Vereint im Verein
Bei der Igbo Community Union lernen Kinder die Sprache ihrer Eltern
WEINGARTEN. Samstagvormittag und strahlender Sonnenschein – davon ist im Keller des Mehrgenerationenhauses EBW nichts zu spüren. In einem kleinen Unterrichtszimmer sitzt eine Gruppe Kinder und Jugendlicher und schaut konzentriert zur Tafel. Dort schreibt Faith Oguejiofor einen Satz nach dem anderen: Auf Igbo, der Sprache einer der größten Ethnien Nigerias – das ist die Muttersprache der Eltern der Kinder und Jugendlichen.
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Eigentlich hat Nathalie auch ohne Samstagsunterricht genug zu lernen: Sie geht aufs St.-Ursula-Gymnasium, 7. Klasse, sie lernt Französisch und Englisch. Und dann samstags auch noch Igbo? Französisch und Englisch sind schwerer, findet Nathalie, Sprachenlernen ist für sie ohnehin nichts Besonderes – und das gilt für alle hier: Zu Hause sprechen sie Deutsch, Englisch und Igbo. Denn mindestens ein Elternteil stammt aus Nigeria, aus dem Südosten, wo für viele Menschen Igbo die Muttersprache ist. Weil Englisch in Nigeria offizielle Amtssprache ist, wachsen dort alle zweisprachig auf. Hier, in ihrer neuen Heimat, kommt noch Deutsch dazu. Ihre Kinder übernehmen das – wobei Igbo in ihrem Alltag nur eine kleine Rolle spielt. Nathalie ist hier geboren, ihre Hauptsprache ist Deutsch.
Ihre Mutter Lilian Eboson möchte aber, dass Nathalie und ihre zwei Geschwister "richtig" Igbo lernen, nicht nur nebenbei. Darum unterrichtet sie im Wechsel mit Faith Oguejiofer die Gruppe. Beide Frauen sind Lehrerinnen, in Freiburg mussten sie sich andere Jobs suchen: Faith Oguejiofer arbeitet hauswirtschaftlich in einer Klinik, Lilian Eboson als Haushaltshilfe in einer Schule. Nur noch samstags stehen sie an der Tafel.
Neben Nathalie sitzen Nicole (11) und Manuela (10). Und Olivia (6) – sie kann aber nichts mitschreiben wie die anderen, denn sie geht noch nicht zur Schule. Nicole ist, wie Nathalie, auf dem St.-Ursula-Gymnasium, Manuela auf der Hansjakob-Realschule. Nervt es sie nicht, ihren freien Samstag zu opfern? Alle schütteln den Kopf. Zumindest bei den Kleineren sei es manchmal schwierig, erzählt Lawrence Obiefule, der vor dem Mehrgenerationenhaus auf das Ende des Unterrichts wartet: "Wenn das Wetter schön ist, wollen einige lieber draußen spielen." Seine Töchter sind sechs und neun Jahre alt, ihre Mutter ist Deutsche, er kam vor mehr als 15 Jahren nach Freiburg. Den Unterricht gibt’s seit sechs Jahren. Er sei umso wichtiger, weil Igbo mittlerweile selbst in Nigeria gefährdet sei, sagt Lawrence Obiefule: Dort werde mehr und mehr nur noch Englisch gesprochen, auch in Schulen. "Das war früher anders, wir haben Igbo und Englisch gelernt", sagt er.
Das ist nun schon eine Weile her – auch Philip Duru, der Vorsitzende der Igbo Community Union, lebt seit 19 Jahren in Freiburg. Er erinnert sich noch an die Anfänge des Vereins mit damals nur 20 Mitgliedern. Schnell kamen immer mehr. "Wir brauchen das Zusammensein", sagt Philip Duru, "wir wollen Essen, Trinken, Reden und Abschalten." Neben regelmäßigen Treffen und einer Tanzgruppe gibt’s auch sonst gegenseitige Unterstützung – besonders, wenn jemand Hilfe braucht, zum Beispiel weil Verwandte gestorben sind. Außerdem gibt’s Kontakte zu Gruppen in anderen deutschen Städten. Ein Wunsch ist bisher unerfüllt: "Wir bräuchten eigene Räume", sagt Philip Duru. Sie seien sehr froh, dass sie im Mehrgenerationenhaus untergekommen sind – aber eigene Räume würden vieles erleichtern.
IGBO COMMUNITY UNION
Gegründet: 2001.Mitglieder: 120.
Angebot: Tanzgruppe, Sprachkurse für Kinder und Jugendliche, regelmäßige Treffen und gegenseitige Unterstützung, außerdem Förderung von Kinderdörfern im Osten Nigerias für Kinder, die Waisen sind oder Behinderungen haben.
Mitgliedsbeitrag: 5 Euro/Monat.
Kontakt: http://igbounionfreiburg.com
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