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Da steppt der Bär

Erst hat ein Bär in Italien einen Jogger getötet, nun ein anderer Schafe in Bayern. Was tun? Abschießen? Der Natur ihren Lauf lassen? Die Debatte kocht derzeit hoch. Typisch – beim Thema Bär war der Mensch schon immer im Zwiespalt.  

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Bär was los: Winnie Puh, Falter Brauner Bär, Papstwappen mit Bär, Gummibärchen, Knut (im Uhrzeigersinn) Foto: park
Was wäre der Mensch ohne Bären? Er hätte keinen Winnie Puuh, keinen Paddington und keinen Balu. Berlin, Bern, Benedikt XVI. und Sachsen-Anhalt müssten sich andere Wappentiere suchen. Und die Sprache verlöre viele Bilder und Wendungen: "Da steppt der Bär" zum Beispiel, diesen Ausdruck mit Wurzeln in der Welt des Zirkus, wo Bären einst dem Publikum vortanzen mussten, meist gesichert durch eine Kette.

Völlig frei hingegen tapste "JJ4" durch die Lande. Die auch Gaia genannte Bärin tötete Anfang April in einem Wald im norditalienischen Trentino einen Jogger. Inzwischen wurde das Tier eingefangen – Schicksal ungewiss. Klar ist indes: So ein Vorfall bewegt die Gemüter. Eltern bangen nun um ihre draußen spielenden Kinder, Bauern um ihr Vieh. Durchaus zu Recht, wie sich kurz nach der Trentiner Attacke in Bayern gezeigt hat: Im Landkreis Rosenheim an der Grenze zu Österreich riss ein Bär Schafe. Von Menschen hält sich dieses Tier bisher fern.

Bären in Bayern? Ja, die gibt es dort immer mal wieder, allerdings nur auf Stippvisite. Es handelt sich um Braunbären – Europas größte Raubtiere. Die Männchen dieser für ihr Brummen bekannten Spezies werden bis zu drei Meter lang.

2006 stapfte nach langer Zeit erstmals wieder ein Bär durch den Freistaat, 171 Jahre nach seiner über Generationen hinweg unerbittlich verfolgten Ausrottung hierzulande. Bruno wurde das aus Italien eingewanderte Tier zunächst liebevoll genannt – übrigens ein Bruder Gaias. Doch dann entpuppte es sich als "Problembär", der Schafen und Bienenstöcken zu nahe kam. Schließlich wurde Bruno von einem Jäger erlegt, heute steht er ausgestopft im Münchner "Museum Mensch und Natur".

Seit 2019 gab es weitere Bärenspuren in Bayern, wo der Bund Naturschutz durchaus Platz für die Tiere sieht: "Ob der Braunbär in Deutschland wieder heimisch wird, ist keine Frage des Lebensraumes, sondern der Akzeptanz."

Der Braunbär ist eine von weltweit acht Bärenarten und dabei die am weitesten verbreitete. Er lebt der Naturschutzorganisation WWF zufolge in Nordamerika und Europa genauso wie im Nahen und Fernen Osten, und dort im Wald genauso wie in Wüsten und in der Tundra. Daneben gibt es den Amerikanischen Schwarzbären, den Kragen-, den Eis-, den Lippen-, den Malaien- und den Brillenbären sowie den Großen Panda – ihn führt der WWF im Logo.

Andere Säuger mit Bärennamen – etwa Wasch- und Nasenbär – zählen Zoologen zu einer eigenen Familie, den Kleinbären. Und dann flattern auch noch Bären unter den Schmetterlingen: Die Falter dieser Gruppe sind als Raupen meist stark behaart, daher der Name. Unklar ist indes, wieso der jetzt im Frühjahr in der Küche geschätzte Bärlauch so heißt. Ein Grund könnte sein, dass die Pflanze als eines der ersten grünen Kräuter im neuen Jahr als Zeichen von Stärke gesehen und deshalb nach dem entsprechend konnotierten Bären benannt wurde.

Am Himmel prangen Bären überdies als Sternbilder. Und auch in der Bibel kommen sie vor. Laut dem wissenschaftlichen Bibellexikon "WiBiLex" ist damit stets der Braunbär gemeint. In der Heiligen Schrift gilt das Tier demnach als Gerichtswerkzeug Gottes: "Denn deiner allmächtigen Hand, die die Welt aus ungestaltetem Stoff geschaffen hat, fehlte es nicht an Macht, über sie eine Menge von Bären kommen zu lassen", heißt es etwa im Buch der Weisheit im Alten Testament.

An dieser Stelle wird der Bär also mit Gewalt verbunden. Demgegenüber steht das Gegenteil: der Bär als Sinnbild von Sicherheit. Man denke an all die Kinder-Teddys, die dem tapsigen Erscheinungsbild der Bären zu verdanken sein dürften. Auch der kürzlich verstorbene Papst Benedikt XVI., geboren in Bayern als Joseph Ratzinger, soll als Bub gern mit einem Teddy gespielt haben. In seinem Papst-Wappen führte er später den sogenannten Korbiniansbären. Dieser soll der Legende nach das Maultier des Freisinger Bischofs Korbinian auf einer Reise zerrissen haben. Zur Strafe musste der Bär das Gepäck des Bischofs tragen. Heute gibt es mehrere Plüschbären zum Andenken an Benedikt. Auch echte Bären wurden immer wieder als putzig betrachtet, Stichwort Knut, Stichwort Flocke – was war das 2006 und 2007 für ein Hype um diese Zootiere aus Berlin und Nürnberg. Außerdem steht der Bär für Genuss – erinnert sei an Gummibärchen und das Lebensmittel-Warenzeichen Bärenmarke. Mensch und Bär, das ist also eine durch und durch ambivalente Beziehung. Der Zweibeiner will das Tier auf vier Tatzen möglichst weit von sich weg halten – und hat es doch immer um sich.

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 25. April 2023: PDF-Version herunterladen

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