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Außen altes Gemäuer, innen junges Leben

  • Do, 21. November 2002
    Zisch

     

Theater ist nicht altbacken, sondern en vogue: Bei der Theaternacht des Freiburger Theaters wurde ein Jugendclub gegründet.

Von wegen passé, Theater ist en vogue. Diese Meinung demonstrierten 300 Jugendliche, die sich am vergangenen Freitag die Nacht im Freiburger Theater um die Ohren schlugen. Anlass dieser Theaternacht war die Gründung des Theater-Jugendclubs.

Leben in den alten Gemäuern des Freiburger Theaters: Zirkusartisten jonglieren vor den Toren, innen zeigen Breakdancer ihr Können, eine Schüler-Jazz-Combo macht Musik. Und Jugendliche lauschen den Worten der neuen Intendantin Amélie Niermeyer: "Wir sind ein junges Ensemble und wollen auch für Jugendliche Theater attraktiv gestalten." - "Mich fasziniert die Atmosphäre", schwärmt die sechzehnjährige Sina Stiels, die diese Nacht mit geplant hat. Ihre Augen leuchten. Im schrillem Outfit - eine Kombination aus Hippie-Look und Sissi-Kostüm - führt sie eine Gruppe neugieriger Jugendlicher durch die Werkstätten des Theaters. Die Mädchen und Jungen, viele von ihnen sind zum ersten Mal hinter den Kulissen, staunen über Bühnenbildgemälde, die mit besenartigen Pinseln angefertigt werden. Sie sind entzückt über handgeknüpfte Perücken, die in hundert Arbeitsstunden entstanden und überwältigt von dem zwölf Tonnen schweren eisernen Vorhang, der im Brandfall den Zuschauerraum von der Bühne trennt.

Papierblätter für den "Sommernachtstraum"

Ein halbes Jahr lang haben die Gymnasiastinnen Sina Stiels, Nora Flum, Pina Kühr und Kerstin Brüggemeier zusammen mit vierzehn weiteren Jugendlichen und der Theaterpädagogin Viola Sinn diese Nacht vorbereitet. Einmal pro Woche trafen sie sich: lernten Schauspieler kennen, diskutierten über ihre Möglichkeiten, das Theater mit zu gestalten und verrichteten nützliche Arbeiten, wie das Auseinanderzupfen der Papierblätter für die Inszenierung von Shakespeares "Sommernachtstraum".

Die Chance, konstruktive Vorschläge zur Gestaltung der Theaternacht einzubringen sei allerdings rar gewesen, räumen die Mädchen, die alle im Schultheater mitspielen, ein. "Für die Nacht stand halt bereits das Konzept fest, da war nicht mehr viel zu rütteln", sagt Nora. "Aber im Jugendclub werden sich offene Ohren für unsere Anliegen finden," da sind sich die Mädchen einig. Der Jugendclub, der mit der Theaternacht offiziell eröffnet wurde, ist in Deutschland einzigartig. Ob Schüler, Studentin oder Azubi - mitmachen darf jeder. Einzige Voraussetzung ist das Mindestalter von 14 Jahren. Und das Angebot?

"Überwältigend", sprudelt es aus Kerstin heraus, die das orange Anmeldeformular bereits ausgefüllt hat. Gemeinsame Theaterbesuche, die Mitarbeit an einer Theaterzeitung, ein eigenes Stück, das auf den Städtischen Bühnen aufgeführt wird - alles ist möglich. Ferner erhalten Jugendliche durch die Teilnahme an Workshops, geleitet von Profis, einen ersten Eindruck von den Berufsfeldern, die das Theater bietet. Die Intendantin Amélie Niermeyer - in der Theaternacht ganz legere im rotem Strickpulli und Jeans - kam selbst im Alter von 16 Jahren ans Theater. Sie will mit den Vorurteilen, das Theater hätte etwas mit Schule zu tun und Theaterbesucher wären spießige Intellektuelle, aufräumen. Dass dieser Kurs richtig ist, zeigt die Resonanz. "Die Theaternacht macht Lust auf mehr", davon ist der sechzehnjährige Tobias Göldner aus Kirchzarten überzeug. Sein Englischlehrer hatte ihn auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht.

Fazit: Theater ist alles andere als altbacken. Und der Eintrittspreis von sieben Euro pro Aufführung und der Mitgliedsbeitrag von zehn Euro für den Jugendclub machen es für Jugendliche durchaus erschwinglich.

Eva Müller

Infos und Kontakt zum Jugendclub: Viola Sinn, [TEL] 0761/ 201-2956, Anmeldung an der Theaterkasse; http://www.theaterfreiburg.de

Ressort: Zisch

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