Das Revival der Herrenhandtasche
Die lange als feminin verschriene Handtasche für Männer kehrt zurück und boomt vor allem bei Jugendlichen.
Gregor Tholl
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. Setzt sich tatsächlich ein geschlechterneutraler Look durch – oder hat der Trend zur Männertasche einen ganz anderen Grund? Warum junge Typen heute wieder Handtasche tragen.
Nun sehen Herrenhandtaschen heute nicht mehr so trutschig aus wie einst bei Hape Kerkelings Kunstfigur Horst Schlämmer, die meisten kommen nicht als Handgelenktasche daher. Doch warum erlebt die Herrenhandtasche ausgerechnet jetzt ein Comeback? In den USA habe "der Verkauf von Männer- und Unisex-Handtaschen innerhalb von drei Jahren um 700 Prozent zugenommen", sagt Carl Tillessen vom Deutschen Mode-Institut (DMI). Er betont jedoch: "Der aktuelle Boom der Murse hat nichts mit Genderfluidität zu tun. Ganz im Gegenteil: Es fällt auf, dass Männerhandtaschen gerade bei breitschultrigen, breitbeinigen Machos besonders beliebt zu sein scheinen."
Der DMI-Chefanalyst Tillessen führt aus: "Dass es in der Vergangenheit keine Handtaschen für Männer gab, ist genauso sinnlos, wie der Umstand, dass Frauenkleidung keine Innentaschen hatte. Denn: Wir alle brauchen in unserem Outfit Stauraum für Schlüsselbund, Portemonnaie und Handy, also alles, was wir mit uns herumtragen."
Es gibt Tillessen zufolge gute Gründe, die den Boom der Männerhandtasche so dringlich machten und dazu geführt haben, dass Männer ihre kulturell bedingten Berührungsängste mit Handtaschen überwunden haben. Zum einen sei dies der Klimawandel, der viele Leute immer öfter ohne Jacke und damit ohne Stauraum am Körper unterwegs sein lasse. "Außerdem ist die Jogginghose als Standard in der Männergarderobe ein Grund dafür, dass sich die Herrentasche wieder etabliert hat. Im Gegensatz zu einer Jeans kann man in den Taschen einer Jogginghose wegen des nachgiebigen Stoffs keine schweren und scharfkantigen Gegenstände wie Schlüsselbund und Handy unterbringen." Entsprechend seien genau die Männer, die gern in Jogginghosen herumlaufen, in jüngerer Zeit die ersten mit Täschchen gewesen.
Übrigens: Die Tasche als Raubzug der Männer in der Damenmode darzustellen, ist eigentlich ziemlicher Quatsch. Denn in der Geschichte trugen Männer oft Taschen. Gürteltaschen im Mittelalter, bestickte Jagdtaschen in der frühen Neuzeit. Erst im 20. Jahrhundert war der angebliche Ballast einer Tasche plötzlich tabu.
In den 1970er-Jahren führte dann die Mode mit schmalen Silhouetten und vor allem engen Hosen dazu, dass Herren Sachen wie den Geldbeutel in vergrößerte Brieftaschen mit Handgelenkschlaufe auslagerten. Schon ab den 80ern galt das wieder als "zu feminin". Akzeptiert waren vielleicht noch die Bauchtasche unter der Kleidung und der Rucksack.
Im Zeitalter der Digitalisierung und vor allem des Smartphones, das sich in der Hosentasche oft zu groß und unschön abzeichnet, stellt sich die Frage: Auf welche Art all das Zeug transportieren? Die Corona-Pandemie mit dem neuen Alltagsaccessoire Gesichtsmaske machte die Frage noch einmal dringlicher. In den letzten Jahren trat deshalb die Gürtel- oder Bauchtasche ihren Siegeszug an, die früher Kellnern, Schaffnern oder Ballermann-Touristen vorbehalten schien.
Heute ist die Gürteltasche – am besten lässig als Cross-Body-Bag, also diagonal über der Brust getragen – sowohl bei Männern als auch Frauen angesagt. Die eigentliche Tasche wird dabei frontal oder unterhalb der Achsel platziert. Um manche Tasche gibt es inzwischen genauso viel Hype wie um das Trend- und Kultobjekt Sneaker.
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