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Auf der Suche nach dem eigenen Stil

  • Karolin Burghardt

  • Do, 21. November 2002
    Zisch

     

120 Stunden an der Staffelei: Die Jugendkunstschule "Klecksel" veranstaltet Mappenkurse für zukünftige Kunststudenten.

Künstlerin, Grafik-Designer oder Architektin - das sind Traumberufe, von denen jeder weiß, wie schwer der Einstieg ist. Voraussetzung ist in der Regel eine Ausbildung an einer Kunstakademie. Als Aufnahmeprüfung verlangen diese Hochschulen eine Mappe mit Probearbeiten. Solche Mappen können ganz systematisch erarbeitet werden: Zweimal im Jahr bietet zum Beispiel die Freiburger Jugendkunstschule "Klecksel" des Jugendbildungswerks einen Mappenkurs an.

"Es gibt Leute, die schaffen es, hier im Kurs drei Mappen zu machen", erzählt Joachim Klar, einer der Dozenten, die den Mappenkurs in der Jugendkunstschule "Klecksel" betreuen. Das klingt nach produktivem Arbeiten und so sieht es auch aus. Es ist ruhig in dem Raum, in dem die sieben Teilnehmer gerade mit Kohle ein Stillleben zeichnen: eine blaue Flasche und ein Glas. Jeder hat eine Staffelei, arbeitet für sich. Hin und wieder schauen sich die Teilnehmer aber auch gegenseitig über die Schulter, holen sich Tipps und Anregungen. Manchmal machen sie auch Übungen, bei denen zwei Personen zusammen zeichnen.

"Das ist gut, da lernt man die Methoden der anderen kennen", sagt die 19-jährige Cornelia Linder. Und Veronika Brennfleck erzählt von einer Stunde im Bereich "Experimentelles": Die Schüler sollten ein Blatt Papier auf den Boden legen und es im Stehen bemalen. "Erstmal wusste ich überhaupt nicht, was ich machen sollte." Dann hat Veronika bei einer Nachbarin gesehen, dass diese mit einem dicken Pinsel einfach nur einen Strich auf ihr Blatt gemalt hatte. "Da wusste ich, das ist es", sagt sie.

"Experimentelles" ist einer der vier Bereiche, in die der Kurs eingeteilt ist. Antje Schimpfle, die außerdem als freischaffende Künstlerin und Dozentin an der Pädagogischen Hochschule arbeitet, ist für diese Sparte zuständig. Zeichnen unterrichtet Joachim Klar, der ausgebildete Steinmetz und Künstler. "Zeichnen ist meine Leidenschaft, seit 15 Jahren", sagt er. Er versuche, diese 15 Jahre Erfahrung in den Kurs zu packen, was nicht immer ganz einfach sei. Heike Clement hat Kommunikationsdesign studiert und ist für den Bereich Grafik zuständig. Die studierte Bühnenbildnerin, Malerin und Kunsttherapeutin Hanna Nöthig unterrichtet Malerei.

Auf diese Vierteilung legt die Jugendkunstschule "Klecksel" besonders viel Wert, denn so unterrichtet nicht nur ein Lehrer, sondern vier verschiedene Persönlichkeiten, die alle auf ihre Art und Weise lehren. Den Schülern soll mehr Raum gegeben werden, ihren eigenen Stil zu entwickeln und mehrere Arbeitsweisen kennen zu lernen. Genau das schätzt Veronika Brennfleck an diesem Kurs so: dass unterschiedliche Techniken vorgestellt werden und man sich letztlich aussuchen kann, mit was man arbeiten möchte.

Mit Kunstunterricht in der Schule hat das wenig zu tun

Über die Frage, ob sie viel lernen, sind sich Cornelia Linder und die 15-jährige Donata Gibat einig: "Auf jeden Fall." Für alle vier Kursleiter ist es wichtig, dass die Schüler nicht nur kommen, um ihre Mappe zu machen, sondern vor allem auch, um Neues zu lernen. Sehen lernen ist das größte Anliegen von Joachim Klar. Oft kämen die Teilnehmer mit falschen Vorstellungen in den Kurs. Was bei "Klecksel" gemacht wird, hat meist wenig mit dem Kunstunterricht in der Schule zu tun. "Viele müssen ganz umdenken", sagt Klar. "Niemand kann sich im Kurs auf alten Lorbeeren ausruhen." Vielmehr gehe es darum, eine neue Betrachtungsweise und ein neues Selbstbewusstsein zu entwickeln.

Cornelia Linder zeichnet zwischenzeitlich fast jeden Tag auch zu Hause, was sie vor dem Kurs nie gemacht hat. Das ist allerdings nicht nur eine Motivations-, sondern auch eine Zeitfrage. Mit 120 Stunden in elf Wochen ist der Kurs sehr arbeitsintensiv. Dennoch kommen viele Schüler, während sie ihren Abschluss machen. So können sie sich direkt danach an den Hochschulen bewerben. Andere haben aber auch schon eine fertige Ausbildung, wie Veronika Brennfleck. Cornelia Linder hingegen hat diesen Sommer Abitur gemacht. Sie möchte Innenarchitektur studieren. Da war ihr klar, dass sie einen Mappenkurs würde machen müssen. Auf dem Arbeitsamt konnte sie mehrere Angebote vergleichen. Sie hat sich für den Kurs bei "Klecksel" entschieden, weil der im Verhältnis von Preis und Stunden (358 Euro für 120 Stunden) am günstigsten war. Die Schule bekommt von der Volksbank Freiburg und der Ida-und-Otto-Chelius-Stiftung Sponsorengelder. "Deshalb können die das zu dem Preis anbieten", sagt Dozent Klar.

Bei solchen Investitionen möchte man natürlich wissen, wie die Chancen der Teilnehmer stehen, an einer Hochschule für Kunst angenommen zu werden. "Aus dem Kurs schaffen es im Schnitt 30 bis 40 Prozent, wenn auch nicht immer gleich im ersten Anlauf", weiß Klar. Malerei und Bildhauerei seien "langsam out". Die meisten wollten jetzt Grafikdesign oder Architektur "oder so was" studieren. Jedoch auch hier wird generell nur ein sehr kleiner Prozentsatz der Bewerber genommen. Joachim Klar empfiehlt trotzdem jedem, der Kunst ernsthaft machen möchte, es zumindest zu versuchen: "Sonst ist man nie zufrieden."

Veronika Brennfleck will Kunst nicht unbedingt beruflich machen, dennoch weiß sie spätestens seit dem Kurs: "Bildende Kunst ist das, was ich immer machen wollte." Für Cornelia Linder steht fest: "Ich bewerbe mich so lange, bis ich genommen werde." Was den Lehrern an dem Kurs gefällt? "Leute, die noch was vorhaben im Leben."


Ausstellung der Werke des Mappenkurses ab dem 7. Februar 2003 im Freiburger Haus der Jugend, Uhlandstraße. Der nächste Kurs beginnt am 18. Februar. Weitere Informationen bei der Jugendkunstschule "Klecksel" des Jugendbildungswerks, [TEL] 0761/ 791979-0 / -13 oder http://www.jbw.de

Ressort: Zisch

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