heinz Rummenigge hat wahre Horrorszenarien entworfen. Es missfällt ihm, dass die Queens Park Rangers vergangene Saison als Premier-League-Letzter 36 Millionen Euro mehr TV-Einnahmen kassiert haben als der deutsche Meister aus München. Die Bundesliga müsse aufpassen, dass die Premier League nicht alles leer kaufe: "Die Engländer überholen uns gerade links und rechts was TV-Gelder, Marketing und Transferaktivitäten angeht." Aber ist die Befürchtung wirklich berechtigt?

Wenn der FC Liverpool für den Hoffenheimer Roberto Firmino sagenhafte 41 Millionen Euro ausgibt oder Leicester City für den Mainzer Shinji Okazaki noch zehn Millionen Ablöse hinblättert, kann darin auch eine Chance liegen. Der Mainzer Manager Christian Heidel behauptet trotzig, keine Angst vor England zu haben. "Der Plan muss sein, viel Geld aus England nach Deutschland zu holen und trotzdem wettbewerbsfähig zu bleiben."

Zwischen den Polen Rummenigge und Heidel verortet sich Seifert. "Beide haben ein bisschen Recht." Der 46-Jährige glaubt, dass es zum einen selbst für spanische Topklubs schwierig werden könnte, den Kader demnächst zusammenzuhalten ("sogar Real Madrid schwitzt wegen Cristiano Ronaldo"), zum anderen sei die englische Premier League mit jetzt schon fast 70 Prozent Legionären unter 548 Profis aber kein unbegrenztes Sammelbecken. "Auch die Premier League hat nur drei feste Starter für die Champions League."

Talentierte Spieler mit sportlichen Ambitionen könnten auch in der Bundesliga eine gute Entwicklung nehmen. Seifert: "Und wie hat Jürgen Klopp gesagt: Auch hier wird nicht mit Erdnüssen bezahlt."

Ressort: 1. Bundesliga

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