"Die Leute haben alles liegen lassen"
ZISCHUP-INTERVIEW mit Alexander Scheibel, der 1986 als Hubschrauberpilot bei der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl dabei war.
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Die ukrainische Stadt Tschernobyl ist das Synonym für die größte Katastrophe in der Geschichte der Kernenergie-Nutzung. Vor 31 Jahren kam es in dem Atomkraftwerk dort zu einer Kernschmelze. Ein Reaktor flog in die Luft und die nukleare Wolke zog bis nach Europa. Alexander Kuderkin, ein Schüler der Klasse 8d des Kollegs St. Sebastian in Stegen, interviewte Alexander Scheibel, der bei der Nuklearkatastrophe im Jahre 1986 in Tschernobyl dabei war. Er schildert seine Erlebnisse.
Scheibel: Das war 1986, am 26. April, da war die Explosion des Reaktors. Ich war 26 Jahre alt.
Zischup: Was haben Sie dort denn zu der Zeit gemacht?
Scheibel: Ich war Hubschrauberpilot und Oberstleutnant der russischen Streitkräfte.
Zischup: Was genau ist in der Nacht vom 25. auf den 26. April 1986 passiert?
Scheibel: In dem Reaktor haben sich die Uranstäbe langsam überhitzt. Die Piloten mussten den Reaktor mit Sand und Blei zudecken, damit sich die Strahlen nicht überall verbreiten konnten, doch die Uranstäbe schmolzen und erreichten das Wasser, das unter dem Reaktor war. Die Männer mussten in das Werk hineingehen, sie pumpten das ganze Wasser ab. Das flüssige Uran schmolz immer mehr durch den Boden, bis es bald das Wasser unter der Erde erreichte. Wenn das passieren sollte, würde das ganze Wasser radioaktiv verseucht sein. Damit das nicht geschah, grub man einen Tunnel und füllte ihn mit Beton. Doch das war nicht alles, die ganzen Uranreste, die auf dem Dach des Gebäudes lagen, mussten entfernt werden. Dann versuchte man es mit Robotern, doch die gingen nach einer Zeit wegen der Radiation, also der Strahlung, kaputt.
Zischup: Und wie ging es danach genau weiter?
Scheibel: Dann mussten die Soldaten in Anzügen aufs Dach gehen und den Schutt mit den Schaufeln wegräumen, doch sie durften nur maximal 40 Sekunden dort oben bleiben, denn sonst wären sie so verstrahlt worden, dass sie gestorben wären. Dann haben die Wissenschaftler eine Plattform gebaut, wo das ganze Uran dran klebte. Die Plattform wurde von einem Hubschrauber zu dem Reaktor und wieder zurückgebracht. Dies rettete sehr viele Menschenleben und die Radiation verbreitete sich nicht mehr so stark weiter. Doch diese ganzen Operationen dauerten mehrere Tage. In dieser Zeit erreichte die Radiation eine Zone von rund 30 Kilometern.
Zischup: Was haben Sie bei dieser Operation gemacht, was war Ihre Aufgabe?
Scheibel: Meine Aufgabe war es, mit dem Hubschrauber den Reaktor mit den vorhin erwähnten Materialien zu bedecken. Man wollte so verhindern, dass sich die Strahlung weiter ausbreitet. Der Reaktor hat ja enorm gestrahlt und der ganze Wind hat die Radioaktivität über ganz Europa verbreitet. Sogar in Afrika wurde die Radioaktivität gemessen.
Zischup: Wie haben Sie sich damals gefühlt?
Scheibel: Ja wie kann man sich in so einer Situation fühlen. Ich sage mal so, dass in dieser Zone damals sehr viel Unglück war. Sie haben die Leute evakuiert von dem Ort. Die Leute haben alles liegen gelassen, ihre Haustiere, ihre Kleider einfach alles. Es waren ganz schrecklich Tage.
Kommentare
Kommentarbereich ist geschlossen.