Bier, Pizza, Fußball

Das Freiburger Wallgraben Theater folgt mit Kristof Magnussons Stück "Männerhort" dem starken Geschlecht in den Keller.  

Zu den Kommentaren
Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
-  | Foto: Matthias Kolodziej
- Foto: Matthias Kolodziej
Männer-und-Frauen-können-nicht-mit- einander geht immer. Nichts ist so wohlig wie ein Klischee, vor allem wenn man weiß, dass es nur von begrenzter Gültigkeit ist. Das Klischee bewahrt einen davor, sich etwa mit der Frauenquote in Aufsichtsräten auseinander zu setzen oder zum Beispiel kurz mal die Welt zu retten. Nötig wär’s ja. Vermutlich war es von Kristof Magnusson, Teilnehmer des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs von 2005 und Absolvent des Deutschen Literaturinstituts Leipzig, einfach nur clever, eine Komödie wie "Männerhort" zu schreiben. Seit der Uraufführung 2003 ist Magnussons Stück ein ziemlicher Renner, in diesem Herbst kam zudem die Verfilmung heraus, unter anderem mit Elyas M’Barek. Der Film läuft flächendeckend und reizt noch um einiges mehr Vorurteile aus. Im Freiburger Wallgraben Theater ist "Männerhort" nun in einer Inszenierung von Christian Lugerth zu sehen.

Die allfällige Niederlage

beim Shopping der Frauen

Im Keller ist man ja auch schon in Freiburgs Privattheater. Das Refugium, das sich Helmut (Peter Haug-Lamersdorf), Eroll (Ives Pancera) und Lars (Olaf Creutzburg) im Heizungskeller einer Shopping-Mall eingerichtet haben, sieht ein bisschen aus wie ein Jugendraum für Große; der Abfalleimer, gefüllt mit Kronkorken, ähnelt haargenau denen vom Schulhof, rechts hängt eine Dartscheibe, es gibt Spinds, ein Sofa mit Couchtisch. Überall liegen Pizzaschachteln herum, an der Wand hängt der Spielplan der Champions League, und natürlich nimmt der Fernseher einen ziemlich zentralen Platz ein. Auf dem Boden hat jemand billige Teppiche ausgerollt. Oben findet die samstägliche Niederlage der Männer beim Shoppen mit ihren Frauen statt, unten siegt die Kameraderie unter Geschlechtsgenossen bei Bier, Pizza und Fußball.

Die Langversion des Männer-und-Frauen-können-nicht-miteinander-Klischees lautet in etwa so: Frauen leben ihre Innerlichkeit beim Einkaufen aus, greifen dabei gerne auf die Kreditkarte ihres Partners zurück und reden sich über mehreren Baileys in Rachestimmung; Männer hingegen können nicht über Gefühle reden (wenn sie denn mal welche haben), über ihr eigenes Versagen schon gar nicht und sie müssen ihr Gerät in jede erdenkliche Steckdose stecken. Dass es sich dabei nicht immer um Handys, Smartphones, Organizer und Notfallpieper handelt und dies mitunter auch nicht folgenlos bleibt, wird noch Männerfreundschaften auf die Probe stellen. So weit, so schlicht.

Eine Antwort auf die Frage, warum diese Männer glauben, derartige Schutzräume zu brauchen, sollte man von diesem Stück nicht erwarten. Autor Kristof Magnusson und mit ihm Regisseur Christian Lugerth setzen auf einander konträre Charaktere. Da ist Lars, der seine Ängste mit Affären kompensiert, Helmut mit seiner barschen Kämpfernatur und das Sensibelchen Errol. Man trägt die Sneakers, Sonnenbrillen und Jacken, die man selbst für sportlich hält, nur Lars hat sich konsequent für Anzug und Krawatte entschieden, denn, so sein Motto "Ich bin halt ich". Als der Feuerwehrmann des Shoppingscenters im Keller auftaucht und in dem ganzen Zeug nichts anderes als eine "Fluchtwegbehinderung" erkennen will, komplementiert Georg Blumreiter das Trio zum Quartett mit der Note harte Schale, weicher Kern. Fortan simulieren die vier den Shoppingparcours ihrer Frauen im Trockentraining, um ihn erst abzukürzen und dann, um deren Gunst wiederzugewinnen, auszudehnen. Aus der Konfrontation dieser Typen schöpft der Abend seine Komik und hat streckenweise durchaus Witz. Vor allem Ives Pancera und Georg Blumreiter zeigen komödientypisches Timing. Und Lugerth setzt noch auf etwas anderes: Er überzeichnet die Stereotype und unterlegt sie mit Musik (Sascha Bendiks). Wie in einem Melodram beginnen die vier immer wieder zu singen. Das markiert Distanz zur Wirklichkeit und signalisiert: Vorsicht Komödie. Was sie singen, unter anderem "Mama" und "Männer", erinnert dann aber doch eher daran, dass "Männerhort" auch 2003 schon ziemlich 80er Jahre war.
– Weitere Vorstellungen: 16. bis 20., 25. bis 28., 30. und 31. Dezember; 1. bis 4., 6. bis 10., 13. bis 17. Januar.

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel