Naturschutz

Die Population der mexikanischen Monarchfalter schrumpft

Millionen Monarchfalter fliegen jährlich zum Überwintern nach Mexiko – doch seit kurzem brechen die Bestände dramatisch ein .  

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Zutraulich: die Monarchfalter Foto: Sandra Weiss

VALLE DE BRAVO. Jedes Jahr kommen sie zu Millionen angeflattert, um in Zentralmexiko zu überwintern. Das lautlose Spektakel der Monarchfalter zieht Naturliebhaber und Urlauber immer wieder aufs Neue in seinen Bann – doch nun schrumpft die Population dramatisch.

Jorge Hernández hat nicht viel zu tun an diesem sonnigen Wintersonntag im Hochland von Mexiko. "Früher war am Wochenende die Hölle los", murmelt der 19-jährige Touristenführer und setzt behende einen Fuß vor den anderen, während seine sechsköpfige Wandertruppe nach dem einstündigen, steilen Anstieg im sandigen Waldboden auf 3000 Metern Höhe schwer atmet. Doch dann tauchen die ersten orangebraunen Schmetterlinge auf, und die Mühe ist vergessen. In kapriziösem Zickzack fliegen sie über die Wipfel. Ein paar hundert Meter weiter hängen ganze Trauben der Monarchfalter an den Ästen, Tausende flattern zu den Wasserstellen, setzen sich auf Köpfe und Anorakjacken. Wenn man ganz leise ist, hört man ihr Flügelschlagen.

Das Schauspiel ist einmalig. Die Falter leben im Sommer in Nordamerika und machen sich im Herbst auf eine mehrere tausend Kilometer lange Reise Richtung Mexiko. Es ist die zweitlängste Insektenmigration nach der der afrikanischen Libelle. Keine Generation macht die Reise zweimal, dafür ist die Lebensdauer der Falter zu kurz. Die Route ist aber auf geheimnisvolle Art ins kollektive Gedächtnis eingebrannt.

Doch die Monarchfalter werden immer weniger, und in diesem Winter klingelten die Alarmglocken noch lauter, denn die Ankunft der Schmetterlinge verzögerte sich um fast drei Wochen. "Normalerweise kann man die ersten am Totensonntag sehen", erzählt Hernández, ein Bauernsohn, der sich als Schmetterlingsführer ein Zubrot verdient und jetzt um seine Einkunftsquelle bangt.

Nach Schätzungen der Umweltschutzorganisation WWF hat sich die Zahl der Schmetterlinge in diesem Winter erneut um 43,7 Prozent verringert – nach einem Rückgang um 60 Prozent im Vorjahr. Der Bestand ist damit auf einem Tiefststand seit Beginn der Zählung im Jahr 1993. Damals umfasste ihr Winterquartier noch mehr als 18 Hektar, verteilt auf zwei Bundesstaaten und ganz bestimmte Waldstücke, in denen Oyamel-Nadelbäume wachsen. Heute ist die Fläche gerade noch 0,67 Hektar groß, und Omar Vidal vom WWF fürchtet, dass bei anhaltender Tendenz das Naturschauspiel bald ganz zum Erliegen kommen könnte.

Der Rückgang ist dramatisch, aber nicht überraschend. Seit Jahren schrumpft die Zahl der Schmetterlinge stetig, so der Forscher Chip Taylor von der Universität Kansas. In den 90er Jahren stand vor allem Mexiko wegen mangelnder Schutzmaßnahmen am Pranger. Die Holzmafia zerstörte nahezu unbehelligt die Oyamel-Wälder. Nach internationalem Druck legte die Regierung jedoch ein großes Schutzprogramm auf. Seither ist der Holzeinschlag zurückgegangen.

Doch nun liegt das Problem offenbar im Norden. Der WWF machte den Einsatz von Pestiziden im Stammland der Schmetterlinge rund um die großen Seen in den USA und Kanada dafür verantwortlich. In der Kornkammer werden laut Taylor mehr als vier Millionen Hektar gentechnisch veränderter Mais und Soja angebaut. Derart riesige Monokulturen erforderten einen enormen Einsatz des Herbizids Glyphosat zur Schädlingsbekämpfung. Dadurch würden die Seidenpflanzen absterben, von denen sich der Schmetterling hauptsächlich ernährt. Hinzu kämen extreme Klimaschwankungen in Kanada und den USA, so der WWF. Das Schwinden der Monarchfalter sei nicht konjunkturell, sondern eine langfristige Tendenz. "Der Schutz der Falter obliegt allen drei Ländern. Mexiko hat seine Aufgabe erledigt, ein Schutzgebiet errichtet und die Abholzung praktisch gestoppt. Nun müssen auch die USA und Kanada ihren Teil beitragen", so Vidal.

Dabei geht es nach Ansicht von Taylor nicht nur um den Schutz des Monarchfalters, sondern generell um den Verlust bestäubender Insekten, was sich negativ auf die Biodiversität auswirke. Der mexikanische Umweltschützer Homero Ardjis forderte US-Präsident Barack Obama auf, etwas zum Schutz der Schmetterlinge zu unternehmen. "Kanada und die USA haben die Schuld auf Mexiko geschoben, aber jetzt sind sie an der Reihe", sagte Ardjis.

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