"Das Problem ist die Geschwindigkeit"

ZISCH-INTERVIEW mit Frank Mastiaux, dem Vorstandsvorsitzenden des Energieunternehmens EnBW, über Klimaschutz, Energiesparen und seinen Tagesablauf.  

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Juls Kalt hat das Videointerview mit Frank Mastiaux in der EnBW-Niederlassung in Rheinhausen geführt. Foto: Privat

Zisch-Reporter Juls Kalt aus der Klasse 4b der Grundschule Rust hat Anfang Juni den Vorstandsvorsitzenden des Energieversorgungsunternehmens EnBW Frank Mastiaux zum Thema Klimaschutz in einer Videokonferenz interviewt. Juls interessiert sich für die EnBW, weil sein Vater dort arbeitet.

Zisch: Wie sieht ein Tagesablauf bei Ihnen aus?
Mastiaux: Heute habe ich erst meinen Sohn zur Kita gebracht. Anschließend habe ich die Presse bezüglich der Energiethemen gelesen, die Post gemacht und die E-Mails, die über Nacht reinkamen, abgearbeitet. Und nun habe ich das Interview mit dir. Heute steht dann unter anderem noch eine Podiumsdiskussion mit einer Digital-Zeitung an. Später habe ich dann eine englische Konferenz über Energie-Themen in einer Videoaufnahme. An anderen Tagen habe ich, wie zum Beispiel gestern, Vorstandssitzungen von morgens, zehn Uhr, bis in den Abend hinein. Die Tage sind nie gleich, aber meistens lang.

Zisch: Wie viele EnBW-Standorte gibt es weltweit?
Mastiaux: Die meisten Standorte haben wir natürlich in Deutschland, hier kommen wir auf rund 160. Dazu zählen auch die Tochtergesellschaften der EnBW wie etwa die VNG in Leipzig oder die Stadtwerke in Düsseldorf. Der EnBW begegnet man aber auch in anderen Ländern, in Tschechien, der Schweiz, Frankreich, Schweden, Dänemark und der Türkei. Selbst in Taiwan und den USA findest du Standorte der EnBW. Vielleicht bist du auch schon in dem ein oder anderen Land gewesen und an einem unserer Auslandsstandorte vorbeigekommen.

Zisch: Wie viele Mitarbeiter hat die EnBW?
Mastiaux: Ende März waren es so ziemlich genau 24 828 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Davon sind 1100 Auszubildende und Studenten der Dualen Hochschule. In den nächsten zwei Jahren werden wir zusätzlich noch 1800 Arbeitsplätze schaffen, das Unternehmen wächst stetig. Und in Kürze beginnt auch die diesjährige Ausschreibung zu einer Ausbildung oder einem Dualen Studium bei der EnBW.

Zisch: Was denken Sie, können wir die Energiewende schaffen?
Mastiaux: Das sollte auf jeden Fall weiterhin unser aller Ziel sein. Wir können das schaffen, allerdings müssen wir uns dafür alle gemeinsam stärker anstrengen und uns so richtig ins Zeug legen. Die Energiewende braucht uns alle, die Industrie, die Politik und natürlich auch jeden Einzelnen von uns. Wir alle müssen dafür einen Beitrag leisten. Das ist auch unser eigener Anspruch bei der EnBW, bei der wir beispielsweise die erneuerbaren Energien stark ausbauen und dafür auch viel Geld ausgeben. Die Investitionen sind dabei das eine, der Bau etwa von Windrädern das andere. Hier wären wir gerne schneller, haben aber das Problem, dass es sehr lange dauert, bis wir etwa die für einen Windpark erforderliche Genehmigung bekommen und tatsächlich bauen können. Das muss für die Energiewende in der Tat schneller gehen.
"Wir können

das schaffen"

Zisch: Was denken Sie, können wir die von der Regierung vorgegebenen Klimaziele erreichen?
Mastiaux: Auch hier lautet die Antwort, ja, das können wir schaffen. Dafür müssen wir aber schneller werden, weil uns immer weniger Zeit bleibt, um die gesetzten Ziele rechtzeitig zu erfüllen. Für die Klimaziele brauchen wir beispielsweise deutlich mehr Windräder und Solaranlagen. Das dauert aber momentan relativ lange. Das Problem ist also die Geschwindigkeit, in der das gemacht wird, so dass wir heute eigentlich drei Mal mehr Windanlagen in der gleichen Zeit errichten müssten, als es uns heute tatsächlich gelingt. Wenn wir es schaffen, die Geschwindigkeit zu erhöhen, dann schaffen wir auch die Klimaziele. Ansonsten wird es schwierig.

