Polit-Gespräch

Wie war’s bei … Franz Müntefering beim Theater-Talk in Freiburg?

Er war SPD-Chef und Vizekanzler: Beim Theater-Talk in Freiburg hat Franz Müntefering den Menschen hinter dem Politiker in den Mittelpunkt gestellt. Auf Du und Sie mit einem Klartexter.  

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Franz Müntefering, Bundesminister a.D....lia Söhne und Martin Müller-Reisinger.  | Foto: Michael Bamberger
Franz Müntefering, Bundesminister a.D., im Gespräch mit Julia Söhne und Martin Müller-Reisinger. Foto: Michael Bamberger
Ein Mensch der klaren Ansichten und mit dem Talent gesegnet, die Welt und das Leben in einem Satz auf den Punkt zu bringen: Franz Müntefering hat sich beim Talk "Heute nichts gespielt" als aufrechter Sozialdemokrat gezeigt, vor allem aber den Menschen hinter dem Politiker in den Mittelpunkt gestellt.

Der erste Eindruck

Im sommerlich warmen Winterer-Foyer mit stetig steigendem Stickigkeitsfaktor haben sich 50 Zuhörerinnen und Zuhörer eingefunden, darunter Theaterintendant Peter Carp, der Erste Bürgermeister Ulrich von Kirchbach, Mitglieder der Freiburger SPD und so mancher, der aufgrund seines Alters die alte Bundesrepublik und ihre Politik aus eigener Anschauung kennt. Das Podium mit den drei Sesseln wird von einem roten Samtvorhang eingerahmt – der passende Rahmen für das Gespräch mit einem, der den Kurs der SPD lange Zeit und maßgeblich mitbestimmt hat.

Das Talk-Duo

Martin Müller-Reisinger, Gastgeber der Reihe, hat sich Verstärkung geholt. Julia Söhne, Vorsitzende der Gemeinderatsfraktion SPD/Kulturliste, stellt einen Teil der Fragen. Müntefering und sie haben sich geeinigt, beim unter SPD-Parteifreunden üblichen Du zu bleiben. Das klappt – ab und an. "Du hast eine Aura, die mich zum Siezen bringt", erklärt Söhne ihren Du-Sie-Sie-Sie-Du-Kurs, der sich durch den ganzen Abend zieht.

Das Auftreten

Müntefering erweist sich als dankbarer Gast. Er hält die Balance zwischen Einblicken in sein Leben und seine Sicht auf die Politik im Allgemeinen und Besonderen. As ehemaliger Bundesminister für Arbeit und Soziales, gelernter Kaufmann und passionierter Schriftführer versteht er was von Effektivität. "Zum Machen gehört eine gewisse Rationalität", erklärt er. Die Folge: "Sie beantworten unsere Fragen, ohne das wir sie stellen könnten. Wir können uns zurücklehnen", sagt Müller-Reisinger. Vor Antworten drückt sich Müntefering nicht herum. Nur als es um Hartz 4 und die Agenda 2010 geht, bleibt er im Ungefähren.

Die Tagespolitik

Auch hier viel Klartext. Gerhard "Gerd" Schröders Haltung zu Putin? Geht nicht. Putin? Hat den Angriff auf die Ukraine von langer Hand vorbereitet und alle getäuscht. Pazifist? "Ich möchte mich wehren können." Mindestlohn? Für alle. Vermögenssteuer? Muss. Bedingungsloses Grundeinkommen? Wer arbeiten kann, soll das für sein Geld tun. Und ohne Gewerkschaften keine wirtschaftliche Gerechtigkeit.

Das Credo

Mit Münteferings Aphorismen, Glaubenssätzen und Lebensweisheiten ließen sich Ganzjahresabreißkalender füllen. Müntefering glaubt ans Machen: "Bescheid wissen reicht nicht, du musst es auch tun." "Schaffen wir das?" ist die Frage, die ihn am meisten nervt. "Die Würde des Menschen ist unantastbar" ist für ihn der zentrale gesellschaftliche Wert. Und er nimmt sich Zeit zum entschleunigten Nachdenken beim Schreiben auf der Maschine. Als Computer-Verweigerer sieht er sich da im Vorteil gegenüber der Schnellschusskommunikation über die sozialen Medien: "Viele, die sich äußern, haben eine Meinung, sind aber nicht urteilsfähig."

Ehemann und Rentner

"Sie haben Ihre dritte Ehe mal als Fünfer im Lotto bezeichnet. Was ist dann ein Sechser?", fragt Julia Söhne. "Da muss ich mich wohl versprochen haben", entgegnet er. Zu den Vorzügen seiner Frau Michelle gehört, dass sie das Quad fährt, auf dem er liebend gern den Sozius macht – wie gerade wieder im Urlaub in Griechenland. Ansonsten lebt der 82-Jährige nach dem 3-L-Prinzip: Laufen, lernen, lachen. Oder wie es sein Lieblingsautor Albert Camus ausgedrückt hat: "Das Leben ist schön."

Das Fazit

Ein kurzweiliger, vergnüglicher Abend mit einem Gesprächspartner, dem man gerne zuhört. Das macht Lust auf den nächsten Termin, wenn ein aktueller und ehemaliger Chefcoach aufeinandertreffen: Am 31. Mai sind Oberbürgermeister Martin Horn und Volker Finke, Trainer a. D. des SC Freiburg, zu Gast.

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