"Benotung ist im Grunde für einen Kunstlehrer eher Ballast"
JUZ-INTERVIEW mit Klaus Biehler, Kunstlehrer am Max-Planck-Gymnasium, über Talent, Wege zur Kunst und die leidige Sache mit den Schulnoten.
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LAHR. Kunst ist Thema dieser Jugendseite. Die JUZ-Reporterinnen Barbara Singler und Anna Marx haben mit jemanden gesprochen, der sich in Theorie und Praxis auskennt: Klaus Biehler, Künstler am Max-Planck-Gymnasium in Lahr.
Biehler: Kunst ist immer wieder überraschend. Positiv wie negativ. Kunst heißt, Dinge in einen neuen Zusammenhang zu stellen, Dinge zu zeigen, die man mit Worten nicht ausdrücken kann. Faszinierend ist für mich, dass man Menschen nicht nur an ihrer Stimme oder an ihrem Äußeren erkennt, sonder auch an ihren Ideen, ihrer künstlerischen Handschrift. Ob die künstlerische Äußerung dabei ästhetisch scheint, ist zunächst uninteressant. Es geht um den individuellen Ausdruck. Die beste Musik ist auch nicht die, die am schwierigsten zu spielen ist, sonder die, der etwas Eigenes, Unverwechselbares innewohnt. Kunst ist, sich dieser Freiheit bewusst zu sein und sich ihrer zu bedienen.
JUZ: Muss Kunst schön sein?
Biehler: Nein. Die bessere Frage wäre wohl: Darf Kunst heutzutage schön sein?
JUZ: Was/wer ist Ihr Lieblingskunstwerk/ - künstler?
Biehler: Ich liebe das Hell-Dunkel bei Carraviggio und das Expressive bei El Greco, genauso sehr wie das Licht bei Edward Hopper oder die stark existenziellen Züge bei Francis Bacon.
Biehler: Was sollte man unbedingt gesehen haben?
Biehler: Rom und New York – als krasse Gegensätze.
JUZ: Ist Kunst eine Frage des Erlernens oder des Talentes?
Biehler: Wer Kunst mit Können gleichsetzt, muss auch davon ausgehen, dass dieses Können erlernbar ist. Ich denke, bis zu einem gewissen Grad kann man Kunst sicherlich erlernen, zum Beispiel die verschiedenen Arbeitstechniken, die richtigen Schattierungen oder Proportionen. Um Kunst jedoch zu verstehen und sich von ihr begeistern zu lassen, erfordert es Bereitschaft.
JUZ: Wie haben Sie zur Kunst gefunden?
Biehler: Ich hatte schon immer Interesse daran, mich auszudrücken, sei es in Form von Gedichten, Geschichten, Musik oder eben in Form der künstlerischen Gestaltung. Richtig ernst wurde es Mitte der 80er Jahre, als sich bei den Deutschen Neo-Expressionisten, den so genannten "Neuen Wilden", Malerei mit Punk und New-Wave-Musik verband. Der Einfluss meines ältesten Bruders spielte dabei keine geringe Rolle.
JUZ: Warum sind Sie BK-Lehrer geworden?
Biehler: Der Einfluss meiner beiden Kunstlehrer gab den Ausschlag. Vor allem mein LK-Lehrer wurde fachlich wie menschlich zu einem Vorbild. Er stellte mit mir eine Mappe zusammen, die prompt angenommen wurde. Ehrlich gesagt, hatte ich gar keine Zeit, mir etwas anderes als Lehrer zu überlegen. Bevor ich das konnte, war ich schon auf der Akademie. Außerdem war ich sehr gern Schüler. Und ich versuche den Lehrerberuf so auszuüben, dass es meinen Schülern ebenso geht.
JUZ: Was wollen Sie Ihren Schülern und Schülerinnen durch den BK-Unterricht übermitteln?
Biehler: Sie sollen die Freiheit, die ihnen die Kunst bietet, nutzen und die Möglichkeit, dem eigenen Ich durch die Kunst Ausdruck zu verleihen, schätzen zu lernen. Jedes Kunstwerk ist etwas Individuelles und sollte nicht gleich nach der Stunde im Müll landen. Ich möchte, dass meine Schüler auch lernen, auf das, was sie selbst geschaffen haben, stolz zu sein.
JUZ: Ist Kunst nicht etwas Subjektives? Und wie können Sie dann als Lehrer diese Kunst mit Noten bewerten?
Biehler: Die Aufgabe muss klar und deutlich gestellt und die für die Note ausschlaggebenden Kriterien müssen bekannt sein. Es geht bei der Notenvergabe nicht darum, ob mir ein Bild gefällt. Wenn ich zum Beispiel erwarte, dass die Zeichnung plastisch wirkt, dann sollte sie das auch tun. Das heißt allerdings nicht, dass ein Bild, das nicht den Vorgaben entspricht, kein gutes Bild ist. Obwohl ich den begabten und guten Schülern gerne eine positive Rückmeldung geben will, ist Benotung im Grunde genommen für einen Kunstlehrer eher ein Ballast.
JUZ: Was ist für Sie das Faszinierende an Kunst?
Biehler: Die Freiheit des Einzelnen. Kunst ist Vielfalt, und dabei muss man dennoch nicht alles toll finden. Man kann auch durch ein Museum gehen und denken: Mit dem kann ich jetzt mal überhaupt nichts anfangen. Man muss nichts Außergewöhnliches können, um Kunst zu machen, zumindest heutzutage nicht mehr. Kunst ist einfach faszinierend, weil sie keine Schranken kennt.
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