Abenteuer und Gefahr
REMAKE: "The Jungle Book" kann durchaus neben dem legendären "Dschungelbuch" bestehen.
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"Wieder ein Remake, das keiner braucht", dachten viele, als Disney vor einigen Jahren eine Neuverfilmung des Stoffes ankündigte. Aber das, was Jon Favreau ("Iron Man 1 & 2") nun in "The Jungle Book" auf die Leinwand gezaubert hat, kann durchaus als künstlerisch eigenständige Version neben dem legendären Trickfilm bestehen. Dabei legt er keine grundlegende Neuinterpretation des Romans vor und hält sich an die bewährte Storyline. Aber sein "Jungle Book" ist nicht als Zeichentrick, sondern als Realfilm-Animation in Szene gesetzt. Und das gibt angesichts der Perfektion, mit der hier der Dschungel und seine Tierwelt zusammengepixelt werden, der Angelegenheit einen neuen, eigenen Kick.
Der zwölfjährige Neel Sethi ist der einzige Schauspieler in der Rolle des Mogli, dem Findelkind, das von dem Panther Baghira gefunden und von einem Wolfsrudel großgezogen wird. Alle anderen Rollen sind mit Tieren besetzt, die in ihrer fotorealistischen Darstellung aussehen, als seien sie soeben der Wildnis entsprungen. Die Irritation, dass der schwarze Panther, die Wolfsmutter oder der gefährliche Tiger Shir Khan in perfekter menschlicher Diktion sprechen, ist schon nach wenigen Filmminuten verschwunden. Auch hier liegt die Kunst in der digitalen Feinarbeit, die Fiktion und Realismus nahtlos miteinander verbindet. Zwangsläufig kommt die Geschichte mit einer solchen Herangehensweise weniger putzig daher als die Zeichentrick-Adaption.
Der Dschungel ist hier kein Kinderspielplatz, sondern ein Ort, an dem Abenteuer und Lebensgefahr eng nebeneinanderliegen, was in manchen Schreckmomenten sechsjährigen Zuschauern einiges an Tapferkeit abverlangt. Aber die wunderschönen Bildkreationen aus der Wildnis, die nie in den Fantasy-Kitsch abdriften, entschädigen für die direkte Art, mit der die Natur und ihre Gewalten dargestellt werden.
Der Auftritt der Schlange Kaa etwa, die im amerikanischen Original von Scarlett Johansson eingesäuselt wird, ist ein Animationskunststück der feinsten Art. Der Bär Balu bleibt auch als fotorealistisches Riesenzotteltier der glaubwürdige Sympathieträger der Geschichte, und der gigantische Orang-Utan King Louie erinnert in seinem Gestus ein wenig an Marlon Brando in einer tierischen Mischung aus "Der Pate" und "Apokalypse Now". Und natürlich wird bei allem Realismus nicht auf die wichtigsten Songs wie "Probier’s mal mit Gemütlichkeit" oder "Ich will so sein wie du" verzichtet. Auf leisen Sohlen schleichen sich die Melodien an – und sogar den Gesang nimmt man den glaubwürdigen Pixel-Viechern ab. Deutlicher als im Zeichentrickfilm kommt hier der eigentliche erzählerische Kern von Kiplings Roman zum Vorschein, in dem der Menschenjunge Mogli zwischen dem hedonistischen Bären Balu und dem vernünftigen Panther Baghira einen eigenen Weg zu einem selbstverantwortlichen Leben finden muss.
Auch wenn die deutsche Synchronisation gelungen ist (siehe dazu auch das Interview mit Armin Rohde und Joachim Król morgen im Magazin bz-ticket.de): Wer die Chance hat, die Originalversion zu sehen, sollte sich das nicht entgehen lassen, denn die Stimmen sind hier wirklich ideal besetzt. Bill Murray spricht und singt Balu ein, und je länger man dem Bären bei der Arbeit zuschaut, um so ähnlicher wird er in Aussehen und Gestik dem exzentrischen Hollywood-Veteranen. Im Abspann darf dann noch Christopher Walken als Affenkönig ausführlich losjazzen. Dort findet sich auch nach 105 Minuten 3-D-Dschungelabenteuer der amüsante Hinweis: "Filmed in Downtown Los Angeles".
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