Attraktives Image
Den Pflegeberuf attraktiver gestalten
Pflegeberufe haben im Ausland ein ganz anderes Ansehen. Was muss in Deutschland geschehen, um den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten und dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken?
Fr, 28. Mär 2014, 14:40 Uhr
Thema: Stellen-Spezial 2014
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Sie ist sicher, der Fachkräftemangel in den Pflegeberufen liegt nicht an zu wenig Interesse: "In den vergangenen anderthalb Jahren stieg die Anzahl der Bewerber sogar." Und im Zeichen des demographischen Wandels sei das auch wünschenswert. "Wir haben immer mehr hochaltrige Menschen in unserer Gesellschaft. Zudem werden aufgrund des medizinischen Fortschritts selbst Menschen mit chronischen Leiden immer älter", so Knüppel weiter. "Dennoch: Trotz der gestiegenen Bewerberzahlen müssen wir diesen Spagat leisten, dass dem höheren Pflegebedarf immer weniger junge Menschen gegenüberstehen, die den Beruf des Pflegers auch ausüben."
Das Problem bestehe nämlich darin, dass nur wenige nach ihrer Ausbildung im Beruf bleiben. "Ich habe kürzlich mit Auszubildenden gesprochen, die im Herbst ihren Abschluss machen. Von den 19 Teilnehmern wollen gerade mal drei im Anschluss in ihrem Beruf arbeiten", sagt Knüppel. Zudem arbeiten nur wenige in Vollzeit. "Teilzeitkräfte spielen in den Pflegeberufen schon immer eine große Rolle. Ihr Anteil liegt in Pflegeheimen mittlerweile bei 80 Prozent, in Krankenhäusern bei 60 Prozent", so Knüppel.
Das liege zum einen daran, dass Teilzeitkräfte dienstlich flexibler einsetzbar sind. Zum anderen aber auch an der hohen Belastung, die der Beruf mit sich bringt. "Hoher Dauerstress, permanent schnelles Arbeitstempo; zudem werden Kranken- und Altenpfleger oft in ihren Arbeitsabläufen unterbrochen, die Personaldecke ist einfach zu dünn", nennt die Pressesprecherin einige Punkte. Wer diesen Beruf ausübt, stoße schnell an seine Grenzen. "Viele sagen sich, bevor ich selbst krank werde, mache ich lieber Teilzeit", nennt Knüppel die Konsequenz, "selbst auf die Gefahr, später in die Altersarmut abzurutschen, weil zu wenig in die Rentenkasse eingezahlt wurde. Lieber bauen sie sich ein zweites Standbein auf und verdienen auf 400-Euro-Basis in einer anderen Sparte hinzu." Und wie lässt sich unter diesen Umständen nun die Attraktivität der Pflegeberufe steigern?
"Hier muss die Politik ran", bringt es Knüppel auf den Punkt: "Der Pflegeberuf ist intellektuell anspruchsvoll. Man muss mit Menschen umgehen können, rechnen und protokollieren, den Anweisungen des Arztes Folge leisten. Der Pflegeberuf darf nicht ein so schlechtes Image bekommen, dass sich nur bewirbt, wer keine Aussichten hat, etwas anderes zu lernen; frei nach dem Motto: In der Pflege wird jeder gebraucht, probiere ich es halt da mal." Auch europaweit müsse man konkurrenzfähig bleiben.
Gerade hier sieht Knüppel Deutschland eher als Schlusslicht: "Unsere Pflegeausbildung muss generalisiert werden. Die dreigliedrige Einteilung in Gesundheits- und Krankenpflege, Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie Altenpflege sollte zu einem Berufsbild zusammengefasst werden, das das gesamte Arbeitsfeld – vom Kind bis hin zum alten Menschen – umfasst. Außerdem muss es EU-weit gültig sein", fordert Knüppel. Bislang sei im Ausland nur die deutsche Ausbildung zum Gesundheits- und Krankenpfleger anerkannt, die beiden anderen nur als Hilfskraft. "Um im Ausland als Altenpfleger zu arbeiten, müssen weitere Einzelprüfungen absolviert werden. Das geht nicht. Jungen Menschen wird ein Auslandsaufenthalt dadurch erschwert."
Johanna Knüppel wünscht sich zudem als modulares Einstiegssystem, das unterhalb der Fachkraft angegliedert ist, die Ausbildung zum Pflegeassistenten. Auch hier gebe es kein einheitliches Modell, jedes Bundesland habe sein eigenes System, vom vierwöchigen Schnellkurs bis zur zweijährigen Ausbildung. Ein niedrigschwelliger Einstieg in Verbindung mit Berufserfahrung sollte die Weiterbildung zur Fachkraft ermöglichen. "Europaweit gibt es längst ein durchgängiges Modell, das die Fortbildung bis hin zur Promotion ermöglicht", zieht die DBfK-Sprecherin Vergleiche.
Überhaupt genieße der Pflegeberuf im Ausland ein ganz anderes Ansehen, viel mehr Pflegende nutzen dort auch akademische Wege, machen ihren Bachelorabschluss. "Pflegende arbeiten zugleich wissenschaftlich, machen ihre eigenen Studien, arbeiten mit Ärzten auf Augenhöhe zusammen", sagt Knüppel.
Auch der Arbeitsalltag sei verträglicher im Ausland. "Die Schweiz, die Niederlande, Skandinavien – auch diese Länder haben einen hohen Bedarf an Pflegepersonal. Das ist nicht anders als bei uns", so die Fachreferentin weiter. Trotzdem herrschen dort eindeutig bessere Arbeitsbedingungen. Während in Deutschland auf eine Pflegekraft 15 Patienten entfallen, seien es dort maximal fünf Patienten. Und dann sei da bei uns noch der Lohn, der dringend angepasst werden muss. "Viele Altenpfleger sind nicht an öffentliche Tarife angeschlossen. In strukturschwachen Regionen werden diese Fachkräfte mit kaum mehr als dem Mindestlohn abgespeist – und das für einen Beruf, der im Drei-Schicht-System und an den Wochenenden arbeitet. Davon lässt sich keine Familie ernähren", so Knüppel.
Vieles ist möglich, um den Pflegeberuf attraktiver zu gestalten, dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. "Eine stärkere Personaldecke führt auch weg von der Pflege im Minutentakt, vom Gefühl vieler Pflegender, ihre Arbeit als Fließbandabfertigung zu betrachten", sagt die Fachreferentin beim DBfK. Denn nach wie vor habe Pflegeberuf viel zu bieten: Jobgarantie, er ist nicht durch Roboter zu ersetzen und dicht am Menschen. Ein Pfleger brachte es bei Knüppel auf den Punkt, als er ihr sagte, dass es noch immer sein Traumberuf sei, nur der Job, der sei zum Heulen.
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