Sachbuch
„Der Geschmack von Laub und Erde“: Wenn der Mensch zum Tier wird
Charles Foster beschreibt in "Der Geschmack von Laub und Erde" seinen Versuch, wie ein Stadtfuchs oder ein Otter zu leben.
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Der gelernte Tierarzt und Jurist Foster, der in Oxford Hochschuldozent für Ethik und Rechtsmedizin ist, hoffte schon in seinen Kindheitsträumen, "als Amsel geboren zu werden". Als Erwachsener will er die Welt nun zumindest aus den Blickwinkeln von Dachs und Co. betrachten: "Weg mit den Klamotten und her mit den Instinkten!" Als Dachs frisst er artgerecht Regenwürmer. Er buddelt mit bloßen Händen einen Bau in den Waldboden, schläft darin auf einem Farnbett und unternimmt Krabbelausflüge mit verbundenen Augen. Dachse sind Geruchstiere. Als Hirsch lässt er sich von Hetzhunden jagen. Um das Gefühl überlanger Hufen zu erfahren, schneidet er sich monatelang die Zehennägel nicht.
Foster zeigt vollen Einsatz. Er will in fremde Felle und Federn schlüpfen, indem er möglichst viele Eindrücke mit den Trägern teilt: "Ich kann dieselben Orte aufsuchen wie sie. Auf sie und mich fällt der gleiche Regen, wir werden von ein und demselben Ginster gepiekt." Die Qualität menschlicher und tierischer Sinne ähnele sich. Menschen könnten sich nur darüber hinaus in die Lage anderer Lebewesen hineinversetzen. Esoterische und naturromantische Motive weist Foster von sich. Er halte die Moral der Natur nicht für besser als die Moral des Menschen. Ebenso wenig trachte er danach, wie ein Schamane andere Identitäten anzunehmen. Sein Experiment sei nur "der Versuch eines literarischen Schamanismus".
Foster schreibt pointiert und humorvoll. Er mischt "Nature Writing" in Extremform mit klugen Gedanken, Informationen, Spekulationen und Zivilisationskritik. Sein Buch ist persönlich, lustig und spannend, aber auch mal eklig: "Regenwürmer schmecken nach Schleim und der Erde, aus der sie kommen." Ausführlich beschreibt er, wie sich Würmer im Mund dünn machen, um durch Zahnlücken abzuhauen. Wenn das misslingt, peitschen sie wild um sich. Gelegentlich keimt die Frage auf, ob der Brite es immer ernst meint, etwa, wenn er diesen Rat erteilt: "Alle fürsorglichen Menscheneltern sollten ihren Kindern pürierte Regenwürmer in die Milch geben: Das beugt Asthma und Ekzemen und späterer Angst vor verdorbenen Currygerichten vor."
Sonst gibt sich Foster vernünftig. Zwei Fehler, die Naturbuch-Autoren ständig unterlaufen, will er freilich unbedingt vermeiden: von sich selbst auf Tiere zu schließen und diese zu vermenschlichen. "Natürlich ist es mir misslungen", gesteht er und kommt von menschlichen zu tierischen Emotionen. Sollen Kritiker ihn doch mit Tiermärchenautoren vergleichen! Ihm sei das egal, behauptet er trotzig.
Dass sein Experiment spätestens bei Mauerseglern scheitern muss, ist Foster bewusst. Die Vögel seien "nicht ansatzweise in Worte zu fassen". Dagegen meint er, Stadtfüchse gut zu verstehen. Er bewundert, "wie prächtig sie unter unverkennbar erbärmlichen Bedingungen gedeihen". Kurz darauf schreibt er, dass die Mehrheit urbaner Füchse jung stirbt. Ihren Tagesbedarf gibt er in Kalorien statt Kilokalorien an.
Doch Fosters Geschichten sind klasse. Als menschlicher Stadtfuchs fischt er Nahrung aus dem Müll. Den Gedanken an fremde Speichelreste wischt er mit Gewürzen weg. Er lernt: "Je schmuddliger man ist, desto durchsichtiger wird man." Dennoch entdeckt ihn ein Polizist unter einem Londoner Rhododendronbusch – schrundig, stinkend, schlafend. Fosters Rechtfertigung entschärft die Situation kaum: "Ich versuche, ein Fuchs zu sein."
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