Kino
„Star Wars: Das Erwachen der Macht“ fängt den Geist der originalen Trilogie ein
So, nun können alle mal tief durchatmen. In einem immer schriller werdenden Aufmerksamkeitscrescendo wurde die „Star Wars“-Fortsetzung herbeigesehnt.
Jörg Wunder
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Allerdings, und das dürfte die für Millionen Fans entscheidende Nachricht sein, kein schlechter. Denn Regisseur J.J. Abrams, der zuvor das Konkurrenz-Franchise "Star Trek" reanimiert hatte, gelingt es mit einem aus alten und neuen Kämpen gemischten Team, den Geist der originalen Trilogie aus den Jahren 1977 bis 1983 einzufangen und die Fehler zu vermeiden, die Lucas bei der von ihm selbst inszenierten Prequel-Trilogie 1999 bis 2005 unterliefen. Inhaltlich setzt "Das Erwachen der Macht" gut 30 Jahre nach "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" (1983) ein. Das durch die von Luke Skywalker angeführte Rebellion besiegte Imperium hat sich neu formiert und will die Herrschaft über das Universum erneut an sich reißen. Der Versuch, eine neue Generation von Jedi-Rittern auszubilden, ist gescheitert. Seither ist Luke verschollen.
Das Geheimnis seines Aufenthaltsorts birgt der kugelförmige Droide BB-8, weshalb er zum Ziel des sinistren Kylo Ren (Adam Driver) wird. Der tritt als von der dunklen Seite der Macht verführter Jedi in die Fußstapfen des legendären Erzschurken Darth Vader und muss nicht nur vom arroganten General Hux (Domhnall Gleeson) Befehle empfangen, sondern vor allem vom "Supreme Leader" Snoke, optisch eine überdimensionierte Version von Gollum aus "Herr der Ringe" und wie jener von Andy Serkis verkörpert.
Um den niedlichen Droiden sorgen sich Rey (Daisy Ridley), eine bastelfreudige Schrottsammlerin vom Wüstenplaneten Jakku, und der desertierte Imperiumssoldat Finn (John Boyega). Es ist eine gewagte Entscheidung, die beiden wichtigsten Rollen mit fast unbekannten Darstellern zu besetzen. Allenfalls Boyega dürften Science-Fiction-Fans aus der Satire "Attack the Block" (2011) kennen. Doch was schon 1977 mit den seinerzeit namenlosen Harrison Ford, Carrie Fisher und Mark Hamill geklappt hat, funktioniert auch hier: Die unverbrauchten Gesichter erleichtern den Zugang zur Saga.
Zumal die Newcomer Leinwand-Beistand von "Star Wars"-Routiniers bekommen. Denn zur Flucht von Jakku nutzen Rey und Finn ein seit Jahrzehnten vor sich hingammelndes Raumschiff: den "Millenium Falken". Und natürlich tauchen keine zwei Weltraumecken später die ursprünglichen Besitzer auf: Han Solo und Chewbacca. Dem 71-jährigen Chewbacca-Darsteller Peter Mayhew sieht man unterm cockerspanielfeinen Fell sein Alter ja nicht an. Han Solo hingegen wirkt keinen Tag jünger als die 73 Jahre, die Harrison Ford jetzt ist. Und die leichte Alterssteifheit des ewigen Weltraumtunichtguts wird genüsslich ausgeschlachtet.
für Fans
wie Neulinge
"Das Erwachen der Macht" ist über einen Großteil seiner 135 Minuten unterhaltsam – sofern man die Grundbausteine der "Star Wars"-Dramaturgie wie Laserschwertduelle, Raumschiffattacken oder das sich in stieren Blicken und theatralischem Gefuchtel erschöpfende Ringen zweier Jedi-Antagonisten nicht ermüdend findet. Aber warum sollte man dann in einen "Star Wars"-Film gehen? Eben.
Wer noch nie einen gesehen hat, kann sich trotzdem vergnügt auf dieses durchgeknallte Universum einlassen, Sturzflüge durch im Wüstensand versunkene Raumschiffwracks bewundern, über die teils humanoiden, teils wirklich sehr, sehr seltsam aussehenden Bewohner diverser Welten staunen und sich in die märchenhafte Einfachheit und gleichzeitig tragödische Wucht der sich nach und nach entfaltenden Handlung fallen lassen. Wer hingegen das "Star Wars"-Universum schon kennt, der wird von Abrams und seinem Team fast schon überfüttert mit Anspielungen, Verweisen und Zitaten. Das reicht vom ikonischen Beginn mit dem in der Tiefe des Weltalls kleiner werdenden schriftlichen Prolog bis hin zu annähernd eins zu eins nachinszenierten Szenen.
Entscheidend für die filmimmanente Glaubwürdigkeit der siebten Episode ist der Umgang mit dem Faktor Zeit: Die Jahre seit dem Finale der ursprünglichen Trilogie haben nicht nur Spuren in den Gesichtern der gealterten Darsteller hinterlassen, sondern auch auf dem Antlitz der Dinge. Der ausgemusterte "Millenium Falke" sieht bis hin zu abgewetzten Sesselbezügen nach Weltraumschrott aus, der Helm von Darth Vader ist zerquetscht und sogar der Hochglanzdroide C-3PO muss sich mit einer angerosteten Armprothese begnügen. Die Etablierung eines "gebrauchten" Universums war 1977 eine von Lucas’ besten Ideen, die seither – als Gegenentwurf zur cleanen Welt von "Star Trek" – zum Science-Fiction-Standard geworden ist. Die Ausstattung von Rick Carter ("Avatar") und Darren Gilford ("Oblivion") setzt hier neue Maßstäbe.
Ein rundum gelungenes Weltraumabenteuer also? Na ja, die Fans werden das nicht hören wollen, aber bereits im Original angelegte Schwächen wie eher suboptimale Schauspielleistungen, ein zwischen Stillstand und Schweinsgalopp pendelnder Erzählrhythmus oder der bisweilen alberne Humor der Saga setzen sich auch im 2015er-Update fort. Dem Erfolg der Sternenkrieger hat derlei irdische Mäkelei bislang nicht geschadet. Es gibt wenig Grund zu der Annahme, dass sich das ändern wird.
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