Rechtliche Risiken

Darum sind Facebook und Twitter kein Ersatz für das Fundbüro

Zunehmend informieren Menschen in sozialen Medien über gefundene Gegenstände. Das ist praktisch, aber rechtlich bedenklich – denn es birgt eine Reihe juristischer Risiken.  

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Die Polizei Bremen hat über Facebook d...r Stoffschildkröte ausfindig gemacht.   | Foto: dpa
Die Polizei Bremen hat über Facebook den Besitzer der Stoffschildkröte ausfindig gemacht. Foto: dpa

Wer auf der Straße etwas findet, das mehr als zehn Euro gekostet hat, muss es im Fundbüro abgeben. So steht es im Gesetz. Doch zunehmend tauchen Hinweise auf gefundene Gegenstände auch im Internet auf. Vielen Menschen ist nicht bewusst, welches rechtliche Risiko sie dabei eingehen.

"Handy im Damenklo gefunden", schreibt eine Frau auf Facebook und zeigt den Fundort in der niedersächsischen Landeshauptstadt mittels einer Karte. Kurze Zeit später ist der Fall schon wieder erledigt. "Ist abgeholt worden", steht nun unter dem Eintrag.

Posts über gefundene oder verlorene Dinge finden sich tausendfach in sozialen Netzwerken. Die eine hat einen Schlüssel gefunden, der andere ein Fahrrad. Vielerorts haben Nutzer Gruppen mit dem Titel Verloren/Gefunden gegründet. Auch über Twitter suchen und finden Menschen vermisstes Eigentum. So gelang es jüngst einer Frau, ihren Ehering zurückzubekommen, den sie auf der Internetkonferenz "re:publica" in Berlin verloren hatte. "Mir war klar, wenn ich eine Chance haben möchte, ihn wieder zu bekommen, muss ich das sofort auf Twitter posten", sagte die Frau.

Juristen sehen es kritisch, wenn über Fundsachen in sozialen Medien berichtet wird. "Ich würde ganz klar davon abraten – zum eigenen Schutz", sagt Nicole Mertgen von der Bremer Verbraucherzentrale. "Wenn man etwas im Wert von mehr als zehn Euro findet, ist man dem Bürgerlichen Gesetzbuch nach verpflichtet, es bei der zuständigen Behörde abzugeben."

Der Juristin zufolge gibt es zudem mehrere Risiken, etwa dass sich ein Betrüger meldet. Am Ende kann es nämlich sein, dass der Finder haftet, weil er dem Falschen geglaubt hat, so Mertgen. Bei der Veröffentlichung von Fundsachen dürften zudem keine persönlichen Daten preisgegeben werden. Und: "Was ist, wenn das gefundene Stück mit einer Straftat zu tun hat? Dann ist man unter Umständen in etwas verwickelt, was man nicht möchte."

Nach den Erfahrungen von Mertgen nimmt die Zahl der Beiträge über gefundene Sachen in sozialen Medien zu. Viele Fundbüros wissen um diese Entwicklung, sehen bislang aber keine Gefahr für den eigenen Betrieb. "Soziale Medien sind einerseits eine Konkurrenz, stellen aber auch eine Vereinfachung dar", sagt ein Sprecher der Stadt Göttingen. "Finder und Eigentümer haben oft nicht die Zeit, Fundsachen ins Fundbüro zu bringen oder auch abzuholen. Via Facebook werden Betroffene meist schneller erreicht."

Was man im Fundbüro abgibt, kann man im Internet posten

Rainer Mildner, Leiter des Fundbüros in Bremen, empfiehlt Findern, den Gegenstand im Fundbüro abzugeben und gleichzeitig in Netzwerken auf den Fund hinzuweisen. Aber: Wer etwas finde, müsse sich genau überlegen, was er öffentlich darüber schreibt, sonst bestehe die Gefahr, dass sich Betrüger meldeten.

Die Digitalisierung sieht Mildner als große Chance. Seit dem Jahr 2005 pflegt das Bremer Fundamt eine Online-Datenbank. "Wir beschreiben die Fundsache so detailliert, dass der Eigentümer sie sofort erkennt, lassen aber ein wichtiges Detail weg, das nur der Eigentümer wissen kann", sagt Mildner und erzählt von Touristen aus Finnland und den USA, die über die Datenbank ihre verlorenen Dinge zurückerhalten fanden. "Sie hätten sonst keine Chance gehabt."

Der Leiter des Fundbüros in der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover sieht das anders. "Wir brauchen keine Online-Datenbank", sagt Frank Schaffert. "Die Leute, die etwas suchen, fragen bei uns nach. Damit haben wir eine gute Trefferquote." Dass vor allem ältere Menschen in sein Fundbüro kommen, erklärt Schaffert damit, dass Jüngere eher im Internet und über soziale Medien nach ihren verlorenen Dingen suchen.

Hannover stellt sich damit gegen einen bundesweiten Trend: Immer mehr Städte nutzen das Internet, um über Fundsachen zu informieren. Auch die Deutsche Bahn, bei der nach eigenen Angaben jährlich rund 250 000 verlorene Gegenstände abgegeben werden, bietet die Möglichkeit, vermisste Dinge online zu melden und nach ihnen zu suchen. Auch die Polizei nutzt hierfür mitunter soziale Medien. So suchten Bremer Beamte kürzlich nach dem Besitzer einer Stoffschildkröte, die Polizisten auf einer Autobahn gefunden hatten. "Es ist davon auszugehen, dass das Kuscheltier durch ein tragisches Unglück verlorengegangen ist und nun von seinem Besitzer schmerzlich vermisst wird", so die Polizei auf Facebook. Der Aufruf wurde mehr als 2600 Mal geteilt – und am Ende fand die Schildkröte zurück zu ihrem Besitzer.
Schlagworte: Rainer Mildner, Frank Schaffert, Nicole Mertgen
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