Kino

Die Komödie Fack Ju Göhte 2 läuft an

NEU IM KINO: Bora Dagtekins "Fack Ju Göhte 2" greift auf eine bewährte Infrastruktur zurück.  

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Problemschülerin Chantal (Jella Haase)... erfolglos an ihrer Youtube-Karriere.   | Foto: Constantin
Problemschülerin Chantal (Jella Haase) arbeitet in Thailand erfolglos an ihrer Youtube-Karriere. Foto: Constantin
7,3 Millionen Kinozuschauer kürten Bora Dagtekins "Fack Ju Göhte" vor zwei Jahren zum vierterfolgreichsten deutschen Film seit Beginn der Besucherzählung. Am Anfang war es vor allem die Zielgruppe der Teenager, die die Schulhofkomödie für sich entdeckte. Aber mit jeder Woche zog der Film weitere Kreise, lockte Eltern und ganze Familien ins Kino und entwickelte sich sogar unter Lehrern zum heimlichen Kultfilm.

Das Erfreuliche an diesem Erfolg war, dass der Film keine dieser durchkalkulierten deutschen Komödien war, die es allen recht machen wollen und im nett-langweiligen Mittelmaß verdümpeln. "Fack Ju Göhte" war ein ungehobeltes, originelles Stück Kino, das weit weg von jeglichen Kunstansprüchen einfach nur Spaß machen wollte. Der Plot, der einen Ex-Knacki als Lehrer auf eine Gesamtschule schickte, weil unter der Turnhalle die Beute seines letzten Bruchs versteckt lag, war wie in den meisten guten Komödien eher vernachlässigbar.

Seinen Drive bezog "Fack Ju Göhte" aus seiner Liebe zum sozialen Detail und einer Sprache, die den Slang auf den Schulhöfen mit all seinen grammatikalischen Fehlstellungen kunstvoll überhöhte. One-Liner wie "Chantal, heul leiser!" oder "Herr Müller, Sie sind ein Geisterkranker" arbeiteten sich ihren Weg ins ewige Zuschauergedächtnis und wurden nicht nur auf den Schulfluren zitierfähig. Gerade im deutschen Kino scheiterten schon viele Versuche sich der Jugendsprache anzubiedern. Bora Dagtekin überzeugte durch seine verbale Nähe dazu und einen freien, kreativen Umgang mit der sozialen Realität. Sein harter, aber herzlicher Blick schonte die Assi-Jugendlichen aus der 10b der "Goethe Gesamtschule" nicht, ohne die Loyalität zu den Figuren je infrage zu stellen.

Dass der Film seine Charaktere bei aller Zurschaustellung ihrer Schwächen liebt, wird im zweiten Teil nun noch deutlicher. Sicherlich merkt man dieser Fortsetzung an, dass sie, vom Überraschungserfolg angetrieben, mit heißer Nadel gestrickt wurde. Die Idee, die Schulhof-Chaoten auf Klassenfahrt zu schicken, ist ein wenig zu naheliegend. Dafür wirkt das Reiseziel Thailand zunächst etwas exotisch. Aber der Südostasien-Trip dürfte wohl dem Umstand geschuldet sein, dass Dagtekin hier schon die Kinoversion von "Türkisch für Anfänger" gedreht hat und auf eine bewährte Infrastruktur zurückgreifen konnte.

Insgesamt ist dieser

zweite Teil ein recht

gelungener Balanceakt

Das Drehbuch schickt die Umwelt-AG auf Geheiß der ehrgeizigen Direktorin Gudrun Gerster (Katja Riemann) nach Thailand, um dort mit internationalem sozialem Engagement zu punkten und die verrufene Gesamtschule im innerstädtischen Ranking nach oben zu bringen. Aber Zeki Müller (Elyas M’Barek) hat seine eigenen Gründe für die Klassenfahrt. Ein Beutel mit Diamanten hat sich mit einer Stofftierspende nach Thailand verirrt. Die Diebesbeute eines Knastkumpels soll als Finanzkapital für einen beruflichen Neuanfang dienen. Denn das Lehrerdasein, die Schüler und das frühe Aufstehen nerven den neuen Kollegen schon nach wenigen Monaten. Erneut muss sich Zeki zwischen einer kriminellen und einer pädagogischen Karriere entscheiden, womit die Grundmotivation des ersten Teil eins zu eins übernommen wird.

Nach der etwas ungelenken Handlungseinführung startet der Film mit dem Landeanflug auf Bangkok richtig durch. Vom Saufgelage im Strip-Club über das Schrotten eines Motorbootes bis zu einer bekifften Bibi&Tina-Persiflage auf dem Rücken zweier Elefanten lassen die Gesamtschulchaoten kaum etwas aus. Nebenbei sorgt ein Wettstreit mit einer Gesandtschaft des verfeindeten Schiller-Gymnasiums für Turbulenzen und eine Tsunami-Waisenkinder-Gang für unerwartete Betroffenheit und soziales Engagement. Zusammengehalten wird die dramaturgische Loseblattsammlung erneut von der frotzeligen Dialoggewalt Dagtekins, der wiederum aus dem großmäuligen Jugendslang eine ganz eigene Poesie entwickelt.

Ganz groß kommt in der Fortsetzung Publikumsliebling Chantal zur Geltung, die einsehen muss, dass sie doch nicht zu den Hochbegabten gehört und nun von einer Karriere als Youtube-Star träumt. Dass sich eine bildungsferne Assi-Braut im Pimkie-Outfit derart in die Herzen des Publikums spielt, ist eine Leistung des Films und der fabelhaften Jella Haase, die man nicht unterschätzen sollte. Ihre Figur wird im zweiten Teil nicht nur mit originellen Sprüchen, sondern auch mit familiären Hintergrundinformationen ausgebaut. Und das gilt auch für den Rest Problemschülerschaft, die nicht nur im Partymodus über die Leinwand steppt, sondern sich auch emotional öffnen darf.

Wenn Lehrer Müller heimlich an die Eltern eine SMS schreibt, findet Dagtekin sogar den Mut und vor allem auch den richtigen Ton für familiäre Sentimentalitäten. Insgesamt ist dieser zweite Teil ein recht gelungener Balanceakt. Einerseits holt er seine Fanbasis mit bewährtem Handlungsmuster, liebgewonnenen Charakteren, exotischer Location und ein wenig Action direkt vor der Haustür ab; auf der anderen Seite entwickeln sich die Figuren innerhalb der engen Genregrenzen und dürfen zwischen qualifiziertem Herumgeblödel auch mal ein wenig Gefühl zeigen.

"Fack Ju Göhte 2" (Regie: Bora Dagtekin) läuft ab Donnerstag.

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