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"Coolness verbirgt oft Unsicherheit"

JUZ-INTERVIEW mit Jürgen Schwarz von der Aidshilfe über den Umgang mit Sexualität, Geschlechtskrankheiten und Kondomen.  

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OFFENBURG. Noch vor wenigen Jahren war Aids das beherrschende Thema in den Nachrichten. Inzwischen taucht es weniger auf in der öffentlichen Diskussion. Dennoch bleibt die Frage, was man und frau tun kann, um sich zu schützen. Und wie vor allem Jugendliche mit der Gefahr umgehen. Der Sozialpädagoge Jürgen Schwarz ist seit fünf Jahren hauptamtlicher Mitarbeiter bei der Aidshilfe Offenburg. JUZ-Reporterin Natascha Einhart hat sich mit ihm unterhalten.

JUZ: Sie sind, neben sechs, sieben Ehrenamtlichen, der einzige fest angestellte Mitarbeiter der Aidshilfe. Was sind Ihre Aufgaben?
Schwarz: Von Glühbirne wechseln bis zur Sterbebegleitung bin ich für alles zuständig. Der Schwerpunkt meiner Arbeit ist aber die Beratung und Betreuung von HIV-Infizierten. Daneben ist die Prävention sehr wichtig. Dazu gehe ich in Schulklassen, vor allem in achte Klassen, und spreche mit den Schülern über Sexualität und Aids.
JUZ: Die Initiative geht ja nicht von den Schülern selbst aus, sondern von den Schulen oder einzelnen Lehrern.Wie läuft dieses Gespräch ab?
Schwarz: Die Schüler verhalten sich sehr unterschiedlich: Zum Teil sind sie sehr aufgeschlossen und bereits fit in dem Thema. Zum Teil sind sie aber in meinen Augen überheblich, glauben, alles zu wissen, fühlt man ihnen jedoch auf den Zahn, merkt man rasch, dass sie nicht informiert sind. Diese Coolness ist dann nur ein Schutz, hinter dem sie ihre Unsicherheit verbergen. In einem solchen Fall kann sich der Schwerpunkt des Gesprächs von Aids auch auf Sexualität allgemein verschieben.


"Den Gebrauch sollte man im stillen Kämmerchen ausprobiert haben."

JUZ: Der Hauptrat ist sicher: Benutzt ein Kondom, um euch vor Aids zu schützen. Wo bekommt man abends nach Ladenschluss Kondome?
Schwarz: Tagsüber in jeder Drogerie, jedem Supermarkt, natürlich auch in Apotheken. Abends ist es schwieriger: Da gibt es eigentlich nur die Automaten in Kneipen. Vielleicht werden inzwischen auch in Tankstellen Kondome verkauft, die verkaufen ja fast alles.
JUZ: Sind die Kondome von den Automaten sicher?
Schwarz: Es gibt nur wenige Automaten im Freien. Bei diesen sollte man darauf achten, dass sie nicht in der prallen Sonne stehen. Ansonsten gibt es in Kneipen oft Scherzkondome, die weder zur Verhütung noch zum Schutz vor Aids geeignet sind. Diese sind aber eindeutig gekennzeichnet.
JUZ: Eigentlich müsste heute doch jeder Jugendliche wissen, dass er zu seinem eigenen Schutz ein Kondom verwenden sollte. Warum passieren trotzdem immer wieder "Unfälle"?
Schwarz: Manchmal haben die Jugendlichen tatsächlich kein Kondom dabei, wenn sie die Leidenschaft übermannt. Gerade beim ersten Mal sind sie aber völlig überfordert, für sie ist alles brüchiges Neuland. Hier setzt die Prävention an. Der Umgang mit Kondomen sollte selbstverständlich sein. Jeder Jugendliche sollte vor dem Ernstfall ein Kondom in der Hand gehabt haben, am besten den Gebrauch im stillen Kämmerchen ausprobiert haben.
JUZ: Wenn es dann doch passiert ist und jemand befürchtet, sich mit HIV infiziert zu haben - wie helfen Sie weiter?
Schwarz: Es gibt ein anonymes Aids-Telefon, an dem sich jeder beraten lassen kann. Wenn es der Betroffene wünscht, kann sich daran ein persönliches Gespräche anschließen. Zunächst klären wir, ob die Angst gerechtfertigt ist, ob tatsächlich ein gefährlicher Kontakt stattgefunden hat. Falls das der Fall ist, rate ich dem Betroffenen zum Aids-Test.


"Beim Küssen ist eine Infektion wenig realistisch."

JUZ. Was ist denn ein gefährlicher Kontakt?
Schwarz: Infektiöse Körperflüssigkeiten sind Sperma, Scheidenflüssigkeit, Blut, Muttermilch. Speichel gehört nicht dazu. Knutschen kann man also bis zum Abwinken. Eine Infektionssituation lässt sich immer konstruieren, aber sie ist beim Küssen wenig realistisch: Wenn beide fürchterliche Zahnfleischblutungen haben, werden sie wenig Lust auf's Küssen haben.

Ressort: Zisch

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