"Am Ende ist es der eine Gott"
BZ-INTERVIEW mit dem Religionspädagogen Albert Biesinger über interreligiöses Lernen.
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Die katholische Alban-Stolz-Kita in Zähringen hat einen der bundesweit vier Preise für ein Projekt zum interreligiösen Lernen nicht nur von Kindern, sondern auch deren Eltern gewonnen. Ausgeschrieben hatte den Wettbewerb die Tübinger Stiftung Gottesbeziehung in Familien. Zu den Hintergründen befragte BZ-Mitarbeiterin Anita Rüffer Stiftungsgründer und Jurymitglied Albert Biesinger, der einen Scheck über 1000 Euro überreichte und bei der Feier in der katholischen Fachschule für Sozialpädagogik einen Festvortrag hielt.
Biesinger: Es gibt keinen katholischen oder evangelischen Gott. Es gibt Gott, wie die Christen, wie die Muslime und andere religiöse Richtungen ihn suchen. Es ist davon auszugehen, dass es am Ende der eine Gott ist.
BZ: Was will die Stiftung mit ihrem Wettbewerb bezwecken?
Biesinger: Grundsätzlich wollen wir Anregungen geben, wie religiöse Erziehung in den Familien alltagstauglich gelebt werden kann. Viele junge Eltern betreten da Neuland. Mit dem Wettbewerb wollten wir Beispiele aufspüren, wie es Kitas gelingen kann, nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern interreligiös zu begleiten. Wer es mit den Kindern gut meint, muss deren Eltern unterstützen.
BZ: Wer hat sich denn alles beteiligt?
Biesinger: Wir hatten ein offenes Preisausschreiben über die großen Kitaverbände und den deutschen Städtetag für die kommunalen Kitas gestartet. Beworben haben sich 24, darunter aber leider keine einzige nichtkonfessionelle Kita. Zur interreligiösen Erziehung gehört auch die Auseinandersetzung mit jenen, die an keinen Gott glauben. Vier Projekte haben wir schließlich ausgewählt, zum Beispiel eine Vätererzählwerkstatt in einer Kita aus dem Emsland.
BZ: Was macht die Alban-Stolz-Kita preiswürdig?
Biesinger: Die kulturelle und religiöse Vielfalt wird sichtbar in der Raumgestaltung und bei der Auswahl der Spielmaterialien: Es finden sich Symbole aus dem Christentum, dem Islam, dem Judentum. Für ein Projekt zum Osterfest haben sich erstaunlicherweise ganz viele muslimische Kinder gemeldet. Es gelingt den Erzieherinnen offensichtlich, das Interesse der Kinder zu wecken für das, was der andere jeweils glaubt. Über den Zähringer Treff wurden Eltern und Großeltern eingebunden, zum Beispiel beim gemeinsamen Kochen. Das I-Tüpfelchen war, dass das als innovativ für die religiöse Bildung in Kitas geltende Institut für Religionspädagogik der Erzdiözese beteiligt war.
BZ: Der Stiftung war die Vernetzung mit dem Orientierungsplan wichtig. Warum?
Biesinger: Der Umgang mit religiöser Bildung war darin lange umstritten. Sie ist als Bildungsauftrag aber jetzt darin festgeschrieben. Wir wollten die Thematik stärken und nach innovativen Umsetzungen suchen. Dass muslimische Kinder in den Keller zum Turnen geschickt werden, während oben mit den christlichen eine Nikolausfeier stattfindet, darf nicht mehr vorkommen. Es muss uns gelingen, unsere religiösen Rituale zu teilen, ohne dass das gleich als Missionierungsversuch ausgelegt wird. Erzieherinnen müssen eingreifen, wenn muslimische Kinder ihren anders gläubigen Spielkameraden drohen, sie kämen in die Hölle, wenn sie ein Wurstbrot äßen – was alles schon vorgekommen ist. In der Alban-Stolz-Kita sind die Erzieherinnen im Umgang mit Religionen selbstbewusster geworden. Angst machende Gottesbilder wollen wir nicht, von keiner Seite.
BZ: Kann Ihre Initiative im weitesten Sinn ein Baustein sein, islamistischen Terror zu verhindern?
Biesinger: Ich bin mir ganz sicher, dass interreligiöse Projekte mit Eltern und Kindern prophylaktisch wirken. Auch die religiöse Integration ist wichtig, damit sie nicht in Fundamentalistenkreise abrutschen. Mit Essen und Wohnen allein entsteht noch keine Beheimatung.
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