"Am liebsten gehe ich ins Kino"
ZISCHUP-INTERVIEW mit Wolfgang Stickel von der Freiburger Medienwerkstatt über neue Medien und revolutionäre Filme.
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Zischup: Durch was zeichnet sich die Medienwerkstatt Freiburg aus?
Stickel: Durch eine fast 40-jährige Geschichte, die 1977 in einem Kollektiv von sechs film- und medienbegeisterten Studenten begann. Heute schmeiße ich den Laden alleine, während die anderen Kollektivmitglieder heute als Filmemacher, Produzenten, Cutter, Festivalmacher und Professoren arbeiten.
Zischup: Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Stickel: In der Regel beginne ich um zehn Uhr, checke Mails, Anrufe und Post und verschaffe mir einen Überblick, was ansteht: Termine, zu erledigende Arbeiten und Aufträge, Beginn oder Fortführung von Kopierarbeiten wie zum Beispiel von analog auf digital oder von Super8-Filmen auf DVD für den Vertrieb der Medienwerkstatt. Weiter müssen die Schnittaufträge mit Premiere Pro erledigt und Drehaufträge vorbereitet werden. In der Vorbereitungsphase des jährlich stattfindenden Freiburger SchülerFilmForums, kurz SFF, steht auch jede Menge Arbeit an, die ich mir dann mit zwei, drei Honorarkräften teile. In dieser Zeit kontrolliere und sichte ich eingereichte Filme und nehme sie in die Datenbank der Medienwerkstatt auf, stelle eine Jury zusammen und bereite Sitzungen vor. Hinzu kommen auch die Vorbereitungen der monatlichen Filmreihe "Freiburger Fenster" im Kommunalen Kino und gelegentliche Drehaufträge. Abends um 19 Uhr ist meistens Schluss.
Zischup: Warum wollten Sie bei der Medienwerkstatt arbeiten?
Ich wollte dort nicht arbeiten, sondern Teil eines medienpolitischen Projektes sein und meinen Traum vom anderen Leben und Arbeiten verwirklichen. In der Anfangszeit hieß das nebenher Jobben als Taxifahrer, LKW-Fahrer, im Copy-Shop und dann immer mehr auch in Verbindung mit dem Medium Video. Wir verstanden uns in erster Linie als ein politisches Projekt. Erst Jahre später war damit auch Geld zu verdienen, bis zur festen Stelle im Verein Medienwerkstatt. Nach 2003 war es damit vorbei, da die finanziellen Zuschüsse gestrichen wurden. Seitdem ist die Arbeit im Verein ehrenamtlich und ich arbeite selbständig und auf eigene Rechnung.
Zischup: Filmverleih und Mediatheken rücken immer mehr in den Hintergrund, durch diverse Plattformen und Anbieter im Internet. Merken Sie das?
Stickel: Das bekamen wir schon vor 20 Jahren zu spüren mit der Verbreitung der DVD und dem Beginn des Internets mit seinen anfangs meist illegalen Download-Portalen. Seit etwa 2000 liegt unser einstiger Dokumentarfilmverleih auf Video und DVD brach. Es gibt ihn eigentlich nicht mehr. Unser altes Verleih- und Vertriebsprogramm mit über 250 Filmen ist geschrumpft auf etwa 20 Titel, die allein aus historischem Interesse gelegentlich noch angefragt werden.
Zischup: Finden Sie die deutsche FSK-Bewertung gerechtfertigt?
Stickel: Das Flair von vor 50 Jahren hat die FSK ja zwischenzeitlich abgelegt. Damals war es vor allem eine Zensur gegen Schmuddelkram und sogenannte gewaltverherrlichende Filme. Heute sind es meist ernstzunehmende Empfehlungen, ab welchem Alter eine große Prüfergemeinschaft einen Film geeignet hält. Oder eben nicht. Dass das manchmal schief geht, liegt in der Natur der Sache. Notwendig ist es aber bei der Flut der Schrottfilme auf dem Markt.
Zischup: Streamen und downloaden Sie sich mehr Filme und Serien oder kaufen Sie sich eher DVDs, BluRays oder gehen ins Kino?
Stickel: Eigentlich gehe ich immer noch am liebsten ins Kino, und zwar ausschließlich zu denen in Freiburg, die die besten Filme zeigen, also nicht ins Cinemaxx. Und wenn schon Film zu Hause, dann öffentlich-rechtliches TV oder BluRay.
Zischup: Was sind Ihre Kriterien bei der Bewertung der Kurzfilme beim SFF?
Stickel: Beim Freiburger SFF bewerten wir, genauer die Jury, ja nur die Filme, die für den RVF-KurzFilmWettbewerb eingereicht werden, der dieses Jahr unter dem Motto "Sieben Minuten später" steht. Bewertet wird, welcher Film das Motto am kreativsten in eine gute, funktionierende und spannende oder spritzige, witzige Geschichte umsetzt. Alle anderen Filme werden ja nicht bewertet, sondern allenfalls kategorisiert nach Machart. Alter und Erfahrung ihrer Macher und Macherinnen. Und beim Förderpreis Schulische Videoarbeit steht nicht ein einzelner Film im Vordergrund, sondern die Videoarbeit an einer Schule, sofern vorhanden, oder ein Projekt, was dies initiieren will, so dass Videoarbeit zu einer regelmäßigen Form der kreativen Beschäftigung wird.
Zischup: Was ist Ihr absoluter Lieblingsfilm?
Stickel: Vielleicht "Inception". Eigentlich habe ich keinen absoluten Lieblingsfilm, sondern bin immer offen für Neues. Wenn ich jetzt zurückblicke, fallen mir sicher 20 ein, die mal für eine gewisse Zeit mein absoluter Lieblingsfilm waren: "Der amerikanische Freund" von Wim Wenders Wim Wenders zum Beispiel, "Matrix I und II" von Larry und Andy Wachowski oder eben "Inception" von Christopher Nolan.
Zischup: Warum ausgerechent "Inception"?
Stickel: Der Film ist für mich ein Meilenstein in der Geschichte des Films, weil er bisherige Sehgewohnheiten und Erzählformen und auch die philosophisch inhaltliche Dimension revolutionierte, also etwas völlig Neues auf die Leinwand zauberte.
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