Auf dem Weg zu sich selbst
Alice Phoebe Lou im ausverkauften Freiburger Jazzhaus.
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Ihre zweite Platte "Paper Castles" ist in der Tat kein klassisches Singer/Songwriter-Album geworden, sondern steht im Zeichen des schwelgerischen, jazzigen, manchmal loungigen Pop. In Freiburg tritt die 25-Jährige mit vier Begleitmusikern auf: Schlagzeuger und Bassist, beide rhythmisch äußerst versiert, dazu ein Keyboarder mit Hang zum sanften E-Piano-Sound. Und ein Bläser, der zwischen Querflöte und Saxophon wechselt.
Das Jazzhaus ist ausverkauft – und voller Menschen, die zu wesentlichen Teilen von den angrenzenden Mai-Feierlichkeiten im Sedanviertel herübergeschwappt sein dürften: jung, studentisch, alternativ, dazu vereinzelte Mittfünfziger. Und hinten an der Tür ein paar biertrinkende, mittelalte Männer, die sich über Alice Phoebe Lous Ausdruckstanz lustig machen. Den gibt die Sängerin immer dann zum Besten, wenn sie ihre halbakustische Gitarre mal zur Seite legt. So etwa bei der schönen Coverversion von "Want Me", einem Song des britischen Musikers Puma Blue, den sie an fünfter Stelle spielt.
Danach verlässt ihre Band vorübergehend die Bühne. "I’m gonna play alleine", sagt die 25-Jährige. Nach der recht unspektakulären Pianoballade "Drive-By" kündigt sie einen "sehr persönlichen, verletzlichen Song" an, der unter anderem von einem Stalker handelt, gegen den die Sängerin nach eigenen Angaben erfolglos rechtlich vorging. Jener habe heute zum ersten Mal seit längerer Zeit versucht, ein Konzert von ihr zu besuchen. Dementsprechend nervös sei sie noch vor einer Stunde gewesen.
In dem titellosen Stück, das sie 2018 unter dem Hashtag #metoo auf ihrer Facebook-Seite veröffentlichte, singt sie auch davon, wie es ist, als Künstlerin ungewollte Penis-Fotos zugesandt zu bekommen. Und einige Songs später verdeutlicht "My Outside": Alice Phoebe Lous Wunsch, sich von den an junge Frauen herangetragenen Erwartungshaltungen zu emanzipieren, ist nicht nur künstlerischer, sondern auch feministischer Natur: "I Stopped Caring too Much About my Outside / Didn’t Wanna be Told What I’m Supposed to Look Like."
Diese Haltung erstreckt sich letztlich auch auf die unpopulistisch gestaltete Setlist. Dazu erklärt sich Lou kurz vor Schluss: Manche Leute bekämen möglicherweise nicht die alten Stücke zu hören, die sie sich wünschten. Aber sie müsse sich nun mal weiterentwickeln. Und so gerät der finale Hit "She" tatsächlich zum einzigen Song des Abends, dessen einsetzendes Gitarrenmuster das Publikum mit einem erfreuten Jubeln quittiert. Vielleicht auch, weil er musikalisch hat, was ihren Liedern manchmal fehlt – etwas Mitreißendes.
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