Zisch: Reichen uns die erneuerbaren Energiequellen aus, wenn alle Atom- und Kohlekraftwerke abgeschaltet werden müssen?
Mastiaux: In der Theorie reichen uns Sonne und Wind für die Stromproduktion aus. Und es gibt auch immer wieder Tage, an denen in Deutschland der Strom aus genau diesen Quellen stammt. Man muss aber berücksichtigen, dass nachts keine Sonne scheint und manchmal ist auch Windflaute. Für diese Situationen brauchen wir Kraftwerke, auf die man sich verlassen kann, die quasi auf Knopfdruck immer genau dann Strom produzieren, wenn wir ihn brauchen. Deswegen werden wir wahrscheinlich in Zukunft Kraftwerke haben, die mit erneuerbaren Brennstoffen oder Wasserstoff betrieben werden, damit wir CO2 sparen. Gemeinsam mit Sonne und Wind hätten wir dann eine verlässliche und umweltfreundliche Energieversorgung.

Zisch: Was macht die EnBW gegen den Klimawandel und die Erreichung der Ziele?
Mastiaux: Wir sorgen mit Windrädern auf dem Meer und an Land, mit großen Photovoltaikparks und Wasserkraftwerken dafür, dass wir immer mehr Strom aus erneuerbaren Energien bekommen. So haben wir heute fast neun Mal mehr Windkraft bei der EnBW als noch vor zehn Jahren. Und bis 2025 wollen wir das nochmal verdoppeln. Auf der anderen Seite bauen wir Ladesäulen für die Elektroautos, weil wir glauben, dass diese ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz sind. So eine Ladesäule hast du bestimmt schon mal gesehen.

Zisch: Ja, das habe ich schon gesehen.
Mastiaux:
Wir haben bisher über 500 große Standorte für sogenannte Schnellladesäulen. Die sehen aus wie kleine Tankstellen und sorgen dafür, dass leere Autoakkus schnell aufgeladen werden. Wir ändern für den Klimaschutz aber auch unsere Arbeitsweise im Büro und sparen zum Beispiel Papier ein. Bis 2025 wollen wir 90 Prozent weniger Papier verbrauchen als früher. Statt zehn Blätter Papier benötigen wir dann nur noch ein Blatt Papier. Außerdem möchten wir von jetzt an bis in 15 Jahren keine klimaschädlichen Gase mehr erzeugen.

Zisch: Wie viele Windkraftanlagen betreibt die EnBW derzeit?
Mastiaux: Da muss man unterscheiden zwischen den Windkraftanlagen auf dem Wasser und denen an Land. Auf dem Wasser haben wir ungefähr 190 und an Land ungefähr 500 Windkraftanlagen. Wichtig ist aber dabei, wie viel Energie man dabei erzeugen kann. Unsere Windkraftanlagen erzeugen so viel Energie, dass man über drei Millionen Haushalte damit versorgen kann. Das sind mehr Haushalte, als es in Berlin gibt.

Zisch: Was würden Sie sagen, wo können wir alle am meisten Energie einsparen?
Mastiaux: Ich glaube, es kann jeder einen Beitrag leisten, auch wenn es kleine Dinge sind. Ich selbst habe als Kind gelernt, dass ich das Licht ausschalte, wenn ich den Raum verlasse. Deine Eltern haben dir bestimmt auch schon gesagt, dass man das Licht ausschaltet, wenn man aus dem Zimmer geht. Oder dass man den Wasserhahn beim Zähneputzen nicht unnötig laufen lässt. Dann wundert man sich manchmal, wie viel Energie Telefon, Computer und solche Dinge brauchen. Das Internet braucht heute unglaublich viel Energie. Die Daten, die man nutzt, müssen gespeichert werden, und diese Speicher müssen gekühlt werden. Deswegen braucht alleine das Internet schon richtig viel Energie. Du kannst also schon ziemlich viel Energie sparen, wenn du nicht so viele Videos streamst. Und so gibt es ganz viele Gelegenheiten, bei der wir alle Energie einsparen können.

Zisch: Was würden Sie sich wünschen, wenn Sie einen Wunsch frei hätten?
Mastiaux: Ich würde mir wünschen, dass meine Kinder noch so viele grüne Wälder, gute Luft und eine intakte Natur mit echten Jahreszeiten erleben dürfen, wie ich sie erleben darf. Darüber würde ich mich sehr freuen.

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