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"Die Chirurgie ist ein großes Fach"

  • Jakob Eucker, Klasse 4, , 8197;b &

  • Sa, 22. Juni 2013
    Zisch-Texte

     

ZISCH-INTERVIEW mit dem Chirurgen Dr. Dietmar Eucker, der über die Vor- und Nachteile seines Berufs spricht.

Wörtlich übersetzt ist ein Chirurg ein „Handarbeiter“ oder auch ein „Handwerker“. Foto: dpa
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Der Vater von Viertklässler Jakob Eucker heißt Dietmar Eucker. Genauer gesagt: Dr. Dietmar Eucker. Denn er ist Chirurg und arbeitet in der Schweiz im Kantonsspital Baselland Bruderholz. Was seinen Beruf so interessant macht und ob er auch noch Zeit für Hobbys hat – das fragte ihn Jakob im Interview.

Zisch: Dr. Eucker, wie sind Sie auf die Idee gekommen, Arzt zu werden?
Eucker: Eigentlich wollte ich Kunst und Philosophie studieren. Da man damit aber keinen richtigen Beruf erlernt, habe ich mich für etwas Vernünftiges entschieden. Zunächst hatte ich einen Studienplatz für das Lehramt in Kunst und Englisch, bekam aber eher unerwartet auch eine Zulassung zum Medizinstudium. Medizin kam meinen naturwissenschaftlichen und psychologischen Interessen am nächsten.

Zisch: Wollten Sie von Anfang an in die Chirurgie?
Eucker: Nein. Ich habe meine Doktorarbeit in der psychoanalytischen Psychosomatik geschrieben. Das ist ein Fach, das sich mit den körperlichen Auswirkungen seelischer Leiden befasst. Anschließend wollte ich etwas ganz anderes machen und bin in der Chirurgie gelandet.

Zisch: Was macht Ihren Beruf so interessant?
Eucker: Er ist sehr abwechslungsreich, da die Chirurgie ein großes Fach ist, bei dem man oft mit fast allen anderen medizinischen Bereichen zu tun hat. Man wird nicht zum reinen Spezialisten, der nur einen kleinen Teilbereich bearbeitet. Außerdem ist Chirurgie sehr aufregend, da es oft darauf ankommt, dass man die richtige Entscheidung zur richtigen Zeit trifft und dann auch richtig in die Tat umsetzt.

Zisch: Was gefällt Ihnen besonders an Ihrem Beruf?
Eucker: Dass er so interessant ist. Und dass man ohne Zweifel etwas sehr Nützliches tut. Dass er abenteuerlich sein kann. Man wird nicht Chirurg, wenn man etwas Ruhiges und Sicheres sucht. Momentan gefällt mir auch besonders, dass wir am Bruderholzspital modernste Operationsmethoden entwickeln, von denen ich bis vor Kurzem selbst nicht mal geglaubt habe, dass sie durchführbar sind.
Zisch: Was ist für Sie an Ihrem Beruf besonders schwierig?
Eucker: Dauernd die Verantwortung für Leben und Gesundheit meiner Patienten zu haben und dabei manchmal rund um die Uhr im Einsatz sein zu müssen. In regelmäßigen Abständen bin ich sogar mehrere Tage im Hintergrunddienst. Das ist ein Dienst, bei dem man nachts und am Wochenende nicht dauernd im Spital anwesend sein muss, aber bei Fragen oder Problemen von den Kollegen, die den Hausdienst machen, angerufen wird. Das ist immer besonders aufreibend.

Zisch: Wo und wie finden Sie Ausgleich zur beruflichen Belastung?
Eucker: Zum Glück habe ich eine nette Familie, auf die ich mich abends immer freue. Außerdem habe ich eine Frau, die aus eigener Erfahrung weiß, wie es sich in der Chirurgie arbeitet. So habe ich manchmal Freiraum für Sport, dann gehe ich Fahrradfahren. Ich brauche den Sport, um gesund zu bleiben.

Zisch: Was gefällt Ihnen nicht an Ihrem Beruf?
Eucker: Dass unsere Arbeit aufgrund politischer Entscheidungen von Sparmaßnahmen beeinträchtigt wird und immer mehr das Geld und nicht der Mensch im Vordergrund steht. Das verdirbt viel. Dass sich manche Patienten als Kunden und nicht als Patienten verstehen und sich benehmen, als wären sie bei Karstadt. Die haben den Unterschied zwischen einer heiklen medizinischen Behandlung und einer Shoppingtour nicht verstanden.

Zisch: Bleibt Ihnen Zeit für Hobbys und Familie?
Eucker: Schon, aber oft deutlich weniger als bei Familienvätern mit einer 38,5-Stunden-Woche.

Zisch: Was wäre für Sie eine Alternative zum Arztberuf gewesen?
Eucker: Ich wäre beinahe Lehrer geworden. Ich komme aus einer Lehrerfamilie. In Witten war ich Dozent an der Krankenpflegeschule. An den Reaktionen meiner Klassen habe ich gesehen, dass sie gerne bei mir Unterricht hatten.

Zisch: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Eucker: Mehr Vernunft und weniger Streben nach Gewinn im Gesundheitswesen. Dass ich meinen Beruf gesund bis zur Pensionierung überstehe. Dass meine derzeitige Abteilung von den schädlichen Einflüssen der Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen nicht noch mehr unter Druck gerät. Dass ich weiter mit meinem sympathischen Chefarzt zusammenarbeiten kann und dass wir noch viele gute Ideen haben.

Ressort: Zisch-Texte

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